Siegerland. Wegen der gestiegenen Preise müssen Viele sparen und suchen die Sozialkaufhäuser auf. Auf den kommenden Herbst und Winter blicken die mit Sorge.
Die Nachfrage in den Kleiderläden und Sozialkaufhäusern im Siegerland steigt seit Längerem. Doch während das bisher auch viel mit dem Trend zu mehr Nachhaltigkeit und bewussterem Konsum zu tun hat, stellen sich die Geschäfte für den Herbst und Winter auf mehr Andrang als Folge von Energiepreissteigerungen und Inflation ein, wie die Nachfrage bei mehreren Betreiberinnen und Betreibern zeigt.
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AliBaba: Bewusster einkaufen
„Wir haben eine höhere Kundenfrequenz. Das Interesse ist im vergangenen Jahr gestiegen“, sagt Kirsten Fuhr, fachliche Leiterin der AliBaba-Standorte der Alternative Lebensräume (Alf) GmbH. Die Secondhandläden für Kindersachen gibt es in der Siegener Oberstadt, Kaan-Marienborn, Kreuztal, Hilchenbach und Netphen. Viele Leute kämen, weil sie mit ihren finanziellen Mitteln haushalten müssten. „Wir merken aber auch, dass viele bewusster einkaufen wollen.“
Junge Mütter zum Beispiel seien immer häufiger der Überzeugung, dass sie nicht unbedingt neue Kleidungsstücke für den Nachwuchs brauchen, wenn gebrauchte Teile doch hübsch und in einwandfreiem Zustand sind. Außerdem seien Eltern hier zuversichtlicher, „dass sämtliche Chemie bereits rausgewaschen ist“, erklärt Kirsten Fuhr. Es sei aber unabhängig von Kindern ein genereller Trend, „gebraucht zu kaufen. Darum sind wir nun auch in die Erwachsenenschiene eingestiegen.“ Die Alternative Lebensräume GmbH wolle damit nicht in Konkurrenz zu anderen Einrichtungen treten, sondern reagiere auf die veränderte Nachfrage. Und wer Kinderkleidung als Spende abgebe, erkundige sich sowieso mitunter, ob Sachen für Erwachsene nicht im selben Zuge mit abgegeben werden könnten.
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Das Team von AliBaba habe derzeit überall „gut zu tun, aber nicht übermäßig“. Zu bedenken sei allerdings, dass die Sommerferien laufen und dass sich Menschen klassischerweise davor mit neuer Kleidung eindecken – und danach wieder für den Herbst. Mittelfristig nimmt die Fachfrau eine grundlegende Verschärfung an: „Ich gehe davon aus, dass die Nachfrage mehr wird, wenn die Nachzahlungsforderungen kommen.“ Dann würde die bisher oft noch theoretische finanzielle Belastung für viele konkret.
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Heimatverein Achenbach: Minijobs sind weg
Etwas angespannter ist die Lage beim Heimatverein Achenbach. „Wir haben viel mehr Kunden, aber viel weniger Umsatz als sonst“, sagt Tamara Schmidt, Maßnahmeleiterin bei der Gemeinnützigen Weiterbildungsgesellschaft Achenbach mbH. Diese betreibt mehrere Sozialkaufhäuser, unter anderem in Achenbach, Geisweid, Büschergrund und Kreuztal. Grund: „Wir geben vieles umsonst heraus – weil Leute kein Geld mehr haben.“ Dies gelte an allen Standorten, besonders aber in Achenbach und Geisweid. Natürlich spiele dabei der in den Quartieren hohe Bekanntheitsgrad der Sozialkaufhäuser auch eine Rolle.
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Es gehe nicht nur um Kleidung, sondern oft um Dinge, die im Alltag unverzichtbar seien: Schulranzen etwa oder der Einkaufstrolley für eine ältere Dame. „Die Entwicklung beobachten wie schon länger“, berichtet Tamara Schmidt. „Corana hat bereits mehr Menschen zu und geführt, weil viele in dieser Zeit ihre Minijobs verloren haben.“ Seniorinnen und Senioren etwa, deren Rente nicht ausreicht, hätten nichts mehr dazuverdienen können; und sie wisse von Studierenden, die in dieser Situation ihre Wohnung verloren hätten. „Wir kamen von der Krise in die Krise. Und die nächste steht uns wegen der Energiekosten bevor. Die Heizung muss bezahlt werden: Dann bleibt oft kein Geld mehr für eine neue Jeans oder Schuhe.“
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Kleiderladen Friedrichstraße: Ressourcen schonen
„Wir können es noch nicht richtig deuten“, sagt Margrita Naurath, Leiterin des Kleiderladens in der Friedrichstraße in Siegen, bezüglich einer veränderten Zusammensetzung der Kundschaft. Klar sei, dass viele Flüchtlinge aus der Ukraine das vom Bezirksverband der Siegerländer Frauenhilfe getragene Angebot in Anspruch nähmen: „Die haben jetzt unseren Laden entdeckt.“ Darüber hinaus bestätigt sich hier, dass gerade junge Menschen inzwischen mehr Sympathien für Second-Hand-Produkte hegen. „Es geht auch um Nachhaltig“, erläutert Margrita Naurath. „Viele möchten lieber ein gebrauchtes als ein neues T-Shirt kaufen, um Ressourcen zu schonen.“ Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, „da wird es einen ziemlichen Wandel geben“. Doch natürlich sei ein großer Teil der Kundschaft auch auf die günstigen Angebote angewiesen. „Wir sind da in einer Zwischenphase. Viele Leute sind noch zurückhaltend“, so die Einschätzung der Laden-Leiterin. „Ich kann mir schon vorstellen, dass wir neue Kunden bekommen werden.“
Wilnsdorfer Laden: Andere Leute als sonst
Im Wilnsdorfer Laden des Ökumenischen Netzwerks Wilnsdorf bemerkt Leiterin Martina Müller derzeit „ganz andere Leute als sonst“. Dies gelte ebenso für die Tafel vor Ort. Eine großer Teile stamme aus der Ukraine. Es kämen aber auch mehr ältere Menschen und viele junge Familien und junge Mütter. Die Spendenbereitschaft sei „nach wie vor hoch“, sagt Martina Müller; allerdings seien die Spenden explizit für Geflüchtete aus der Ukraine zurückgegangen. Seien zu Beginn des Krieges noch „ganze Kisten“ speziell für diese Zielgruppe abgegeben worden, sei dies nun „total vorüber“.
Für den Herbst sorgt das Team des Wilnsdorfer Ladens vor. Bisher sei viel Ware an Organisationen beispielsweise in Osteuropa weitergegeben worden, doch nun müsse für die befürchtete Entwicklung hierzulande vorgesorgt werden: „Wir werden die Lager füllen und Reserven schaffen.“
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