Siegen. Einige Ladenlokale stehen in der Siegener Innenstadt leer. Gastronomen klagen über sinkende Umsätze, sagt Lars Martin des Dehoga Westfalen.
In der Siegener Innenstadt hat sich wegen Geschäftsaufgaben und Neueröffnungen einiges verändert. Nach einem Aufwärtstrend stehen nun wieder Ladenlokale in der Oberstadt leer. Zuletzt schloss der Kiosk Roxy‘s. Im Frühjahr gab der Dekoladen „Formschön“ seine Filiale in der Kölner Straße auf. Die Schließung von Karstadt im vergangenen Jahr war nach Angaben der Betreiberinnen ein wesentlicher Grund für den Kundenrückgang.
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Das ehemalige Café „Schröders“ ist Anfang 2023 aus den Räumlichkeiten in der Kölner Straße ausgezogen. Seit Ende Dezember 2023 hat auch die Metzgerei „Hennche“ ihre Filiale in der Kölner Straße geschlossen. Der anhaltende Leerstand im Karstadtgebäude wirkt sich negativ auf den Einzelhandel und die Gastronomie in der Oberstadt aus. Unweit der Kölner Straße, in der Löhrstraße, ist die ehemalige Kneipe „JIM“ verwaist.
Leerstandsquote: Stadt Siegen stehe mit sechs Prozent im NRW-Vergleich gut da
Auch in der Unterstadt stehen Läden leer: Der Streetware-Laden „Moanet“ hat sich aus der Sandstraße verabschiedet und in der Oberstadt einen Neuanfang gewagt, die Räume warten seit Mai dieses Jahres auf neue Mieter. Direkt gegenüber des ehemaligen Streetware-Ladens an der Ecke Friedrichsstraße ist der Laden neben der Verbraucherzentrale schon länger verwaist. Ein paar Meter weiter steht der Laden des Outdoor-Shops „Feinbier“ leer.
Was aus den Räumen des ehemaligen Naschwerks im Sieg-Carré am Bahnhof in Siegen wird, stehe noch nicht genau fest, sagt Anne Gebers, Pressesprecherin der Sparkasse Siegen. Das Naschwerk hatte Ende April dieses Jahres nach fast 20 Jahren seinen Standort in Siegen aufgegeben. Ein Nachmieter sei zwar in Sicht, aber noch nicht spruchreif, so Gebers.
Insgesamt gibt es in der Siegener Innenstadt 64.400 Quadratmeter Verkaufsfläche. Ohne Karstadt sind es derzeit rund 59.000 Quadratmeter, hinzu kommen in Kürze neue Flächen im Johann-Moritz-Quartier und im 8Eck an der Europastraße. Ende des Jahres soll das Johann-Moritz-Quartier mit Gastronomie und Einzelhandel eröffnet werden.
Siegener Innenstadt: Leerstandsquote liegt bei sechs Prozent
Die Gastronomie- und Einzelhandelsflächen am Herrengarten sind durch die Umgestaltung weggefallen. In der Europastraße unweit des Johann-Moritz-Quartiers steht der Laden des ehemaligen Cafés „Sternklar“ leer. Hier soll demnächst ein neues Café entstehen, wie der neue Betreiber Joel Adler dieser Zeitung mitteilte.
Die Leerstandsquote in der Siegener Innenstadt lag zuletzt im Jahre 2022 bei sechs Prozent. Das geht aus dem Einzelhandelsentwicklungskonzept der Stadt Siegen hervor. Im Jahr 2013 waren es noch neun Prozent, teilt die Stadt Siegen auf Anfrage mit. Trotz des Aufwärtstrends stehen nun wieder Ladenlokale in der Oberstadt leer. Wenn viele Geschäfte leer stehen, wird die Stadt weniger attraktiv für Besucher, die Frequenz nimmt ab, was den Umsatz der verbleibenden Händler drückt. Das führt oft dazu, dass weitere Geschäfte schließen, und neue Einzelhändler sich eher nicht in Siegen ansiedeln wollen.
