Siegen. In Siegen gab es im Kleiderladen der Frauenhilfe jetzt ein Event extra für bedürftige Frauen. Sie konnten kostenlos shoppen. Was dahinter steckt.

„Wenn mich jemand bedient, schießen mir die Tränen in die Augen“, sagt Rita Mießen. Nach dem Tod ihres Mannes sei sie das beim Kaffeetrinken nicht mehr gewohnt. „Sonst muss ich zuhause alles alleine machen.“ Die Momente, wenn sie sich mit anderen Menschen zusammensetze, seien für sie „Seelenoasen“ – ob im Café Patchwork, im Straßencafé in Siegen oder beim Treffen im Kleiderladen des Bezirksverbandes der Siegerländer Frauenhilfen. Dort konnten nun Bedürftige bei einem Frauenevent shoppen gehen, begrüßt wurden sie vorher mit kleinen Snacks und Kaffee.

In aller Ruhe im Kleiderladen in Siegen stöbern

Rita Mießen genießt die gesellige Runde vor dem Einkaufsbummel sichtlich. Aufgrund von Corona sei so vieles in den vergangenen Jahren nicht möglich gewesen. Nachdem sie nach dem Tod ihres Mannes alles in die gute Ausbildung ihrer Kinder gesteckt habe, möchte sie sich nun wieder mehr um sich selbst kümmern: „Jetzt komme ich mal dran.“ Kurz nach dem Kaffeetrinken geht’s in den Kleiderladen. Dort gibt es nicht nur Klamotten, sondern auch Bücher, Deko, Geschirr und vieles mehr. Rita Mießen ist auf der Suche nach einem Türkranz für Ostern. „Ich will aber auch nach einem Blazer gucken.“

Bedürftige Frauen gehen im Kleiderladen des Bezirksverbandes der Siegerländer Frauenhilfen shoppen. Margrit Kröger, Heike Henrichs-Neuser, Margrita Naurath und Barbara Krumpholz (stellv. Ladenleitung, von links) helfen im Kleiderladen mit.
Bedürftige Frauen gehen im Kleiderladen des Bezirksverbandes der Siegerländer Frauenhilfen shoppen. Margrit Kröger, Heike Henrichs-Neuser, Margrita Naurath und Barbara Krumpholz (stellv. Ladenleitung, von links) helfen im Kleiderladen mit. © WP | Ina Carolin Pfau

Heike Henrichs-Neuser, Geschäftsführerin des Bezirksverbands der Siegerländer Frauenhilfen, erklärt: „Wir wollen heute gemeinsam unter Frauen nachhaltige Kleidung shoppen.“ Gerade die Stärkung der Frauen und der Aspekt der Nachhaltigkeit seien ihnen besonders wichtig. Der Fokus solle auf hochwertiger, gebrauchter Kleidung, die lang getragen werden kann, liegen. Für die Veranstaltung im Kleiderladen habe der Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen mit dem Café Patchwork kooperiert. Die Bedürftigkeit der Frauen sei nicht nur auf finanzielle Gründe zurückzuführen, manche Menschen würden sich auch einfach einsam fühlen, erläutert Margrit Kröger vom Café Patchwork. Sie ist beim Shoppen im Kleiderladen des Bezirksverbandes der Siegerländer Frauenhilfen zusammen mit mehreren anderen Ehrenamtlichen vor Ort.

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Eine 68-Jährige, die ihren Namen nicht nennen möchte, ist schon fündig geworden: „Der Blazer passt.“ Eine rote Bluse hat sie auch gefunden. „Hosen habe ich zuhause.“ Sie möchte sich für eine Konfirmation eines ihrer Enkelkinder schön machen. „Ich habe im Vorfeld überlegt, was ich brauche“, sagt sie und geht das Shoppen eher strategisch an. Ihr gehe es bei der ganzen Veranstaltung aber auch einfach darum, einen „schönen Tag mit guten Leuten“ zu haben. Nur wenige Euro liege ihre Rente über dem, ab wann man als bedürftig gelte. Sie ist froh über Anlaufstellen wie den Kleiderladen und insbesondere das Café Patchwork. „Da wird man als Mensch so angenommen, wie man ist. Wenn man einen scheiß Tag hat, wird man in den Arm genommen“, erzählt sie und auch ihr kommen die Tränen. „Es ist eine gute Einrichtung, ich bin sehr dankbar.“

