Bad Laasphe. Norbert und Petra Eversberg sind Stammgäste im Laaspher „Residenz“-Kino – und ihrem Filmtheater über die Pandemie hinweg stets treu geblieben.

Betreiber Kai Winterhoff hat sein „Residenz-Kino“ an der Bad Laaspher Brückenstraße durch schwere Corona-Zeiten gebracht – ohne es am Ende schließen zu müssen. Heute trifft er sich im Foyer mit Petra und Norbert Eversberg, zwei absolute Stammgäste unter den Besuchern des Bad Laaspher Kinos, die ihm auch in Corona-Zeiten stets treu geblieben sind. Sie leben beide im nahen hessischen Dautphetal-Elmshausen. Doch der Reihe nach.

Der neue Wohnsitz

Zur Serie „Wie wir uns wiedersehen“

Unser Miteinander hat sich in den letzten anderthalb Jahren in vielen Bereichen des täglichen Lebens verändert. Vom Büro, über den Besuch im Supermarkt, bei Freunden oder in der Kneipe: Viele von uns begegnen sich anders, oft vorsichtiger als zuvor.

Manche Arten der Begegnung haben sich durch Corona von Grund auf verändert, andere waren schon dabei, sich zu verändern und Corona hat diesen Prozess weiter beschleunigt.

Mit eben diesen „Begegnungen im Wandel“ befasst sich unsere große Serie „Wie wir uns wiedersehen“. In den nächsten Wochen berichten wir davon, wie sich das Miteinander in unserer Heimat verändert hat – vielleicht sogar für immer.

Begleitend wollen wir von Ihnen wissen, wie sich Ihre Begegnungen verändert haben, was Sie in diesem Zusammenhang vermissen oder sich wünschen. Hier können Sie teilnehmen: Umfrage-Check

Alle Serienteile finden Sie gesammelt auf unserer Homepage unter Begegnungen

„Wir sind erst 2017 hier gelandet, weil ich vorher in Düsseldorf gelebt habe“, verrät Norbert (51), gebürtiger Warsteiner. Damals habe er als IT-Spezialist einen Job bei der Bundeswehr in Erndtebrück gefunden und seinen Wohnsitz nach Bad Laasphe verlegt. „Und dann erkundet man seine Umgebung.“

Das erste Date

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Aber: „Unser erstes offizielles Date war in Düsseldorf“, ergänzt Petra Eversberg (47) – „in einer Super Rockkneipe mit Live-Musik namens ,Pitcher‘. Der Besitzer An­dreas ist mittlerweile auch ein guter Freund geworden und wir verbringen immer noch tolle Abende bei ihm“. Und beide stellen fest: Es verbindet sie eine Leidenschaft nicht nur für Rock-Konzerte, Billard und Gesellschaftsspiele, sondern auch fürs Kino. Für dieses „etwas andere Film-Erlebnis“ mit „Super-Sound und Riesen-Leinwand“. Übrigens: „Mein erstes Erlebnis im Kino war ein Horrorfilm“, verrät Petra: „Friedhof der Kuscheltiere.“

Die langen Nächte

Und bei Norbert? Mit „Tron“ und „Flashdance“ habe es damals bei ihm angefangen, erinnert er sich. Norbert hat in seiner Heimat Warstein oft „ganze Kino-Nächte durchgemacht“ – bis das Filmtheater dort schloss und er nach Soest oder Lippstadt ausweichen musste.

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„Star Trek“, „Star Wars“, „Der Pate“, „Enemy Mine“, „Herr der Ringe“ – alles Filme, über die sich beide auf Anhieb bestens unterhalten konnten. Und „Blues Brothers“ haben sich Petra und Norbert dann schon gemeinsam in Bad Laasphe angesehen. Aber auch die Komödie „The Big Lebowski“ mit Jeff Bridges in der Hauptrolle – natürlich mit „White Russians“ als Drinks in der Hand, dem Lieblingsgetränk des modernen Cowboys Lebowski als Held im Film.

Das familiäre Kino

„Das Bad Laaspher Kino ist so schön familiär“, schwärmt Petra, die als Teamleiterin in der hessischen Pharmaindustrie arbeitet. Und mit Kino-Betreiber Kai Winterhoff ist das Paar längst befreundet. Man werde „immer freundlich empfangen“, habe während der Pandemie dank eines Corona-Hygieneplans wenigstens teilweise draußen sitzen können.

