Kreuztal/Hilchenbach. Die Route 57 heißt jetzt „57-verbinden“. Hier steht, wie weit die Planung für jeden der sechs Abschnitte der neuen Straße ist.

Dass die Route 57 – von Straßen NRW jetzt „57-verbinden“ genannt – von Kreuztal nach Erndtebrück gebaut werden soll, war über einige Jahre keine Frage mehr. Die „Geschlossenheit der Region“ sei wichtiger als ein Wahlausgang, sagte CDU-Fraktionschef Hermann-Josef Droege ein paar Tage vor der Bundestagswahl im Kreisausschuss, der sich in Bad Berleburg durch Vertreter des Landesbetriebs Straßen NRW über den Stand der Planung informieren ließ.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

„Es geht mehr um das ‚Wie“‘ der Planungen als um das ‚Ob‘“, wird ein Teilnehmer der digitalen Infomesse zitiert. Die Erwiderung des Landesbetriebs war vorsichtig, als jemand nachfragte, ob die Ortsumgehungskette auf jeden Fall gebaut wird: „Eine baureife Straße kann nicht garantiert werden, da sie von der Rechtsprechung und politischen Entwicklungen abhängig ist. Wenn sich die Direktiven ändern, ist Straßen.NRW dazu angehalten, diesen zu folgen.“

+++ Lesen Sie auch: CDU und SPD sehen Route-57-Planung im „Hamsterrad“ +++

Es gibt Widerspruch: Die Grünen sind nicht einverstanden

Im Protokoll des Kreisausschusses ist die Zustimmung der Fraktionschefs von CDU und SPD dokumentiert, aber auch der Einwand der Linken, dass der laufende Ausbau der B 508 für Kreuztal und Hilchenbach ausreichend sei. Laura Kraft (Grüne), inzwischen Bundestagsabgeordnete, widerspricht den Plänen für die Route 57: „Mit der anstehenden Wahl bestehe die Chance auf ein neues Ministerium mit neuen Ideen“, heißt es im Protokoll des Kreisausschusses. Auch die Landtagswahl im Mai 2022 könnte Anlass für eine neue Diskussion geben. Sollte es danach zu einer Regierungsbeteiligung der Grünen kommen, könnten das – wie schon bei der letzten rot-grünen Landesregierungen – Konsequenzen für das Vorhaben haben.

Bei der digitalen Infomesse, die insgesamt von rund 1000 Menschen besucht wurde, und in der letztern Sitzung des Kreisausschusses hat der Landesbetrieb den aktuellen Stand von „57-verbinden“ dargestellt: 25 Kilometer Straße, bestehend aus vier Ortsumgehungen und zwei Ausbaustrecken etwa 30 Teilnehmenden die aktuelle Entwicklung von 57-verbinden erörtern.

Acht dürfen mitreden

Für das Dialogforum, das im Frühjahr beginnt, wurden acht freie Plätze für die Bürgerschaft verlost. Ein Mann aus Kreuztal, ein Mann aus Bad Berleburg, zwei Männer aus Hilchenbach, je eine Frau aus Bad Laasphe, Siegen, Netphen und Erndtebrück werden neben den Vertretern der verschiedenen Interessengruppen zu jährlich zwei Zusammenkünften eingeladen, bei denen die insgesamt etwa 30 Teilnehmenden die aktuelle Entwicklung von 57-verbinden erörtern.

Südumgehung Kreuztal

2,5 Kilometer dreispurige Straße verbinden die HTS bei Buschhütten mit der B 508 am Ortsausgang von Ferndorf. Die Straße zweigt –in Fahrtrichtung Kreuztal – hinter der Anschlussstelle Buschhütten ab und führt durchs Mattenbachtal und über die Höhe zwischen Kilgeshahn und Mühlenkopf hinüber ins Ferndorftal. Mit 22.000 Fahrzeugen in 24 Stunden wird dieser Abschnitt von 57-verbinden der am stärksten belastete sein. Die Kosten werden auf 45,7 Millionen Euro geschützt. Sieben Brücken werden gebaut, davon zwei als Überquerung der neuen Bundesstraße. Im Ferndorftal wurde bereits der Damm zwischen zwei Brücken über Ferndorf und Bahnlinie teilweise angeschüttet, außerdem wurden von Regenrückhalte- und Regenklärbecken gebaut.

