Siegen. Chantal Schütze macht am Klinikum Siegen die Ausbildung zur Pflegefachkraft. Das Besondere daran: Die junge Mutter absolviert diese in Teilzeit.

Es geht früh los morgens im Hause Schütze, wo die ledige Mutter Chantal vor 6 Uhr ihre beiden Kinder, 2 und 4 Jahre alt, weckt und wo sich alle in Ruhe für den Tag bereit machen. Für die Kinder geht es zur Uroma und in den Kindergarten und für die angehende Pflegefachfrau zum Frühdienst auf Station 41, der Gastroenterologie im Klinikum Siegen. Frühschicht ist von 8.30 bis 14.16 Uhr, Spätschicht von 13.30 bis 19.06 Uhr. Auch für diese Zeit sind die Kinder familiär versorgt.

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Dass die 24-Jährige nach ihrer Berufsfachschule Sozialwesen trotz ihrer Familienverantwortung ihren ersten Beruf erlernen kann, „hat sie der Möglichkeit einer Ausbildung in Teilzeit zu verdanken, den Menschen die sich dafür einsetzen und natürlich sich selbst nebst Familie, die sie dabei unterstützt“, heißt es in einer Mitteilung der Alternative Lebensräume GmbH (alf). Über das Jobcenter fand die junge Mutter zur Alf und in das vom Land Nordrhein-Westfalen und der EU geförderte Projekt TEP, das die Trägerin seit 2011 mit Ursula Rauscher anbietet. TEP steht für „Teilzeitberufsausbildung - Einstieg begleiten – Perspektiven“ öffnen. Über das Projekt fand ein Besuch im Klinikum Siegen statt, wo Chantal Schütze positiv auffiel, berichtet Vera Maria Haandrikman in ihrer Funktion als Ausbildungsverantwortliche für Pflegeberufe. Die nun angehende Pflegefachkraft war vom Klinikum und der Perspektive angetan: „Mir gefällt an dem Beruf, dass ich Menschen dabei helfen kann, wieder gesund zu werden, und Teil des Heilungsprozesses bin.“

„Vor allem meine Kinder motivieren mich sehr, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen.“

Chantal Schütze, Auszubildende in Teilzeit zur Pflegefachkraft am Klinikum Siegen

Siegen: Ausbildung in Teilzeit zur Pflegefachkraft erfordert einige Anpassungen

Nach rund acht Monaten ihrer Ausbildung fühlt sie sich nach wie vor sehr wohl in ihrem Team. Sie erlebt sich als 100prozentig zugehörig, wenngleich ihre Wochenarbeitszeit 25 Prozent weniger ist. Der Berufsschultag in Vollzeit sei etwas lang, bis sie die Kinder abgeholt habe und alle wieder zuhause wären. Der Lernstoff sei zu schafften sagt sie. Und: „Vor allem meine Kinder motivieren mich sehr, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen.“ Auch das steht für das Engagement der Auszubildenden und Mutter, die im Dialog mit Vera Maria Haandrikman einen gemeinsamen Weg festlegte. Im Austausch zu stehen sei eine wesentliche Voraussetzung im vertrauensvollen Miteinander, unterstreicht die Ausbildungsverantwortliche.

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Im Vorfeld standen viele Überlegungen zur Umsetzung der Ausbildung in Teilzeit. „Vor dem Hintergrund des bestehenden und zukünftigen Fachkräftemangels in den Pflegeberufen besteht die Herausforderung, die Pflegeausbildung weiterzuentwickeln und attraktiv zu gestalten“, betont Vera Maria Haandrikman. „Weiterhin müssen wir auf die Lebensrealität der Interessierten eingehen.“ Eine Ausbildung in Teilzeit bringe beide Erfordernisse zusammen und schaffe Zukunftsperspektiven „für die Gewinnung von Nachwuchs in den Pflegeberufen und für Mütter, Väter oder Wiedereinsteigende ins Berufsleben, die bisher keine qualifizierte Ausbildung absolvieren konnten“.

Am Klinikum Siegen macht Chantal Schütze in Teilzeit die Ausbildung zur Pflegefachkraft. Dank dieser Lösung kann die junge Mutter Familie und Beruf miteinander vereinbaren.
Am Klinikum Siegen macht Chantal Schütze in Teilzeit die Ausbildung zur Pflegefachkraft. Dank dieser Lösung kann die junge Mutter Familie und Beruf miteinander vereinbaren. © Klinikum Siegen | Klinikum Siegen

Siegen: Fachkräftemangel in der Pflege macht neue Modelle notwendig

Um diese neue Herangehensweise an einen hochqualifizierten Ausbildungsberuf Realität werden zu lassen, bedurfte es einiger Vorbereitung, so Haandrikman. Es sei wichtig gewesen, insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Stationen dafür zu sensibilisieren, um bisherige Routinen kritisch zu hinterfragen und auch die damit verbundenen Erwartungen. Es brauche eine gute Kommunikation und Verständnis, beispielsweise wenn die Teilzeitauszubildende bei der regulären Pflegeübergabe noch nicht anwesend sei, sie bei ihrem Dienstbeginn diese aber benötige. „Wichtig ist, alle an der Ausbildung Beteiligten zu hören und aus den Erfahrungen gemeinsam zu lernen.“ Vera Maria Haandrikman vom Klinikum Siegen appelliert zudem an alle Ausbildungsträger, sich auf Ausbildung in Teilzeit einzulassen. Es sei ein anspruchsvolles und bedeutendes Vorhaben, doch könne man dank gemeinsamer Erfahrung und im Austausch nur lernen und gewinnen. Wünschenswert wäre als nächstes, darüber nachzudenken, wie sich auch die schulische Ausbildung mithilfe digitaler Lernangebote ergänzen lasse, um hier Teilzeit besser zu ermöglichen.

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„Die große Chance der Ausbildung in Teilzeit im Pflegeberuf steckt für das Individuum, den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft darin, mehr Menschen zu erreichen, diesen Beruf zu erlernen“, schreibt die Alternative Lebensräume GmbH abschließend. Im Bereich der Pflege dauere die Ausbildung in Teilzeit zwar ein Jahr länger, „doch am Ende steht eine qualifizierte Kraft, die noch viele Jahre in Kliniken, Altenzentren oder ambulanten Pflegediensten hilfreich ist“. Und so wünsche sich Chantal Schütze, dass es so gut weitergeht wie bisher und sie einen erfolgreichen Abschluss erlangt.

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