Siegen-Wittgenstein. Der Entwurf des neuen Nahverkehrsplans für Siegen-Wittgenstein ist da: Mit vielen Fahrten auf Bestellung („Flexbus“). Busfahren wird trotzdem teurer.
Der Entwurf des Nahverkehrsplans liegt auf dem Tisch – mit den angekündigten Einschnitten. Die kleinen Siedlungen im ländlichen Raum werden nur noch auf Anforderung („On Demand“) bedient, sämtliche „L“-Linien werden gestrichen. Dafür werden die Regionallinien leicht ausgebaut. Auch die stets umstrittene Schulzeitenstaffelung kommt wieder auf die Tagesordnung.
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Unterm Strich wird es trotzdem teurer. 5,3 Millionen Euro kosten die neuen On-Demand-Verkehre. Weitere 5,6 Millionen Euro werden mehr gebraucht, weil die verbleibenden Linien nun auch außerhalb des Kernraums Siegen/Kreuztal/Hilchenbach/Freudenberg/Netphen mindestens im Stundentakt bedient werden sollen, und weil Busse, Flexbusse und Taxis abends nicht mehr bis 21 Uhr, sondern bis 23.30 Uhr und morgens schon ab 4.30 Uhr und nicht erst ab 6 Uhr fahren sollen.
Siegen-Wittgenstein: Einsparungen in Millionenhöhe im Busverkehr
Dem stehen Einsparungen von knapp einer Million Euro bei den Lokallinien und noch einmal 1,4 Millionen Euro für die „alten“ Taxibusse gegenüber. In der Vorlage, über die der Verkehrsausschuss am Mittwoch, 4. September, und der Kreistag am Freitag, 20. September, beraten, werden Mehrkosten von knapp 8,7 Millionen Euro im Jahr genannt. 27,2 Millionen Euro standen 2022 an Fahrgeldeinnahmen zur Verfügung – das wären noch 60 statt vorher 74,2 Prozent der Kosten. Die Lücke müssen die Kreise füllen. Wie groß die sein wird, könne wegen der ungewissen Entwicklung des Deutschlandtickets „derzeit nicht seriös kalkuliert werden“.
Wirksam werden kann der Nahverkehrsplan mit dem Auslaufen der Linienkonzessionen. Das ist im südlichen Siegerland und in Wittgenstein am 14. Dezember 2028 der Fall. Im Kernraum fahren alle 67 Linien nur mit einstweiligen Erlaubnissen, die verlängert werden, nachdem die Konzessionsvergabe vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben wurden. Das wird neu:
Schnellbusse in Siegen und Umgebung
Eine neue Schnellbuslinie S 6 von Freudenberg über Siegen und Netphen nach Hilchenbach – eigentlich zwei Verbindungen: eine schnell von Freudenberg nach Siegen, nur über die Landstraße und nicht durch Lindenberg, Seelbach und Trupbach. Und eine weitere schnelle von Siegen über die HTS nach Netphen und von da direkt über Herzhausen bis in die Hilchenbacher Siedlung. Ebenfalls geplant: eine neue SB 7 von Bad Berleburg nach Bad Laasphe.
Regionalbusse für Siegen und das Siegerland
Die R 13 fährt nicht mehr nach Wilnsdorf, sondern wird über Rudersdorf und Gernsdorf hinaus nach Irmgarteichen, Hainchen und Werthenbach verlängert, im Gegenzug fährt die R 16 von Siegen nach Hainchen nicht mehr über Werthenbach. Eine neue R 18 fährt von Weidenau über den Haardter Berg nach Netphen und Brauersdorf. Die neue Linie R 35 von Freudenberg nach OIpe fährt über Hünsborn (anders als jetzt die R 42). Eine ehemalige Lokallinie aus Olpe wird über Altenkleusheim und Krombach nach Kreuztal verlängert (neu: R 54).
Citybusse: Fast nur in Siegen - eine in Kreuztal
Die C 106 von Siegen über Bürbach und den Giersberg fährt nur noch bis Weidenau, nicht mehr zur Uni auf den Haardter Berg. Die C 107 fährt über den Giersberg weiter in die Dautenbach zur Dreis-Tiefenbacher Reichspfad-Siedlung. Die Fahrten auf den Weidenauer Giersberg und den Känerberg übernimmt eine neue Linie C 108, die über Sandstraße, Kaisergarten und Kampen auf den Giersberg fährt. Ebenfalls über den Känerberg zum Giersberg umgelenkt wird die C 116, die von Siegen über den Wellersberg nach Weidenau kommt; sie bedient dann auch das Neubaugebiet an der Leineweberstraße (bisher C 107). Gestrichen wird die C 117 nach Seelbach und Trupbach.
In Geisweid fährt die C 132 künftig über Schießberg und Westhang nach Niederholzklau. Für die Wenscht-Siedlung ist eine neue Kleinbuslinie C 131 vorgesehen. Gestrichen werden die Linien nach Buchen (V 133) und Setzen (C 135)
Außerhalb von Siegen wird es nur noch eine weitere Citybuslinie geben: in Kreuztal, wo aus der „L 140“ zur Erlersiedlung eine „C 140“ wird.