Die L 729 führt von Unglinghausen herunter nach Kredenbach ins Ferndorftal. Ob sie an die neue B 508 angebunden wird, wird derzeit untersucht.
Die L 729 führt von Unglinghausen herunter nach Kredenbach ins Ferndorftal. Ob sie an die neue B 508 angebunden wird, wird derzeit untersucht. © Straßen NRW | Straßen NRW

Der Planfeststellungsbeschluss wurde 2017 erlassen, er ist aber nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom Februar 2021 nicht vollziehbar. Der Landesbetrieb muss neue Ausgleichs- und Ersatzflächen für den Eingriff in Natur und Landschaft darstellen, damit der Reit- und Fahrverein Kindelsberg, der gegen die Planfeststellung geklagt hatte, mit seiner Reitanlage auf dem Hubensgut nicht in seinem Bestand gefährdet wird. Derzeit wird die Ausführungsplanung für diesem am weitesten vorangetriebenen Abschnitt von 57-verbinden erstellt. „Nun wird intensiv beraten, inwiefern der Planfeststellungsbeschluss ergänzt werden kann, damit der Neubau vollziehbar ist“, heißt es vom Landesbetrieb. Projektleiter Kevin Lass rechnet damit, dass der Änderungsvorschlag noch in diesem Jahr vorgelegt wird; dann folgt eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung.

Ortsumgehung Ferndorf

Die Ortsumgehung Ferndorf – so wird sie in den Planunterlagen genannt – ist das sechs Kilometer lange Verbindungsstück von der Südumgehung Kreuztal bis zur L 728 in Allenbach. Erwartet wird eine Verkehrsbelastung von 17.000 Fahrzeugen in 24 Stunden, die Kosten für die zwei- bis dreistreifige Straße werden auf 67,2 Millionen Euro geschätzt. Für diese wie für die folgenden Ortsumgehungen läuft die Vorplanung mit dem Ziel der Linienbestimmung, der Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung mit dem Ziel der Planfeststellung und schließlich die Ausführungsplanung folgen. Die Ergebnisse der faunistischen Kartierungen bilden die Grundlage des Artenschutzbeitrags, der Teil der Umweltverträglichkeitsstudie wird.

„Zudem wird für den gesamten Streckenzug eine Verkehrsuntersuchung erarbeitet“, berichtet der Landesbetrieb. „Dabei wird unter anderen untersucht, ob ein Anschluss an die in Nord-Süd-Richtung verlaufende L 729 zweckmäßig ist.“

Die alte B 508 soll entlastet werden.
Die alte B 508 soll entlastet werden. © Straßen NRW | Straßen NRW

Anders als noch vor einigen Monaten werden jetzt auf der Übersichtskarte verschiedene Varianten gezeigt: die umstrittene „ortsnahe“ Linie entlang der Bahnstrecke bis zum Allenbacher Kreisel und die von Anfang an diskutierte Linienführung über den Höhenzug, die bereits am Ende des Mattenbachtals von der Kreuztaler Südumgehung abzweigt, eine Anschlussstelle an der L 729 zwischen Kredenbach und Unglinghausen bekommt und auf der Oberbach zwischen Allenbach und Herzhausen an die L 728 anbindet. Die Übersichtskarte sei im Juli 2021 nochmals überarbeitet worden, „da es aufgrund der Darstellung zu Missverständnissen gekommen ist“. Die nun dargestellten Linienführungen seien „eine mögliche Auswahl ohne jegliche Wertung“.