Und in den Lockdown-Zeiten, in denen das Kino komplett geschlossen war, „haben wir das Snack-Taxi genutzt“, so Petra. Das hatte Winterhoff seinen Besucherinnen und Besuchern per Facebook angeboten, um ihnen „das Zuhausebleiben noch ein bisschen gemütlicher zu machen“. Idealerweise beim gemeinsamen Filmeschauen auf dem heimischen Bildschirm, wie auch daheim bei Petra und Norbert. Im Prinzip seien jene Snacks im Angebot gewesen, „die wir auch auf der Karte hatten“.

Am Tresen im Foyer des Bad Laaspher „Residenz-Kinos“ gibt’s Snacks und Süßes, aber auch frisch Gezapftes.
Am Tresen im Foyer des Bad Laaspher „Residenz-Kinos“ gibt’s Snacks und Süßes, aber auch frisch Gezapftes. © Eberhard Demtröder

Und so orderten Petra und Norbert Nachos, M&M‘s zum Knabbern und natürlich das gute Bad Laaspher Bosch-Bier – „also das, was wir beim Kino-Besuch auch genommen hätten“, sagt Petra. „Und natürlich Popcorn“, fällt ihr gerade noch ein.

Der digitale Kontakt

Beide haben sich auch die fast täglichen Videos bei Facebook angesehen, in denen Kai Winterhoff während der Pandemie seine Kundschaft direkt anspricht, Filmtipps gibt – wenn schon keine persönlichen Begegnungen möglich sind. „Es war schön, dass man da immer wieder Neues erfuhr“, findet Petra. „Es ging ja auch um die Existenz“, erklärt Winterhoff den ernsten Hintergrund – und seine Crowd-Funding-Aktion, bei der am Ende rund 20.000 Euro an Spenden für den Erhalt des Bad Laaspher Kinos zusammenkamen. Aber auch der Snack-Verkauf per Taxi habe geholfen. „Ich habe jetzt die Hoffnung, dass es in der Branche keinen Lockdown mehr geben wird – und wir vernünftig arbeiten können“, ist der Kinobetreiber optimistisch.

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Das merkwürdige Gefühl

Gut erinnert sich Winterhoff noch an Samstag, den 14. März 2020, als zum Beginn des ersten Lockdowns die Nachricht kam: Die Kinos müssen bis auf Weiteres dichtmachen. „Krass war das aber erst am Sonntagabend, als man abgeschlossen hat – das war schon ein merkwürdiges Gefühl.“

Da habe man dann „gemerkt, wie ernsthaft das mit Corona wird“, sagt Petra. „Wir konnten nicht ins Kino, nicht auf Konzerte.“

Die humanen Preise

Endlich wieder ein „Herzlich Willkommen“ den Kinobesuchern an der Brückenstraße im Herzen Bad Laasphes.
Endlich wieder ein „Herzlich Willkommen“ den Kinobesuchern an der Brückenstraße im Herzen Bad Laasphes. © Eberhard Demtröder

Stichwort Eintrittspreise: „Das ist hier human“, sagt Norbert über das Bad Laaspher „Residenz“, wo die teuerste Karte gerade einmal 13 Euro kostet, der Standard-Preis eher zwischen sechs und acht Euro liege. Zum Vergleich: 17 bis 18 Euro für eine Karte plus „das Drumherum“, plus Parkgebühr – da habe sich so ein Kino-Abend in Düsseldorf zum Beispiel schnell auf 80 Euro summiert. Und: „Bei großen Kinos gibt‘s oft Massenabfertigung“, bedauert Petra.

Die höhere Wertschätzung

Was Kino-Betreiber Kai Winterhoff während der Pandemie festgestellt hat: „Man hat durch Corona auch wieder eine höhere Wertschätzung den Dingen gegenüber.“ Und das gelte ebenso fürs gute alte Kino, wo man sich „ganz anders auf einen Film fokussieren kann als daheim am Bildschirm mit Netflix Co.“. Und: Corona habe gezeigt, „wie schnell so etwas wie ein Kino einfach weg sein kann“.

Sicher: „Die Entwicklung geht Richtung Streaming“, räumt Winterhoff ein – „aber das Kino ist ein Erlebnis, das Streaming nicht bieten kann“. Auch nicht sein großer Fernseher daheim mit Dolby-Sound-System, bestätigt Norbert. Und tatsächlich: Auch er habe das Kino wertschätzen gelernt, „nachdem man eine Zeitlang Entzug hatte“. Nur die Film-Musik in der typischen Kulisse eines Kinos sorge eben für das echte Gänsehaut-Feeling.

