Siegen. Bei der Bahn bleiben die Probleme. Aber es gibt „große Hoffnung“, dass mehr Technik die Ausfälle von Zügen verringern wird.
Markus Stirnberg sucht das Positive: Dass auf der Karte, die der Abteilungsleiter des Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) präsentiert, alle Bahnlinien in Siegen-Wittgenstein und Olpe immer noch im tiefen roten Bereich verspätet fahren, sei auf die Streiks der Lokführer im vorigen Frühjahr zurückzuführen, die die Jahresstatistik immer noch beherrschen. In den letzten Monaten, versichert Stirnberg der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Personennahverkehr Westfalen-Süd, sei es „spürbar besser“ geworden.
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Bahn
Die Liste der Gründe, warum es nicht läuft, ist dennoch nach wie vor lang. Im Großraum Frankfurt wird gebaut, außerdem fehlen auf der Strecke Fahrdienstleiter – das führt dazu, dass rund ein Drittel aller Fahrten auf diesem Linien die Pünktlichkeitsvorgabe von höchstens drei Minuten Verspätung reißt. In Horrem, das liegt zwischen Köln und Aachen, gab es im November ein Zugunglück. Auch der Rhein-Sieg-Express musste danach über S-Bahn-Gleise schnecken – was sich bis nach Siegen auswirkte. Vor allem auf der Rothaarbahn und der Hellertalbahn fallen Züge aus, weil Stellwerke nicht besetzt und somit Weichen nicht gestellt werden können. Die Bahn –das entsprechende Tochterunternehmen heißt neuerdings „Infra Go“ – werde nun die Umstellung auf elektronische Stellwerke beschleunigen, berichtete Markus Stirnberg. Damit verbinde er „große Hoffnung“: dass die Linien zuverlässiger werden und dass das große Projekt einer schnelleren Hellertalbahn vorankomme. „Aber das wird etwas dauern.“
Über den Intercity, der gerade seine letzten Runden durch Sieger- und Sauerland dreht und nach Dezember 2026 Geschichte sein wird, sprach niemand mehr. Nur 48,4 Prozent der Fahrten sind pünktlich, 13,35 Prozent kommen überhaupt nicht in Siegen an. Immerhin trifft es nur wenige Fahrgäste: Wer in einen vorbeifahrenden Intercity hineinschaut, sieht oft leere Waggons. „Frustrierend“ sei das alles, sagte Horst-Günter Linde (UWG), „es tut mir weh, dass wir der Bahn nicht mehr auf die Füße treten können.“ Zumindest bei der Rothaarbahn könnte aber etwas getan werden: die Linie wieder auf Siegen-Bad Berleburg verkürzen und die Verlängerung nach Betzdorf aufgeben. Die Verspätungen seien „gruselig“.
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Bus
Besser sieht es bei den Bussen aus. Schon seit Juli müssen die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) keine tägliche Liste mit ausfallenden Fahrten mehr herausgeben. Den VWS sei es gelungen, insgesamt 43 Busfahrer neu einzustellen, berichtet ZWS-Geschäftsführer Stefan Wied. „Wir sind auf einem guten Weg. Fast alle Linien sind wieder unterwegs.“ Die Fahrplankürzungen wurden fast komplett zurückgenommen. Ab 14. April sollen auch die Linien C 101 (Siegen-Eiserfeld-Oberschelden), 102 (Siegen-Rosterberg) und 113 (Siegen-Heidenberg-Oberschelden) wieder nach ungekürztem Fahrplan fahren. Möglicherweise kann dann auch die C 114 (Siegen-Fischbacherberg) wieder zur Hauptverkehrszeit verstärkt und die C 116 (Siegen-Wellersberg-Charlottental) auch an Wochenenden nicht mehr nur als Taxibus eingesetzt werden.
