Wilnsdorf. Seit einem Jahr ist Hannes Gieseler Bürgermeister in Wilnsdorf. Anlass genug, um einen Blick auf die zukünftigen Themen der Gemeinde zu werfen.
In der Runde der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist er, knapp vor seinem Amtskollegen Henning Gronau in Erndtebrück, der Jüngste. Allein unter Jungeltern ist der 37-jährige Hannes Gieseler da aber nicht. Neben ihm sind auch Henning Gronau und die Freudenberger Bürgermeisterin Nicole Reschke persönlich ganz nah dran am System von Elternzeit, Tagesbetreuung, Kita und offenem Ganztag. Und natürlich bestimmt das den Blick auf die Themen kommunaler Politik, in die er 2012 als Ratsmitglied eingestiegen ist. 2020 wurde der Rechtsanwalt mit SPD-Parteibuch zum Bürgermeister gewählt. Vor fast genau einem Jahr, am 2. November, trat er sein Amt an.
Die Zeit ist schnell verstrichen. „Vielseitig“, sagt er, sind seine neuen Aufgaben. Vielseitiger als erwartet: Dass zum Amt des Bürgermeisters auch die Mitarbeit in den Gremien der Sparkasse gehört, konnte er sich denken. Die Südwestfalen-IT und den Vorstand im Abwasserzweckverband hatte er weniger im Blick, da musste er lernen: „Ich bin Jurist und kein Ingenieur.“
Bürgermeister in Wilnsdorf: Hannes Gieseler möchte mit den Menschen reden
Das Büro ist eingerichtet, sehr viel weiß, an der Wand farbige Fotografien von Wilnsdorf, das Bild von Willy Brandt hat seinen Platz Platz hinter der Gardine gefunden. „Ich bin im Rathaus gut angekommen", sagt Hannes Gieseler, „meine Tür steht für die Mitarbeiter immer offen.“
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Die Sache mit der Transparenz nimmt Hannes Gieseler ernst, mit Steffen Mues (Siegen) und Walter Kiß (Kreuztal) einer von drei Bürgermeistern im Kreis Siegen-Wittgenstein mit eigenem Wikipedia-Eintrag. Zum Einjährigen stellt er sich auf Facebook mit einer Live-Diskussion der Bürgerschaft – etwa einmal im Vierteljahr macht er das. „Das wird ganz gut angenommen.“
Wilnsdorf: Bürgermeister Hannes Gieseler will Alltagssorgen erkennen
Den Kontakt sucht der Bürgermeister durchaus im eigenen Interesse, nicht nur auf Facebook und Instagram, sondern auch an Ort und Stelle durch den Besuch von Veranstaltungen. „Ich wüsste ja sonst nicht, was vor Ort los ist.“ Es sind die vermeintlichen Kleinigkeiten, auf die es ankommt: In Wilden wurde er zum Beispiel auf die Beschilderung des Autobahnzubringers aufmerksam gemacht, zum Leidwesen der Wildener durch den eigenen Ort statt über Burbach. Damit befasst sich nun die Verkehrsbehörde. Oder die Situation im Wilnsdorfer Einkaufszentrum. „Darauf wurde ich im Rewe angesprochen – ich kaufe ja sonst in Rudersdorf ein.“ Das Ergebnis ist die gerade vom Rat beschlossene Einbahnregelung.
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Nächster Schritt sollen die Ortsteilforen sein, in jedem Ort etwa alle zwei Jahre. „Wir tun das nicht, weil wir zu wenig Arbeit haben“, sagt Hannes Gieseler über diesen Verwaltungseinsatz, „sondern weil wir auch nicht alles sehen.“ Der Bedarf in den Orten, Anliegen an die Gemeinde loszuwerden, sei groß. Am 19. November geht es in Wilden los.
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Wahrscheinlich wird der Bürgermeister auch dort auf zu schnell fahrende Autos angesprochen. Verkehr ist ein großes Thema. Aber nicht nur auf den Fahrbahnen. Sondern auch auf den Gehwegen. „Ohne Ende Fahrzeuge auf den Bürgersteigen, das kann so nicht bleiben.“ Mit Rollstuhl und Rollator kommt man da nicht durch. Auch nicht mit dem Kinderwagen, sagt Hannes Gieseler, der gerade zum dritten Mal Vater geworden ist. Nicht nur deshalb wird er dem Rat vorschlagen, den städtischen Ordnungsdienst zu verstärken.