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Die alten Kindertage

Und für Norbert ist da noch mehr: „Ich denke, dieses Gefühl im Kino versetzt einen wohl wieder in die Kindertage, als alles unbeschwert, einfach und sorgenfrei war“, empfindet er. „Dieser fokussierte Blick nach oben auf Dinge, die übergroß erscheinen und der Ton, der alles andere ausblendet, lassen einem mit großen Kinderaugen die Fantasie Realität werden. Und dieses Gefühl lässt sich nur im Kino erleben!“

Der neue Umgang

Eine Wertschätzung sei es auch, so Winterhoff, wenn man sich jetzt wieder live mit Freunden treffen könne – gerne natürlich im Kino. Tatsächlich habe man sich in der Pandemie nur in Chats per WhatsApp mit Freunden unterhalten, sagt Petra, sei distanzierter gewesen. Dagegen haben man sich nach der vollständigen Impfung schon „freier, mutiger gefühlt“, aber dennoch „sehr auf sich aufgepasst“. Und Norbert bemerkt, dass man „im Umgang miteinander doch schon sehr abgestumpft“ sei. „Man muss es wieder neu lernen, sich mit anderen auszutauschen.“

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Die große Überraschung

Und als die kleine Gesprächsrunde gerade endet, geschieht Unerwartetes. Eine Frau betritt das Kino-Foyer, hat eigentlich nur eine Frage zum Kino-Besuch, ob man Plätze reservieren muss. Plötzlich stellt Petra Eversberg fest: „Es ist eine ehemalige Nachbarin aus Elmshausen. Und wo treffen wir uns nach zwei Jahren wieder? Im Kino!“ Via Facebook wollen die beiden Frauen nun Kontakt halten – und klar ist schon: Ihr nächster Kino-Besuch wird einer zu viert, jede mit ihrem Partner.

Interview: „Unsere Gäste sind die Hauptfiguren“

Im Bad Laaspher „Residenz-Kino“ läuft der Betrieb nach Corona weiter. Und wie sieht es mit dem Kino am Herrengarten in Bad Berleburg aus, das erst neulich geschlossen wurde?

Inwieweit soll „Das neue Capitol“ ein neuer Ort der Begegnung in der Bad Berleburger Kernstadt werden?

Carolin Lünser Ein Kino war und ist immer schon ein Ort der Begegnung gewesen. Denn Filme kann man sich auch zu Hause im Fernsehen oder im Internet anschauen. Wer sich jedoch für einen Besuch im Kino entscheidet, entscheidet sich für ein Erlebnis, über das man sich im Nachgang bei einem guten Glas Wein, einer Cola oder einem Wodka Martini – natürlich geschüttelt, nicht gerührt – austauschen kann. Das neue Capitol möchte einen vielfältigen kulturellen Beitrag für Bad Berleburg leisten. Neben den klassischen Filmvorführungen öffnen wir das Haus auch für andere Vorstellungen wie Konzerte, Kabarett, Lesungen. Ziel ist es, die Menschen zu unterhalten und ihnen eine schöne Zeit zu ermöglichen. Für Wohlfühlambiente wird auch unser Restaurant mit verschiedenen Köstlichkeiten sorgen. Unsere Gäste sind die Hauptdarsteller am Set und wir die Regisseure. Wir versuchen ganz nach diesem Motto, vieles zu ermöglichen wie zum Beispiel Hochzeiten, Geburtstagsfeiern oder Firmenevents.

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 Investoren, Stadtverwaltung, Planer: Zum offiziellen Spatenstich hinter dem Kino, wo das Restaurant entstehen soll, sind alle Akteure rund um das Bauprojekt gerne vorbei gekommen. Zweite von rechts: Projektmanagerin Carolin Lünser.
Investoren, Stadtverwaltung, Planer: Zum offiziellen Spatenstich hinter dem Kino, wo das Restaurant entstehen soll, sind alle Akteure rund um das Bauprojekt gerne vorbei gekommen. Zweite von rechts: Projektmanagerin Carolin Lünser. © WP | Lisa Klaus

Welchen Beitrag dazu leisten das neue Restaurant und das neue Kino-Hotel?