Ortsumgehung Hilchenbach

Die Ortsumgehung Hilchenbach knüpft an die Ortsumgehung Ferndorf an: zum Beispiel unten am Allenbacher Kreisel, um dann an der K 31 nach Grund entlang Höhe aufzunehmen. Oder auf der Oberbach über die Höhe zwischen Insbach- und Dreisbachtal. In der Variantenuntersuchung werde „insbesondere die Anschlusssituation mit der Ortsumgehung Kreuztal-Ferndorf und der L 728 untersucht“, berichtet der Landesbetrieb – soll heißen: ob die Straße mit einer neuen Anschlussstelle über den Berg geführt wird oder im Ferndorftal bleibt. Jeweils etwa 3,7 Kilometer zwei- bis dreispurige Straße werden für prognostizierte 10.000 Fahrzeuge in 24 Stunden ausgelegt. Die Gesamtkosten werden mit 56,7 Millionen Euro angegeben. Ziel dieses Abschnitts ist die B 62 bei der Kronprinzeneiche.

Die B 508 in Hilchenbach: Der Durchgangsverkehr biegt meist schon in Allenbach ab.
Die B 508 in Hilchenbach: Der Durchgangsverkehr biegt meist schon in Allenbach ab. © Straßen NRW | Straßen NRW

Die faunistische Kartierung ist ausgeschrieben. An der Kronprinzeneiche stößt die Straße auf das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) „Rothaarkamm und Wiesentäler“. Daher wird zusätzlich eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich. Im Kreisausschuss fragt Wolfgang Braukmann-Siebel (SPD) nach dem Neubau der B-508-Brücke über die Bahnlinie vor dem Schlossbergtunnel. Dieser, so die Antwort, erfolge unabhängig von 57-verbinden.

Kronprinzeneiche – Lützel

Zwischen August 2014 und Dezember 2019 wurde die B 62 zwischen Kronprinzeneiche und dem Abzweig Eisenstraße am Ortseingang Lützel auf einer Strecke von 1,6 Kilometern mit einem Aufwand von 14,9 Millionen Euro ausgebaut.

Ende 2013 war die Böschung der Straße ein weiteres Mal ins Rutschen gekommen. Der Straßenkörper liegt bergseits in einem Einschnitt und auf der Talseite auf Aufschüttungen, die beim Straßenbau in den Jahren 1831 bis 1834 entstanden sind. Aufgrund der bewegten topografischen Verhältnisse sind dabei sehr steil stehende Böschungen entstanden, unten verläuft in einem weiteren Einschnitt die Rothaarbahn. „Durch fortlaufende kriechende Bewegungen im Untergrund innerhalb der Felsschuttauffüllungen“, so der Landesbetrieb, sowie durch „eine tiefgründige Felsrutschung, welche bereits seit Anfang des letzten Jahrhunderts erkannt und geologisch untersucht“ worden sei, entstanden die Probleme.

Der Abschnitt zwischen  Kronprinzeneiche und Lützel ist bereits ausgebaut.
Der Abschnitt zwischen Kronprinzeneiche und Lützel ist bereits ausgebaut. © Straßen NRW | Straßen NRW

Der Landesbetrieb musste handeln, da nur noch eine Fahrbahn nutzbar war. Aus der „Sanierung" wurde der erste Abschnitt von 57-verbinden. Die Straße wurde in den Berg hinein verschoben und bekam eine neue Trasse. Der Neubau auf einer anderen Linienführung scheidet wegen der FFH-Schutzgebiete aus. Aus diesem Grund bekommt auch Lützel selbst keine Ortsumgehung – einzige Alternative wäre eine Trasse entlang der Bahnlinie gewesen. Kritisiert wurde auf der Infomesse der Verzicht auf einen Fahrradweg. Der habe im talseitigen, nun verlassenen Straßenbereich „aufgrund der geologischen Störung und fortdauernder Untergrundbewegungen“ nicht angelegt werden können, heißt es in der Antwort.

Lützel-Erndtebrück

Eine 3,6 Kilometer lange Ausbaustrecke der B 62 beginnt am Ortsausgang Lützel und führt bis Erndtebrück Grünewald. Die Straße führt vor Altenteich auf einer Brücke über die Rothaarbahn. Zwei Teilabschnitte werden dreistreifig: auf einer Länge von 600 Metern von Altenteich in Richtung Erndtebrück, auf einer Länge von 1200 Metern von Altenteich in Richtung Lützel. Zwischen Lützel und Erndtebrück wird auch ein Radweg gebaut. Die Kosten werden mit 20,2 Millionen Euro angegeben.

