Siegen. Markenware zu günstigen Preisen: Ein neuer Second Hand-Laden mitten in Siegen will Kundinnen Einkaufserlebnisse in ansprechendem Ambiente bieten.
Wer bei „Kleiderladen“ an muffige Luft und unmodische Klamotten denkt, kann sich an der Sandstraße 24 sehr eindrücklich davon überzeugen, dass solche Einschätzungen längst nicht mehr zeitgemäß sind. Der Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen verfolgt hier mit einer neuen Filiale seines Hauptladens in der Friedrichstraße ein Konzept, das auf Bewährtes setzt, aber gleichzeitig neue Zielgruppen erreichen soll – denn immer mehr Menschen kaufen Second Hand-Ware nicht mehr, weil sie darauf angewiesen, sondern weil sie von dem Prinzip überzeugt sind.
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„Markenware können wir hier besser zur Geltung bringen.“
Gegenüber des Kinos bietet „derladen“ Damenmode und Haushaltsartikel; auch solche, die man in einem „Sozialkaufhaus“ vielleicht auf Anhieb nicht vermuten würde. Soll etwa „Michael Kors“ oder „Hermès“ auf der Handtasche stehen, kann man hier durchaus fündig werden – und das zu günstigen Preisen. Die 100 zusätzlichen Quadratmeter an der Hauptstraße ermöglichen es dem Team, das Sortiment deutlich zu entzerren, wie Leiterin Margrita Naurath erläutert: „Markenware und sonstige hochwertige Artikel können wir hier anders präsentieren und besser zur Geltung bringen.“ Und solche Sachen – auch wenn es natürlich nicht immer von Toplabels wie in dem Taschen-Beispiel ist – erhält die Frauenhilfe eben auch immer wieder als Spenden.
Siegen: Sozialkaufhaus der Frauenhilfe kann bleiben – und sogar expandieren
Eine Weile lang standen die Zeichen nicht darauf, dass der Bezirksverband überhaupt ein Angebot in derart zentraler Lage würde aufrechterhalten können. Eigentlich zeichnete sich ein Umzug des Ladens aus der Friedrichstraße nach Weidenau ab, da die Uni das Gebäude für den Wechsel weiterer Fakultäten ins Zentrum nutzen wollte. Das ist zwar nach wie vor so, verzögert sich aber. „Wir waren bereits in Sorge, dass wir wegmüssen“, erzählt Gerlinde Schäfer, Vorsitzende des Bezirksverbands. „Die Uni eröffnete uns dann aber, dass wir noch eine Weile bleiben können.“ Und nicht nur das: Sie bot außerdem noch zusätzlich das Ladenlokal an der Sandstraße an – und die Frauenhilfe griff zu. Zwei Jahre lang laufen nun zunächst die Mietverträge.
Neue Struktur
Mit dem zweiten Geschäft in der Sandstraße konnte die Frauenhilfe den Hauptstandort ihres Ladens in der Friedrichstraße neu strukturieren, wie Ladenleiterin Margrita Nauroth berichtet.
Wesentlicher Punkt: Die Spendenannahme konnte vom täglichen Geschäftsbetrieb getrennt werden, sie sitzt nun im Nebengebäude. Als sie noch über den Verkaufsraum lief, „hat das manchmal sehr viel Unruhe in den Laden gebracht“.
Spenderinnen und Spender „sind oft sehr dankbar, dass sie einen Ort wissen, wo sie ihre Sachen abgeben können“, so die Ladenleiterin. Das sei vielen Menschen lieber, als Dinge wegzuwerfen.
Wie es in zwei Jahren weitergeht, wenn die Mietverträge auslaufen, ist noch unklar.
„Unsere räumlichen Kapazitäten in der Friedrichstraße waren schon lange ausgeschöpft“, erläutert Margrita Naurath. Der Grund ist ein positiver: Die Frauenhilfe erhalte eine Menge Spenden, „wir sind ja recht bekannt und können darum ein breites Warenangebot bereitstellen“. Die Möglichkeiten der Präsentation litten darunter allerdings. Nun sei es auch eine Typfrage, wovon sich Kundschaft angesprochen fühle. Manche Menschen würden es mögen, wenn auf dem zur Verfügung stehenden Raum möglichst viel Ware zu sehen sei. Andere hingegen würde das eher abschrecken, sie würden eine überschaubare und großzügige Verteilung bevorzugen. Mit der Filiale in der Sandstraße ist Letzteres nun ebenfalls möglich. „Wir hoffen, damit auch neue Zielgruppen zu erreichen“, sagt Margrita Naurath. „Auch Leute, die ein anderes Einkaufserlebnis wollen, als wir es bisher boten.“
„Es ist unser Wunsch, dass gute Sachen nicht einfach im Müll landen.“
Siegen: Trend zu Second Hand – Nachhaltigkeit ist vielen Kunden wichtig
Der Antrieb der Frauenhilfe ist und bleibt trotz allem natürlich im sozialen Bereich verortet. Es geht darum, finanziell schlechter gestellte Menschen mit dringend notwendigen Dingen zu versorgen, Erlöse für die Projekte des Bezirksverbands zu erzielen und Nachhaltigkeit zu fördern: „Es ist unser Wunsch, dass gute Sachen nicht einfach im Müll landen“, betont Margrita Naurath. Doch das Image von Second-Hand-Ware hat sich auch gewandelt. Etwa 80 Prozent der Kundinnen und Kunden seien Bedürftige, die auf ein solches Angebot angewiesen sind. Doch „uns ist jeder willkommen“, hebt die Leiterin hervor. Einerseits nehme zwar die Zahl der Bedürftigen zu, andererseits aber auch die Zahl derer, die ganz bewusst gebraucht kaufen. Viele junge Menschen, Studierende und überhaupt Verbraucherinnen und Verbraucher, die Ressourcen schonen und ihr Konsumverhalten mäßigen wollen, nutzten die Möglichkeiten ganz gezielt. „Gerade für junge Leute ist Nachhaltigkeit wichtig“, sagt Ulrike Wendel, Vorstandsmitglied des Bezirksverbands und als solches mit der Begleitung des Ladens betraut. Und hier sei es noch mit dem zusätzlichen Nutzen „schöne Sachen für wenig Geld“ verbunden.
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Einkaufen ist allerdings nicht das einzige, was „derladen“ bieten kann, wie Margrita Nauroth berichtet. Für viele Stammkundinnen und -kunden sei es auch ein Treffpunkt. Viele kämen regelmäßig, manche sogar täglich um Bekannte zu treffen und Kontakte zu pflegen, um dem Tag Struktur zu geben. „Derladen ist für viele ein Mittelpunkt.“
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