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Vorbereitet wird die Öffnung der Europastraße in beide Richtungen. Busse ein Richtung Weidenau und Kreuztal könnten dann vom ZOB direkt auf die Sandstraße fahren, ohne Zeit an der Hauptkreuzung Kochs Ecke zu verlieren. „Wir überlegen noch“, sagte Stefan Wied. Als weitere Möglichkeit bietet sich an, Linien in Richtung Eiserfeld durch die Europastraße zu schicken. Fahrgäste in diese Richtung könnten dann auch am Kölner Tor einsteigen.
Fahrpreise
Die Fahrpreise für Bus und Bahn steigen ab 1. August um 5,1 Prozent. Die Versammlung stimmte einstimmig zu – sie hatte auch keine Wahl: Nur der Einnahmenausfall, der nach einer solchen Preiserhöhung übrigbleibt, wird den Verkehrsunternehmen erstattet – deshalb, weil Fahrgäste auf das Deutschlandticket umsteigen, wenn ihre Monatskarten bei den VWS teurer wären. Das Einzelticket kostet künftig in der Preisstufe 1 3,20 statt wie bisher 3 Euro, in der Preisstufe 2 5 Euro statt 4,80 Euro. Ein großer Teil der Fahrplantabelle, die ZWS-Geschäftsführer Stefan Wied der Verbandsversammlung vorlegt, ist grau unterlegt. Diese Tickets wird es ab 1. August überhaupt nicht mehr geben: Kurzstrecken-, Vierer-, Urlauber-, Fun- und Neun-Uhr-Monatstickets.
Einen Einbruch verzeichnet der ZWS bei den Mobilitätscards, die Fahrgäste mit geringem Einkommen kaufen können, Netzkarten zum Preis von 32,30 Euro (ab 1. August). Fast 50.000 Tickets wurden noch 2023 verkauft, 2024 waren es noch rund 34.000. Viele seien wohl auf das damals noch 49 Euro teure Deutschlandticket umgestiegen, vermutet Stefan Wied. „Die Ersten kommen wieder zurück.“ Seit das Deutschlandticket 58 Euro kostet.
Mobilstationen
Mobilstationen sind mit einer Fahrgastinformation ausgestattet, die die Ankunft der nächsten Busse anzeigen, mit Fahrradboxen und Gepäckschließfächern. Vor allem in Wittgenstein und Olpe sind sie schon in Betrieb, im Siegerland stehen bisher nur die elektronischen Abfahrtanzeigen am Rathaus Netphen. In Kreuztal und Hilchenbach stehen schon Fahrradboxen und Gepäckschließfächer, in Siegen und Weidenau sind sie nicht vorgesehen. Bis November standen über all auch schon die Masten für die Fahrgastinformationen. Dann machte sich in Hilchenbach ein Lkw selbstständig, rollte rückwärts über die B 508 in den Bahnhof und kickte den Mast um.
Nicht einverstanden zeigte sich der ZWS-Versammlung mit dem Vorhaben des übergeordneten NWL, danach nur noch die neuen Mobilstationen zu fördern, die in einem vorliegenden Gutachten genannt werden. Danach hätte Siegen-Wittgenstein nämlich keine Ansprüche mehr, obwohl es Wünsche gibt: Geisweid, Rudersdorf, Ferndorf, Dahlbruch. Eiserfeld, Eisern und Kaan-Marienborn.
Als 1995 die Nahverkehrszweckverbände in NRW gegründet wurden, darunter der ZWS, waren sie für den gesamten Bus- und Bahnverkehr in ihren Regionen zuständig. 2008 entstand in Westfalen der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) als „Dach“ der fünf regionalen Zweckverbände. Der NWL ist seitdem für den Bahnverkehr zuständig, die örtlichen Zweckverbände noch für den Busverkehr. Unter dem Stichwort „Weiterentwicklung der Strukturen“ steht nun der nächste Schritt an: Der NWL soll einen hauptamtlichen Verbandsvorsteher bekommen und selbst Eisenbahnunternehmen betreiben können. Mitglieder sollen in Zukunft nicht mehr die Zweckverbände, sondern die Kreise sein. Theo Melcher, Verbandsvorsteher des ZWS und Landrat in Olpe, begrüßte das: Vorhaben, „den gesamten Apparat zu verschlanken“.
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