Bad Berleburg. Vor allem Kinder und Jugendliche brauchen ihre Freunde. So hat die Corona-Pandemie die Jugendarbeit in Bad Berleburg und generell verändert.
Corona hat alles verändert! Viel wird über Homeoffice, die Situation in Kliniken, Schulen oder am Arbeitsplatz gesprochen. Aber auch auf unsere Freizeit und vor allem die sozialen Kontakte außerhalb der eigenen Familien hat sich die Pandemie ausgewirkt. Wir haben mit einem Experten aus Düsseldorf und Julia Bade vom Bad Berleburger Jugendcafé am Markt gesprochen, denn „es trifft vor allem die Kinder“, sagt Wolfgang Jörg. Der Hagener SPD-Landtagsabgeordnete ist Vorsitzender des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend im Landtag. Am düstersten seien die Auswirkungen bei den Jugendlichen: „Da ist es eine Vollkatastrophe.“
Das sagt die Landespolitik
In einem Gespräch in Düsseldorf, das Jörg vor ein paar Wochen im dem Autor führte betont der Sozialpolitiker, dass Corona nicht nur die schulischen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beeinflusse, sondern nennt vor allem auch die Treffen mit Gleichaltrigen, Freizeit, Vereine und Sport als Lernorte. „Das macht mir große Sorge, weil es auf die emotionale Kompetenz ausschlägt“. Wolfgang Jörg zitiert eine Studie, die besagt, dass 30 Prozent des Wissens von Menschen durch formale Bildungseinrichtungen wie Kita oder Schule aufgebaut werden. 70 Prozent kommen von den Kontakten mit anderen Menschen und Erfahrungen, die man in der Freizeit macht.
Lesen Sie aus der Sei auch:
- Hier finden Sie weitere Teile unserer Serie „Wie wir uns wiedersehen“
- Bad Laasphe: Ohne den Treffpunkt Kino geht es nicht.
- Bad Berleburg: Jugendfeuerwehr ist eine „zweite Familie“
- Wittgenstein: Kirche lebt von persönliche Begegnung
Ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche sich mit Freunden treffen, ist das Jugendcafé am Markt in Bad Berleburg. Hier macht die Stadtjugendpflege auf Altersgruppen zugeschnittene Angebote für Kinder ab acht Jahren und Jugendliche ab zwölf. Es gibt Kreativangebote, Brettspiele, Billard, Kicker. Eine der wichtigsten Aufgaben, die Julia Bade erfüllt, ist es aber für die Besucher da zu sein, mit den Kindern und Jugendlichen zu sprechen, berichtet die Sozialarbeiterin. „Gerade in der Corona-Zeit war es vielen wichtig, einfach mal zu reden“, sagt sie. Die Pandemie war auch für die Hauptamtlichen und die Ehrenamtlichen im Jugendcafé eine Herausforderung. „Als der erste Lockdown kam, waren wir alle überfordert, weil das wichtigste wegfiel: Unsere Öffnungszeiten“, erklärt Julia Bade. Wenn die Zielgruppe nicht ins Jugendcafé kommen darf, muss die Jugendarbeit eben zu den Jugendlichen kommen.
Auf dem Weg zu den Jugendlichen
„Wir haben per Telefon, online und in Sozialen Medien zum Beispiel per Instagram-Live Kontakt gehalten“, berichtet Bade. Von „null auf hundert“ wurde ein digitales Angebot aus dem Ärmel geschüttelt. Aber eine Frage blieb: „Was machen wir mit denen, die keinen Zugang zu Social Media, Computer oder Handy haben? – Wir haben Spaziergänge durch die Stadt gemacht und geschaut, wo sind die Kinder“, erinnert sich Bade. Schnell war klar, dass das Ansprechen auf der Straße und das Angebot zu telefonieren allein nicht ausreicht. „Wir haben dann das offene Fenster im Jugendcafé gehabt“. Dort konnten die Jugendlichen dann auf dem Marktplatz zumindest einen Hauch von Jugendcafé bekommen. Immerhin, für Sorgen und Nöte gab es auch Einzelgespräche.
Lesen Sie auch:
- Ein Assistenzhund kann Eli (6) das Leben leichter machen
- Grundschülerin Mariella leidet unter der Corona-Quarantäne
Viele aber, die sonst gerne ihre Zeit im Jugendzentrum verbringen, blieben weg. So wie Bilal: „Ich war zuhause, habe nur am Handy herumgespielt“, berichtet der 14-Jährige. Für die jüngeren entwickelte die Stadtjugendpflege ein neues, hybrides Angebot für Zuhause: Am Fenster im Jugendcafé wurden Basteltüten ausgegeben. Mit dabei ein Zugangscode für eine Zoomkonferenz. So konnten die Kinder und Jugendlichen zuhause basteln und dann ihre Ergebnisse im Videochat präsentieren.
Gutes Online-Angebot
Der zehnjährige Torben fand das gut: „Online war es auch gut. Aber wenn hier auf ist, ist es auf jeden Fall besser, weil hier Kinder da sind“, berichtet Torben. Der gleichaltrige Felix fand die Zeit zu Hause doof, sagt aber: „Da hatte ich mehr Zeit für Schulaufgaben“. Erst „durch einen Zufall habe ich erfahren, dass das Café wieder auf hat“, erzählt er. Das war das Ende des strikten Lockdowns.
Als dann das Jugendcafé wieder mit Teilnehmer-Beschränkungen öffnen konnte wurden die täglichen Öffnungszeiten in Slots geteilt, um zwei getrennten Zehner-Gruppen ein Angebot zu machen. „Für manche war es schwer, zu akzeptieren, dass die Freunde, die man treffen wollte, schon in der Gruppe vorher dagewesen sind, und sie deshalb nicht mehr mit ins Café durften. Aber das Ganze hatte auch Vorteile. Zum Beispiel beim Graffiti-Workshop, weil der Künstler sich mehr Zeit für jeden einzelnen nehmen konnte“, sagt Bade.
Neue Angebote bleiben
Es gibt also auch positive Dinge, die die Pandemie hervorgebracht hat. Auf die Frage, was das ist, antwortet Julia Bade: „Ganz klar, dass Dinge auch digital stattfinden können“. Dabei meint die Leiterin des Jugendcafés aber in erster Linie auch Fachkonferenzen, für die sie sonst lange Autofahrten in Kauf nehmen müsste. Aber auch Social-Media-Komponenten oder das gemeinsame Onlinebasteln haben gut funktioniert. Generell habe man als Stadtjugendpflege mit dem Jugendförderverein auch neue Angebote und Veranstaltungen auf den Weg gebracht. Das Autokino oder auch die Sommerabende in den Dörfern mit Poetry Slammer Tobias Beitzel seien Beispiele für Gutes, dass in der Pandemie entstanden ist.