Vor der Filmvorführung könnten sich unsere künftigen Gäste beispielsweise mit zwei Gängen eines abwechslungsreichen Drei-Gang-Menüs verwöhnen lassen. Das Dessert könnte anschließend im Kinosaal serviert werden. Zu besonderen Filmvorführungen wollen wir uns thematisch passende Gerichte, Getränke und Snacks einfallen lassen. In unserem Restaurant können unsere Gäste selbstverständlich auch ohne Kinobesuch am Abend speisen. Wir wollen eine kleine Speisekarte mit wechselnden Gerichten anbieten. Vorzugsweise sollen saisonale Produkte auf den Tisch kommen. Unseren Übernachtungsgästen stehen im neuen Capitol 20 Zimmer sowie zwei Suiten zur Verfügung. Wie im gesamten Hotel zieht sich das Kino-Konzept auch über all unsere Zimmer hinweg.

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Andernorts, auch in Wittgenstein, müssen Hotel-Betriebe schließen. Lohnt sich in Bad Berleburg ein neues Angebot wie das Kino-Hotel überhaupt?

Wir sind überzeugt, dass unsere Zimmer in Bad Berleburg gebraucht werden, da der Tourismus immer mehr an Bedeutung zunimmt. Das Hotel ist ein wichtiger Bestandteil unseres Konzeptes, da es uns auch wirtschaftlich trägt. Im Besonderen wollen wir durch die Synergien der drei Bereiche Kino, Hotel und Restaurant punkten. Wenn man die Zukunft unserer Innenstädte vor Augen hat, dann brauchen wir genau solche Orte des Zusammenkommens und des Austausches, um die Innenstadt zu beleben.

Stichwort „Kultur-Kino“: „Neben spannenden Blockbustern können unsere Gäste Live-Kultur mit Konzerten, Lesungen oder Kabarett erleben“, heißt es dazu im Internet-Auftritt www.Capitol-blb.de. Wie darf man sich das organisatorisch vorstellen?

Wir sind ein Familienkino und werden ein breit gefächertes Programm mit allen publikumsinteressanten Spielfilmen zeigen. Da wir über drei Kinosäle verfügen, können wir uns im großen Saal unabhängig von Blockbuster-Produktionen und Filmverleihern auch an anderen Veranstaltungsformaten wie zum Beispiel Live-Kultur bedienen.

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Sehen Sie im Bad Laaspher Residenz-Kino-Center an der Brückenstraße einen potenten Mitbewerber zumindest für das Kino-Geschäft? Oder ergänzen sich die Angebote in den beiden Städten eher?

Generell sind die Besucherzahlen in den Kinos rückläufig. Um wieder mehr Leute für das Kino zu begeistern, müssen neue Konzepte entwickelt werden. Das Bad Laaspher Residenz-Kino-Center sehen wir ganz und gar nicht als Mitbewerber an. Wir sind eher in einem regelmäßigen kollegialen Austausch und wollen miteinander kooperieren.

Kommentar: 4 Sterne für zwei Konzepte

Redakteur Eberhard Demtröder
Redakteur Eberhard Demtröder © Ralf Rottmann

Nicht nur die Film-Fans in Wittgenstein können sich glücklich schätzen: Sowohl in Bad Laasphe als auch in Bad Berleburg geht die Geschichte des Kinos weiter. Nicht zuletzt dank einer breiten Unterstützung seiner Besucherinnen und Besucher überstand Betreiber Kai Winterhoff mit seinem Bad Laaspher „Residenz-Theater“ die Corona-Pandemie, während „Das neue Capitol“ in Bad Berleburg unter neuer Regie gerade durchstartet. Im Grund zweimal ein Neuanfang, eine Premiere – als Beitrag zur Attraktivität beider Städte.

Da gibt’s von mir in der Wertung vier von fünf Sternchen, allein schon fürs Engagement. Aber es muss sich erst noch beweisen, ob am Ende auch die Besucherzahlen stimmen. Winterhoff will durch Aktionen wie Open-Air- oder Kinder-Kino im Gespräch bleiben, während die Berleburger ihr Filmtheater etwa auch für Live-Events wie Kleinkunst öffnen und auf das geplante Hotel als Publikumsmagnet setzen. Zwei Konzepte, ein Ziel: „Komm, wir geh’n ins Kino!“

Eberhard Demtröder