Hilchenbach. Die Stadt Hilchenbach wird sich nicht an die „Aufkommensneutralität“ halten. Dagegegen regt sich bereits vor der Ratssitzung Widerspruch.

Die Stadt Hilchenbach wird die neue Grundsteuer nicht wie fast alle anderen Städte und Gemeinden „aufkommensneutral“ festsetzen, sondern gleichzeitig eine Erhöhung vornehmen. Das geht aus einer Vorlage für den Rat hervor, der am Mittwoch, 11. Dezember, ab 17 Uhr darüber berät.

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Die Grundstückswerte wurden nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts neu berechnet. Sie sind zwar gegenüber der bisherigen Grundlage aus den 1960er Jahren gestiegen. Weil aber vor dem Messbetrag, der schließlich Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer ist, noch die Multiplikation mit einer „Steuermesszahl“ steht, hätten die Städte durchweg Einnahmen verloren, in Hilchenbach fast ein Viertel. Um dieselbe Einnahme wie im Vorjahr zu erreichen („aufkommensneutral“), müssen die Steuerhebesätze erhöht werden.

So wird gerechnet

Die Grundsteuer wird mit drei Faktoren berechnet: Der Grundsteuerwert wurde im vorigen Jahr neu ermittelt, dazu mussten alle Immobilienbesitzer Steuererklärungen abgeben. Der Messbetrag, der auf dem Steuerbescheid steht, kommt zustande, indem der Grundsteuerwert mit 0.31 Promille multipliziert wird – diesen Faktor soll das Land neu und getrennt für Wohn- und Gewerbegrundstücke berechnen, fordern die Städte und Gemeinden. Der Messbetrag wiederum wird mit dem Hebesatz multipliziert, den die Kommunen festlegen.

Elf Millionen Euro Defizit im Haushalt 2025

In Hilchenbach wären das 659 Prozent für Wohn- und 1378 Prozent für Nichtwohngrundstücke, bisher sind es einheitlich 640 Prozent. Dagegen will die Stadt 800 Prozent für Wohn- und 1680 Prozent für Nichtwohngrundstücke festsetzen, was zu einer Mehreinnahme von 700.000 Euro führen soll. Die sei „zwingend erforderlich“, heißt es in der Vorlage von Kämmerer Christoph Ermert. Er erinnert daran, dass fast alle Kommunen 2024 ihre Grundsteuer-Hebesätze angehoben haben. Auch für Hilchenbach war das vorgeschlagen, Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis hatte den Kämmerer dann aber gebremst. Christoph Ermert verweist darauf, dass nun im Haushalt 2025, auch nach der Steuererhöhung, eine Lücke von 11,1 Millionen Euro klafft.

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Nicht unwahrscheinlich ist, dass Bürger gegen ihre Grundsteuerbescheide klagen, zumal es nach wie vor zu außergewöhnlich hohen Mehrbelastungen bestimmter Wohngrundstücke kommen wird. Umstritten ist, ob überhaupt unterschiedliche Hebesätze für die beiden Grundstücksarten eingeführt werden dürfen. „Aus den unterschiedlichen Meinungen lässt sich schließen, dass letztendlich eine Rechtssicherheit für keine Verfahrensweise besteht“, heißt es in der Vorlage. Sollte das Verwaltungsgericht („nach einigen Jahren“) die Hilchenbacher Satzung kippen, müsste die Stadt wieder mit einem einheitlichen Hebesatz arbeiten. Der dürfte aber dann nicht höher als im Vorjahr sein, so dass die Stadt weitere Einnahmen verlieren wird.

„Andere Gesichtspunkte“ rechtfertigen „jederzeit“ Grundsteuererhöhungen

Eine gesetzliche Verpflichtung, die Grundsteuerreform „aufkommensneutral“ umzusetzen, gibt es nicht. Das Bundesfinanzministerium hat lediglich einen Appell an die Städte und Gemeinden gerichtet: „Insgesamt soll die Reform für die jeweilige Stadt oder Gemeinde zu keinen Einnahmeverlusten führen; die Städte und Gemeinden sollen aber durch die Reform auch nicht mehr Grundsteuer einnehmen als zuvor.“ Das Land NRW hat die Hebesätze veröffentlicht, mit denen dieser Appell befolgt würde, zugleich aber auch die Einschränkung betont: „Die Kommunen sind auch weiterhin nicht an die veröffentlichten Vorschläge gebunden. Sie legen ihre Hebesätze im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung eigenständig fest.“ Der Städte- und Gemeindebund als Spitzenverband der Kommunen betont nur, dass wegen der Grundsteuerreform „keine Gemeinde“ ihr Grundsteueraufkommen erhöht. „Allerdings kann es vor Ort notwendig sein, unter anderen Gesichtspunkten (also unabhängig von der Reform) die Grundsteuer insgesamt angemessen anzuheben.“ Die Gemeinden seien gesetzlich verpflichtet, ihre Haushalte auszugleichen. Reichen die Finanzmittel zur Erfüllung ihrer aktuellen Aufgaben nicht aus, müsse auch über angemessene Steuererhöhungen nachgedacht werden. „Dies kann allerdings jederzeit passieren und hat nichts mit der Umsetzung der Grundsteuerreform zu tun.“

Appell aus dem Rat: Vorher Einsparpotenziale suchen und finden

Die beiden Stadtverordneten Sven Wengenroth (Linke) und Daniel Niggemeier (Grüne) haben inzwischen in eienr Mail an die anderen Ratsmitglieder appelliert, am Mittwoch nur die „aufkommensneutralen“ Hebesätze von 659 und 1378 Prozent zu beschließen. Sollte darüber hinaus eine Erhöhung erforderlich werden, könne diese immer noch zusammen mit dem Haushalt beschlossen werden. „Angesichts einer Steuererhöhung wäre es sicherlich gut und richtig, auch noch das ein oder andere Einsparpotenzial zu suchen und zu finden“, heißt es in der Mail, „dadurch könnte sich eventuell auch der benötigte Betrag in der Summe reduzieren.“ Die Stadt müsse dann zwar ein zweites Mal Bescheide versenden, wenn eine rückwirkende Erhöhung der Grundsteuer nötig würde, „aber das war in der Vergangenheit auch nicht das Problem.“

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