Der Bahnübergang bei Altenteich verschwindet, ebenso die Kurve. Die B 62 wird begradigt und auf einer Brücke über die Schienen geführt.
Der Bahnübergang bei Altenteich verschwindet, ebenso die Kurve. Die B 62 wird begradigt und auf einer Brücke über die Schienen geführt. © Straßen NRW | Straßen NRW

2015 gab es eine Bürgerinformationsveranstaltung in Erndtebrück, 2016 eine Informationsveranstaltung zum geplanten Flurbereinigungsverfahren. Bei diesem Verfahren soll der Landverlust, der durch die Straßenplanung verursacht wird, auf eine größere Anzahl Eigentümer verteilt werden. Im Oktober 2019 fand ein zweiter Arbeitskreistermin zur landschaftspflegerischen Begleitplanung statt, in dem mögliche Kompensationsmaßnahmen vorgestellt wurden. Abgestimmt sind mit der Deutschen Bahn die Planungen für die Bahnübergänge Altenteich und Grünewald und mit den Kommunen Erndtebrück und Hilchenbach der Radwegebau. Der Vorentwurf wird derzeit für die Genehmigung durch das Bundesverkehrsministerium vorbereitet, danach folgt das Planfeststellungsverfahren.

Nachdem der Vorentwurf genehmigt worden ist, beginnt die Vorbereitung für das Planfeststellungsverfahren. Im Wege steht allerdings an der Kronprinzenstraße ein Wohnhaus, das im vorigen Jahr als „Abbruchhaus“ mit einem Verkehrswert von einem Euro zur Zwangsversteigerung stand. „Der Landesbetrieb hat im Rahmen seiner Möglichkeiten mitgeboten, den Zuschlag für das Objekt jedoch nicht erhalten“, hieß es dazu auf der Infomesse. Der neue Eigentümer hat das Haus für 10.000 Euro ersteigert und mit einer grundlegenden Renovierung wieder bewohnbar gemacht. „Da die Trasse durch das Gebäude führt, kann bei einer möglichen Klage das Planfeststellungsverfahren verzögert werden“, stellt der Landesbetrieb fest. Letztes Mittel nach dem Gang durch alle Instanzen wäre die Enteignung.

Ortsumgehung Erndtebrück

Bei Grünewald schließt die Ortsumgehung Erndtebrück an, die bei Leimstruth an die alte B 62/B 480 angebunden werden soll. Der Investitionsbedarf für 7,9 Kilometer Straße, auf denen 6000 Fahrzeuge in 24 Stunden erwartet werden, wird mit 82,1 Millionen Euro angegeben. Es laufen Variantenuntersuchungen, die Umweltverträglichkeitsstudie wurde gestartet, 2022 erfolgt zunächst die faunistische Kartierung.

Kreisel in der Ortsmitte von Erndtebrück: Die Meinungen zur Streckenführung von 57-verbinden gehen auseinander. .
Kreisel in der Ortsmitte von Erndtebrück: Die Meinungen zur Streckenführung von 57-verbinden gehen auseinander. . © Straßen NRW | Straßen NRW

Da je nach Variante das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) „Rothaarkamm und Wiesentäler“ im Bereich des Benfetals gekreuzt wird, muss neben der Umweltverträglichkeitsstudie auch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung erstellt werden. „Insbesondere die Anschlusssituation im Westen an die bestehende B 62 im Bereich Erndtebrück-Grünewald stellt unter Beachtung der technischen Richtlinien sowie der naturräumlichen Gegebenheiten eine besondere Herausforderung dar“, stellt der Landesbetrieb fest.

Im Kreisausschuss betont Ingo Menzel, Planungschef bei Straßen NRW in Netphen, „dass der Landesbetrieb aus dem Kreuztaler Verfahren gelernt habe, weiträumiger zu planen und alle Eventualitäten zu berücksichtigen, damit eine gewisse Rechtssicherheit geschaffen werden könne“. Deshalb wurde für die Untersuchung möglicher Trassen ein entsprechend großes Gebiet gewählt.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++