„Trotz gesunkener Inflationsrate konnte die Konsumstimmung bisher nur leicht verbessert werden.“
„Es ist eine allgemeine Konsumzurückhaltung festzustellen. Trotz gesunkener Inflationsrate konnte die Konsumstimmung bisher nur leicht verbessert werden“, sagt Hans-Peter Langer, Leiter des Geschäftsbereichs II bei der IHK Siegen. Anja Gröne-Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen, sieht den Strukturwandel, fehlende Nachfolge, Veränderung des Einkaufsverhaltens, fehlende Konsumlaune, Kaufkraftverlust, Unsicherheit und Inflation als Gründe für die Leerstände in der Siegener Innenstadt.
„Einige Händler monieren zudem einen zu hohen Mietzins für ihr Geschäft.“
„Einige Händler monieren zudem einen zu hohen Mietzins für ihr Geschäft“, sagt Gröne-Nolte. Wer durch die Siegener Innenstadt läuft, dem fällt auf: Einige leerstehende Läden in der Stadt Siegen werden als sogenannte Pop-Up-Stores, sprich temporär als Ladenlokale genutzt, wie die Räumlichkeiten des Gründerwerks in der Kölner Straße. Dadurch bietet sich für neue Händler die Möglichkeit, den Verkauf ihrer Produkte an einem neuen Standort auszutesten.
Siegen: Förderprogramm des Landes soll Siegener Innenstadt stärken
Weil Internethandel und Corona-Pandemie der Branche schwer zugesetzt haben, hat NRW 2021 ein Programm zur Stärkung für Zentren und Innenstädte aufgelegt. Mit dem Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren in NRW“ unterstützt die Stadt Siegen in Kooperation mit Immobilieneigentümern im Stadtkern Neuansiedlungen in den ersten 24 Monaten bei der Kaltmiete.
512.000 Euro sind in den Jahren 2021 bis 2023 nach Siegen geflossen. Bisher konnten drei Vermietungen mit Unterstützung der Förderung in der Innenstadt umgesetzt werden, teilt Claudia Scheffler von der Pressestelle der Stadt Siegen mit. Die jeweiligen Immobilieneigentümer haben die zuletzt erzielte Kaltmiete um 30 Prozent reduziert. Die Stadt konnte so Ladenlokale für maximal 70 Prozent der sogenannten Altmiete (kalt) anmieten und dann um bis zu 80 Prozent günstiger wieder vermieten.
Siegen: Gastronomen klagen über sinkende Umsätze
Die Zeiten, in denen Innenstädte reine Einkaufszentren waren, sind vorbei, sagt Lars Martin, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Dehoga Westfalen. Vor allem in der Siegener Unterstadt klagen die Gastronominnen und Gastronomen über sinkende Umsätze, sagt Martin.
„Vor allem in der Siegener Unterstadt klagen die Gastronominnen und Gastronomen über sinkende Umsätze.“
Die Qualität der Gastronomie hat Einfluss auf die Qualität des Einzelhandels. „Gerät dieses Gefüge in Ungleichgewicht, wirkt sich das unmittelbar auf die anderen Player aus, und das merken wir gerade in der Siegener Innenstadt“, sagt Martin. „Wenn das gastronomische Angebot sich eher in Richtung Imbissbuden entwickelt, ist davon auszugehen, dass sich auch im Einzelhandel eher Niedrigpreisangebote ansiedeln werden.“
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Was der Onlinehandel nicht bieten kann, sind die persönliche Beratung und menschliche Interaktion, sagt Martin. „Händler, Gastronomen, Dienstleister und die Verwaltung müssen jetzt Hand in Hand gehen, um den Innenstadtbesuchern das Erlebnis zu bieten, das ihnen der Onlinehandel nicht bieten kann. Das ist ein dickes Brett, das da gebohrt werden muss, aber dass es gebohrt werden muss, ist alternativlos.“
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