Siegen. Es fehlt an Wohnraum, gleichzeitig werden Gewerbeflächen nicht genutzt. Leerstände wie Kneipen, Geschäfte und Büros könnten für Wohnungen genutzt werden.
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Vor allem Mietwohnungen für Familien fehlen. Ein Problem, das in den Städten schon lange vorherrscht und gegen das scheinbar niemand wirklich etwas unternimmt, weil Bauen derzeit sehr teuer geworden ist. Gleichzeitig gibt es viele leerstehende Gewerbeflächen, in- und außerhalb der Stadtzentren. Aber eignen sich diese auch als Wohnraum?
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In der Siegener Oberstadt wurde ein großes Umwidmungsprojekt bereits umgesetzt. Viele Ladenlokale am Marburger Tor sind schon vor einigen Jahren verschwunden. Nur noch vereinzelte Schaufenster erinnern an die einstige Einkaufsstraße, dahinter wird gewohnt. In Zeiten des Onlinehandels dürfte die Zahl der Ladenlokale zumindest nicht steigen, die Innenstädte schrumpfen zumindest in Sachen Einkaufen zusammen. Mit dem Umbau in der Marburger Straße konnten bereits einige neue Wohnungen gewonnen und Leerstände vermieden werden. Leerstände im Einzelhandel gab es schon länger, Shopping und Geschäfte konzentrierten sich zunehmend auf die Unterstadt.
Siegen: Wohnungsknappheit – Kann der leerstehende Einzelhandel das Problem lösen?
Doch nicht nur die Siegener Innenstadt ist von diesem Problem betroffen. Gerade in den Randlagen der Städte schrumpft der Einzelhandel immer weiter und es kommt zu Leerständen. Bereits mehrfach wurde über verwaiste Läden in Kreuztal oder Netphen berichtet. Für Architekt Stephan Almasi, Almasi und Stein Planungsgruppe, liegt das Grundproblem woanders: „Die Städte hätten schon viel früher mehr in die Planung eingreifen müssen, dass mehr Mischgebiete entstehen, wo Wohnen und Arbeiten verbunden sind.“ Öffentliche Räume, in denen Wohnungen, Freizeit und Arbeitsplätze zusammentreffen, seien nicht nur eine attraktive Lösung für eine lebendige Stadtplanung, sondern böten auch eine optimale Flächennutzung.
„Vor allem die Verkaufsräume sind tief geschnitten und kommen mit einer einzigen Lichtquelle an der Stirnseite aus. Für das Wohnen müssen wir mehr Tageslicht hereinholen, aber das Potenzial ist da.“
Die Umnutzung von Gewerbeflächen als Wohnraum kann eine Lösung sein, allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Es gibt Grundrisse, die sich nicht zum Wohnen eignen, erklärt Stephan Almasi: Dazu gehören oft die klassischen Ladenlokale. „In den Wohnräumen sollte ausreichend Tageslicht vorhanden sein. Im hinteren Bereich können sich fensterlose Bäder oder Abstellräume befinden, aber in den Wohnräumen sollte immer ein Fenster sein.“ Viele Läden haben aber oft nur eine große Schaufensterfront und keine weiteren Fenster im hinteren Bereich. „Vor allem die Verkaufsräume sind tief geschnitten und kommen mit einer einzigen Lichtquelle an der Stirnseite aus. Für das Wohnen müssen wir mehr Tageslicht hereinholen. Aber das Potenzial ist da“, betont Stephan Almasi.
Siegen: Viele Läden stehen leer – was kann aus dem Platz gemacht werden?
Auch wenn ein Großteil der Leerstände ungeeignet erscheint, gibt es oft kreative Lösungen, um sie in Wohnraum umzuwandeln. „Bei einem Bauprojekt haben wir das Gebäude nach hinten in den Innenhof verlängert, um zusätzliche Lichtquellen auf der Rückseite zu gewinnen“, erklärt der Architekt. Er betont, dass dies nicht für alle Gebäude geeignet ist, aber für einige eine Alternative darstellt. Die Umnutzung und Umgestaltung bestehender Gebäude hat auch einen nachhaltigen Aspekt.
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Bei Bürogebäuden kann eine Umnutzung hin zu Wohnungen je nach Grundriss einfacher sein, so Stephan Almasi, insbesondere wenn eine klassische Raumaufteilung gewünscht wird. „Extravagantere Schnitte wie bei Ladenlokalen sind wahrscheinlich nicht jedermanns Sache, aber für manche ist das besonders attraktiv und gegebenenfalls können daraus auch geeignete Studentenapartments entstehen“, sagt Stephan Almasi. Allerdings wünscht er sich, dass die Stadt und die Kommune stärker in die Bauplanung eingreifen. „Wenn die Stadt die Flächen aufkauft, einen Bebauungsplan aufstellt und entsprechend Investoren sucht, kann das Konzept von Wohnen und Arbeiten neu gedacht und die Lebensqualität in der Stadt gesteigert werden“, erklärt er.
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Beispiele für gelungene Umnutzungen gibt es in Siegen bereits einige. Neben der Marburger Straße gibt es in der Koblenzer Straße das ehemalige Landesbehördenhaus. Ein Bürogebäude, das von einem Investor komplett zu Wohnungen umgebaut wurde. Auch viele ehemaligen Bunker in der Stadt haben neue Funktionen gefunden, so zum Beispiel in der Siegbergstraße, wo in dem Schutzbau schicke Wohnungen entstanden sind.