UniExpress: Von Siegen-City auf den Haardter Berg nur noch mit zwei UX
Die UniExpress-Linien werden von jetzt sechs auf zwei reduziert. Die UX 1 fährt vom Emmy-Noether-Campus über den Siegener ZOB und die HTS zur Haltestelle Weidenau Krankenhaus und dann direkt über die Glück-Auf-Straße auf den Haardter Berg. Die Busse fahren während der Vorlesungszeit von 7.30 bis 20.30 Uhr im 15-Minuten-Takt, danach bis 0.30 und vorher ab 6.30 Uhr stündlich. Die UX 2 fährt zu den Vorlesungswechselzeiten zwischen Geisweid und Weidenau über den Haardter Berg.
„On Demand“: Bus auf Bestellung überall außerhalb von Siegen
Der Flexbus kommt spätestens 60 Minuten nach der Bestellung, er fährt bis zum nächsten Verknüpfungspunkt mit einer R-Linie oder der Bahn. Der alte Taxibus, der im Linienverkehr frühmorgens, spätabends und an Wochenenden auf schwach genutzten Strecken die großen Busse ersetzt, muss 45 Minuten vorher bestellt werden. Er fährt dann aber, anders als der Flexbus, nach Fahrplan auf der vorgegebenen Linie. Die Verwaltung geht davon aus, dass die attraktiveren Flexbusse auch zu 80 Prozent angerufen werden, während die weniger attraktiven Taxibusse nur zu 20 Prozent in Anspruch genommen wurden.
Für den Flexbus werden Bediengebiete festgelegt: In Burbach sind das Lützeln, Lippe, Ober- und Niederdresselndorf und Holzhausen, in Freudenberg Bottenberg, Mausbach, Alte Heide, Hohenhain und Plittershagen.
Zum Hilchenbacher Flexbusgebiet gehören alle Stadtteile außer Dahlbruch und Müsen, außerdem die Netphener Ortsteile Afholderbach und Sohlbach.
In Kreuztal werden Fahrgäste aus dem Heestal, teilweise aber auch aus weiter von den Hauptstrecken entfernten Wohngebieten in Eichen und Ferndorf auf den Flexbus angewiesen sein. Von Kreuztal aus werden auch die Freudenberger Stadtteile Oberholzklau und Bühl versorgt.
Der Netphener Flexbus bedient Teile von Dreis-Tiefenbach, außerdem Beienbach, Eckmannshausen, Oelgershausen, Herzhausen, Frohnhausen, Brauersdorf und Deuz.
Der Flexbus Neunkirchen-Wilnsdorf fährt in Altenseelbach, Struthütten, Dermbach (Landkreis Altenkirchen), Salchendorf, Zeppenfeld, Wilden und Wilnsdorf.
Auch im Siegener Stadtgebiet sollen Flexbusse eingesetzt werden: in Eiserfeld und Niederschelden („Süd“), in Buchen, Nieder- und Obersetzen sowie in die Weidenauer Herrenwiese („Nord“), außerdem in Volnsberg, Breitenbach und Feuersbach und dem Wilnsdorfer Ortsteil Flammersbach mit Anbindung an den Netphener Stadtteil Deuz („Ost“). Trupbach und Seelbach, Heidenberg und Achenbach sowie das Leimbachtal bekommen einen weiteren Flexbus („West/Mitte“).
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Der künftige Schülerverkehr mit dem Bus in Siegen-Wittgenstein
Es muss nicht immer der Bus oder das Elterntaxi sei, mit dem ein Kind die Schule erreicht. „.Trotz der Topografie im Kreis Siegen-Wittgenstein kann das Fahrrad als Pedelec bzw. ein Elektroroller hier eine weitere Option sein“, heißt es im Entwurf des Nahverkehrsplans. Wer weniger als zehn Minuten von der Schule entfernt wohnt, soll auch zu Fuß gehen können. Derzeit sind morgens 48 und nachmittags 38 Busse auf den Schullinien eingesetzt. Drei Szenarien werden im Nahverkehrsplan vorgeschlagen: Die „gemäßigte“ Variante kostet jährlich 51.500 Euro mehr, morgens wird ein Bus eingespart, mittags werden drei Busse mehr gebraucht. In der „abgestimmten“ Variante fangen die weiterführenden Schulen früher, die Grundschulen später an. Morgens werden so fünf Busse weniger gebraucht, 250.000 Euro werden eingespart. Das „konsequente“ Szenario spart morgens sieben, nachmittags drei Busse und bis zu 350.000 Euro.
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Dafür müssen alle Schulen ihre Anfangszeiten verändern. Schülerinnen und Schüler, die besonders abgelegen wohnen, sollen auf On-Demand-Angebote verwiesen werden. Bei dieser „konsequenten“ Lösung müssten zum Beispiel in Kreuztal die Clara-Schumann-Gesamtschule 15, die Ernst-Moritz-Arndt-Realschule zehn Minuten, die Grundschule an Dreslers Park sogar 20 Minuten früher anfangen, das Gymnasium Stift Keppel dagegen 15 Minuten später. In Netphen dürften Grundschüler in Dreis.Tiefenbach und Eckmannshasuen zehn Minuten, Sekundarschüler sogar 15 Minuten länger schlafen. In Siegen würde es die Waldorfschüler erwischen, die 15 Minuten früher anfangen müssten, die Schülerinnen und Schüler des Evau (zehn Minuten früher) und der Grundschule Gosenbach (20 Minuten früher).
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