Diedenshausen. Vor einer Woche war die Grundschülerin positiv getestet worden – und das hat ihre Eltern Julian und Angela Kleinwächter ratlos zurück gelassen.

Für die achtjährige Mariella ist es ein Alptraum. „Sie hat die ersten zwei Tage nur geweint“, berichtet Angela Kleinwächter von der Corona-Quarantäne ihrer Tochter. „Was macht das mit der Psyche eines Kindes?“, fragt die 32-Jährige und ergänzt: „Mariella hat schon jetzt Angst vor ihrem ersten Schultag nach der positiven Testung.“ Wir haben mit der Mutter und der Schule gesprochen.

Was ist passiert?

Vor einer Woche war die Grundschülerin positiv getestet worden – und das hat ihre Eltern Julian und Angela Kleinwächter ratlos zurück gelassen. „Wir hatten nachweislich keinen Kontakt zu Infizierten“, berichtet die 32-jährige. Aber es ist nicht allein die Tatsache, dass die aufgeweckte, bald neunjährige Mariella, die früh eingeschult wurde, das Corona-Virus in sich trägt, sondern das Drumherum und das Verhalten anderer Eltern, das Angela Kleinwächter wütend macht. „Die ganze Situation ist unerträglich.“

Verdienstausfall durch Quarantäne

Angela Kleinwächter und ihr Mann Julian haben entschieden, dass seine Frau wegen der Quarantäne für die achtjährige Mariella zuhause bleiben sollte. „Doch wer zahlt meinen Verdienstausfall?“, lautet eine der ersten Fragen der 32-Jährigen. Als vollständig Geimpfte könne sie nicht einfach zuhause bleiben. Auch eine Krankschreibung der jüngeren Tochter wegen Corona schied aus. Also musste die Leiterin des Reinigungsdienstes in der Vamed-Rehaklinik in Bad Berleburg zunächst einmal ihren Urlaub vorziehen. Eine Neuregelung im Infektionsschutzgesetz bringt aber die Lösung. Dort heißt es: Menschen haben auch Anspruch auf Entschädigung, wenn sie im Zuge der Corona-Pandemie wegen Kita- oder Schulschließungen ihre Kinder betreuen müssen, deshalb nicht arbeiten können und einen Verdienstausfall erleiden. Zuständig für den Antrag ist hier das Bundesland, in dem das Kind zur Schule geht oder in einer Kindertagesstätte betreut wird.Für Auskünfte zu Entschädigungen bei Verdienstausfällen wegen Quarantäne und bei Kinderbetreuung hat der LWL ein kostenfreies Servicetelefon eingerichtet:Telefon: 0800 9336397

Am Dienstag nach Allerheiligen machen alle Kinder der vierten Klasse der Grundschule unterm Heiligenberg als Klassengemeinschaft den Lollitest. Da war noch alles in Ordnung. Einen Tag später ist einer der zwei regulären, wöchentlichen Testtage der Klasse. Am Donnerstag steht das Ergebnis dieses Pooltests fest. Er ist positiv! Das heißt: Mindestens eines der 17 Kinder hat sich mit dem Corona-Virus infiziert. Deshalb muss die ganze Klasse sofort nach Hause. Bei einem folgenden, personenbezogenen Test wird Mariella als einzige Infizierte festgestellt. Am Ende bedeutet das Quarantäne für die ganze Klasse und vor allem ihren Lerngruppentisch. „Die Pooltests sind sehr genau und die Labore arbeiten sehr gewissenhaft“, sagt Schulleiterin Karin Gaschler. Es besteht also kein Zweifel.

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Wer muss in Quarantäne?

Erst nach und nach können die anderen Kinder sich freitesten und zum Unterricht zurückkehren. Ausgenommen sei nur der Lerngruppentisch von Mariella. „Nach einem positiven Test ermittelt das Gesundheitsamt die Sitzordnung und ob Masken getragen wurden“, erläutert Gaschler. So werde dann festgelegt, wer in Quarantäne müsse und wer nicht.

Mariella ist verzweifelt. Nicht nur, weil sie zuhause bleiben muss, sondern auch, weil damit die Klassenfahrt nach Wemlighausen nicht stattfinden kann. Die Kleinwächters beschließen, dass Mama Angela zu Hause bei den beiden Töchtern bleiben wird. Die vierjährige Enie ist nicht infiziert und geht eigentlich schon in den Kindergarten – eigentlich. Aber die Eltern von vier, fünf Kindern wollen ihren Nachwuchs erst einmal nicht mehr in den Kindergarten schicken, bis die Quarantäne vorbei ist, berichtet Angela Kleinwächter fassungslos.

Ein privates Foto aus schöneren Tagen rund um Weihnachten: Angela (32) und Julian Kleinwächter (35) aus Diedenshausen sind betroffen darüber, wie Menschen auf die Corona-Infektion ihrer älteren Tochter Mariella (8) reagieren und nun auch die nicht infizierte Enie (4) meiden wollen.
Ein privates Foto aus schöneren Tagen rund um Weihnachten: Angela (32) und Julian Kleinwächter (35) aus Diedenshausen sind betroffen darüber, wie Menschen auf die Corona-Infektion ihrer älteren Tochter Mariella (8) reagieren und nun auch die nicht infizierte Enie (4) meiden wollen. © WP | Familie Kleinwächter

Es komme aber noch besser: „Andere Eltern von Mitschülern rufen bei uns zuhause an und verlangen, dass Mariella nach Rückkehr in die Klasse an einem Einzeltisch sitzen müsste. Dieses Verhalten macht mich traurig, aber auch wütend. Weil wir nachweislich keinen Kontakt zu Infizierten hatten“, erklärt die 32-Jährige erneut. Immerhin es gibt auch positive Erfahrungen: „Die Schule macht das ganz toll“, sagt Kleinwächter. Auch im Dorf gibt es Rückhalt: „Manche sind total lieb und stellen uns was für die Mädels vor die Tür.“

Das passiert in der Schule

Auch für die Grundschule unterm Heiligenberg in Elsoff ist die Situation schlimm. „Das ist eine ganz aufregende Zeit. Wir standen alle unter Strom, bis die Ergebnisse da waren“, bericht Schulleiterin Karin Gaschler. Als dann die Quarantäneanordnung vom Gesundheitsamt kam, „kehrte aber auch schnell wieder Ruhe ein“, sagt die Schulleiterin, die auf Transparenz in der Schulgemeinschaft aus Kindern, Eltern und Lehrkräften setzt. Nach wie vor sind die Kinder, die mit Mariella an einem Lerngruppentisch saßen, ebenfalls in Quarantäne, sagt Karin Gaschler.

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Aber auch mit dem Kindern, die wieder zur Schule gehen, macht das etwas. „Die fragen sich schon, was ist mit einem Kind, das zu Hause bleiben muss und wie es dem geht. Wir versuchen dann die Fragen der Kindern zu beantworten“, sagt die Schulleiterin. Sorgen, dass davon etwas zurückbleiben könne, kann die Schulleiterin verstehen, betont aber: „Wir legen sehr viel Wert auf soziales Lernen.“ Übersetzt heißt das: Es kommt nicht nur auf die reinen Lerninhalte an, sondern auch auf das Klassengefüge. Dass ein Kind nach der überstandenen Corona-Infektion an einem Einzeltisch platz nehmen müsste, werde es nicht geben. „Über die Sitzordnung entscheiden Klassenlehrer und Schüler gemeinsam.“