Siegen. „Der Weg zurück“ im Bruchwerk-Theater ist ein Stück, das ratlos macht, aber sehenswert ist. Die Schauspieler spielen sich die Seele aus dem Leib.
Premierenstimmung im Bruchwerk. Das bedeutet: Gespannte Vorfreude eines vorwiegend jungen Publikums auf das, was das Team in wochenlanger Probenarbeit erarbeitet hat. Das ist, wie fast immer in dem kleinen, aber feinen Oberstadt-Theater, beileibe keine leichte Kost.
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Beim ersten der fünf Bühnenbilder ist die Spielfläche gerade mal so groß wie eine Zimmertür. Darin steht Jonathan, ein junger Vater, hält sein Baby auf dem Arm und erzählt die Geschichte seiner Frau Sandra die bei der Geburt des kleinen Mädchens durch Behandlungsfehler verblutet ist. „Ich kann nichts weiter für sie tun als sie zu halten und zeigen, dass ich für sie da bin“, sagt der junge Witwer über sein mutterloses Kindchen.
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Dabei war das Baby, das er „Dawn“, also Morgenröte, genannt hat, das Ergebnis moderner medizinischer Wissenschaft. Ein Experiment, das alle seine Ersparnisse aufgefressen hat. „Sandra stirbt bei der Geburt und im Kreißsaal läuft „Take on me“ von A-ha“, beklagt Jonathan und will vom Balkon springen. Doch in dem Moment fängt Dawn an zu weinen und der Lebensmüde besinnt sich seiner Aufgaben, wird aber zum wissenschafts- und technikfeindlichen Pessimisten.
Die Bühne öffnet sich, Musik setzt ein, zunächst vom Schlagzeug, dann mit Gitarren. Dawn ist inzwischen zur jungen Frau und Anführerin einer Terrorbewegung geworden, die im Neo-Nazi-Jargon schale Parolen deklamiert. Erschreckende Bilder entstehen, Blut fließt, Gewalt produziert Gegengewalt, Dawn verliert ihren Gefährten. 12 Bürger betreten die Bühne, mischen sich ein, es wird bunt, laut, chaotisch. Alle Regeln des menschlichen Miteinander gelten nicht mehr. Hoffnungen schwinden je länger der Abend dauert.
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Wäre „Der Weg zurück“ nun zu Ende gewesen, hätte man von einem beeindruckend schlüssigen Theatererlebnis sprechen können. Die letzten Bilder jedoch lassen bei all ihrer ästhetischen Schönheit auch Ratlosigkeit zurück: Die Bühne wird wie durch ein übergroßes Brautkleid in makelloses Weiß gehüllt und verdeckt dabei auch alle Schauspieler einschließlich der auf dem Boden liegenden Bürger. Auch der gesprochene Text hilft nicht weiter. Nachdem das Bühnenlicht verloschen ist, dauert es eine Weile, bis das Publikum merkt, dass „Der Weg zurück“ sein Ziel erreicht hat.
Der lang anhaltende Beifall gilt mit Siska Leckband, Irina M. Ries und Valentin Stroh drei Künstlern, die sich die Seele aus dem Leib gespielt haben. Selten sind Schauspieler auch körperlich so nah am Publikum gewesen. Dass ein solcher Theaterabend keine Musik vom Band erträgt, lässt Multitalent Marcel Rudert mit Schlagzeug und Gitarren eindringlich hören.
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Großartig das Bühnenbild von Teresa Pešl, das sich nach und nach zur ganz großen Spielfläche öffnet und durch intelligente Beleuchtung eine besondere, manchmal geradezu beängstigende Wirkung hervorzaubert. Und gut, dass Regisseur Lukas T. Goldbach den Theaterstoff auf ziemlich exakt 90 Minuten „eindampft“ hat. Denn eine Pause hätte dem Spannungsbogen des Abends nicht gut getan.
Die fantastischen Zwölf
Eine großartige Idee, 10 Bürgerinnen und 2 Bürger ins Geschehen einzubeziehen. Theaterbegeisterte aus der Region, die dem Stück, das vor allem durch Monologe und Dialoge geprägt ist, choreografisch wie auch textlich neue Akzente geben.
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Stefanie Aha, Johannes Bade, Margrit Kröger, Janine Lückerath, Charlin Sophie Lüttger, Sandra Maras, Clemens Natusch, Maria Odoevskaya, Lilli Otterbach, Paula Schleifenbaum, Leona Scholl, Ines Winkler, diese fantastischen Zwölf, zeigen: Wir sehen unterschiedlich aus, bewegen uns unterschiedlich, sind aber ein unverzichtbares Team.
„Der Weg zurück“ im Bruchwerk Theater wird am 14. Mai um 19.30 Uhr wiederholt.
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