Kleiderladen in Siegen: „Hier gibt’s schöne Sachen“

20 Euro stellt der Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen den Frauen jeweils für ihren Einkauf einmalig zur Verfügung. „Wir wollen etwas Gutes tun“, betont Heike Henrichs-Neuser. Gerade am Anfang des Jahres gebe es immer wenige Aktionen für Bedürftige, dafür sei gerade um Weihnachten viel los, erläutert Margrita Naurath, Leiterin des Kleiderladens .

Ehrenamtliche und neue Räume gesucht

Der Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen ist immer auf der Suche nach Ehrenamtlichen, die bei ihnen mithelfen. Wer Interesse hat, kann sich bei Heike Henrichs-Neuser melden: henrichs-neuser@siegerlaender-frauenhilfe.de, 0271/22511 oder 0160/94633146. Wer beim Café Patchwork der Diakonie ehrenamtlich mitwirken möchte, kann Barbara Wied, 0271/48963-55 oder barbara.wied@diakonie-sw.de, kontaktieren.

Der Kleiderladen des Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfen, Friedrichstraße 27, ist dienstags, mittwochs und freitags von 10 bis 16 Uhr, donnerstags von 10 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr geöffnet. Mehr Infos gibt es im Internet unter www.derladen-siegen.de.

Der Bezirksverband ist aufgrund des Uni-Umzugs in die Innenstadt weiter auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten für ihren Laden. „Bis Mitte nächsten Jahres können wir hierbleiben“, sagt Heike Henrichs-Neuser über die bisherige Location an der Friedrichstraße.

Rita Mießen hat schnell ein schönes Buch gefunden: „Das Glück der Lebensfreude“ von Anselm Grün. „Man darf auch in schwierigen Zeiten den Mut nicht verlieren“, sagt sie. Sie lese gerne Bücher von Anselm Grün. Auch ein grünen Blazer liegt in ihrem Einkaufskorb. „Den kann man sehr gut kombinieren“, erklärt die 67-Jährige. Sie freut sich über den Markenartikel von „Hucke“ für wenig Geld. „Ich habe hier auch schonmal was von Calvin Klein gefunden.“

Rita Mießen hat nach kurzem Stöbern im Kleiderladen des Bezirksverbandes der Siegerländer Frauenhilfen in Siegen schon etwas gefunden. 
Rita Mießen hat nach kurzem Stöbern im Kleiderladen des Bezirksverbandes der Siegerländer Frauenhilfen in Siegen schon etwas gefunden.  © WP | Ina Carolin Pfau

Alexandra Haydn (52) ist auf der Suche nach Hosen. Sie habe in den vergangenen Jahren etwas zugenommen und ist froh darüber, nun im Kleiderladen einmal in aller Ruhe stöbern zu können. „Hier gibt’s schöne Sachen.“ Eine andere Kleiderladenbesucherin nennt auch einen weiteren Vorteil: „Hier ist der rote Farbstoff bei einer Bluse schon rausgewaschen.“ Heike Henrichs-Neuser freut sich gerade über diesen Kommentar – mit der nachhaltigen Mode könne man schließlich auch ein Vorbild für andere sein.

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Weil das Event so gut ankam, möchten die Verantwortlichen es gerne nochmal wiederholen: „Im Herbst werden die Frauen bestimmt noch andere Frauen mitbringen“, sagt Heike Henrichs-Neuser. Schöne Sachen gibt’s genug. „Schade, dass dir die Bluse passt“, sagt eine Seniorin zu einer anderen mit einem Lachen. Sonst wäre sie wohl in ihrem eigenem Einkaufskorb gelandet.

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