Neue Verhältnisse
Hannes Gieseler (SPD) hat als Bürgermeister vor einem Jahr Christa Schuppler (CDU) abgelöst. Er gewann die Wahl mit knapp 600 Stimmen Vorsprung. Seit Juni ist Johannes Schneider als Beigeordneter im Amt. Er löste Helmut Eich ab. Der Rudersdorfer Schneider war Wunschkandidat des Bürgermeisters.Im Gemeinderat ist die CDU mit 15 Sitzen stärkste Fraktion. Gegen sie hat sich eine Mehrheit von SPD (10 Sitze), BfW/FDP (5) und Grünen (3) zusammengefunden.
Rund um Wilnsdorf baut die Autobahn Westfalen. Neue Talbrücken – dafür soll die Verbindungsstraße zwischen Rinsdorf und Wilnsdorf für vier Monate gesperrt werden. „Wir setzen uns dafür ein, den Zeitraum zu verkürzen.“ Dann der Einsatz der Bürgerinitiative für Lärmschutz an der künftig sechsspurigen A 45. Und die eigenen Straßen: „Wir haben einige Straßen, die dringend ausgebaut werden müssen. Ich hoffe ein bisschen auf die Landtagswahl.“ Vor allem auf die Abschaffung der Anliegerbeiträge danach.
Wilnsdorf: Das ist die großen Zukunftsthemen in der Gemeinde
Wilnsdorf hat kein Problem, Gewerbeflächen zu füllen, „die Lage an der Autobahn ist einfach gut.“ Schöner wäre es, wenn die Gemeinde irgendwann über die Grundstücke für die längst geplanten Gewerbegebiete Wilden-Nord und Lehnscheid VII verfügen könnte. Auch für Neu-Wilnsdorfer scheint der Ort gut erreichbar: Auf dem Damm in Flammersbach hätte die Gemeinde vier Mal so viele Bauplätze verkaufen können, wie im dem Gebiet unterzubringen sind.
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Das kleine Baugebiet im Dudenbach wird folgen, dann der große Hofacker in Wilgersdorf und die Dörrstruth in Anzhausen. Nach den neuen Richtlinien der Gemeinde bekommen junge Paare und Familien den Vorzug, mit Zisterne und/oder Niedrigenergie können Bewerber Punkte machen. Und das tun sie auch. „Das führt dazu, dass die Leute ökologischer bauen. Wir haben ein starkes Steuerungsinstrument geschaffen, und das freut mich.“
Wilnsdorf: Rad- und Bahnverkehr wird auch in Zukunft eine Rolle spielen
Noch einmal Verkehr: Die Anbindung der abgelegenen Ortschaften bleibt Herausforderung. Mit dem Bahnhof Rudersdorf kann die Gemeinde allerdings wuchern – nicht nur, weil der ihr neuerdings gehört. Gastronomie und Kultur könnten diesen Verknüpfungspunkt von Straße und Schiene noch attraktiver machen, „sobald es ein Förderprogramm gibt, greifen wir zu.“ Auf dem Gelände neben dem Bahnhof könnten weitere Stellplätze angelegt werden. Und dann wäre es eine Überlegung, den Busverkehr nicht mehr auf Siegen, sondern auf den Kernort Wilnsdorf und den Bahnhof Rudersdorf auszurichten. „Mit dem Zug ist man viel schneller in Siegen.“ Niederdielfen würde eine ähnliche Chance bieten, im Planungsprogramm steht die Wiedereinrichtung des Haltepunktes längst. „Das Problem ist, dass wir da keine Grundstücke mehr haben“, bedauert der Bürgermeister. Alles verkauft.
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Und das Fahrrad? Klar, sagt Hannes Gieseler, die Wege werden attraktiver gemacht. Aber das Auto werde die Zweiräder wohl nicht verdrängen. Jedenfalls nicht im Alltagsverkehr, abgesehen von den steigungsfreien Verbindungen wie nach Eisern oder durchs Weißtal nach Kaan. „Nur die Härtesten fahren mit dem Rad zum Einkaufen von Dorf zu Dorf.“ Unter dem Strich bleibt der Verkehr das große Thema. Das Miteinander von Auto und schwächeren Verkehrsteilnehmern, sagt Hannes Gieseler, „ist der Konflikt der Zukunft“. Den würde er, unter dem Gesichtspunkt von Sicherheit und Geschwindigkeiten, in Wilnsdorf gern angehen. „Der Straßenraum ist nicht ausschließlich für die Autos da.“ Je früher man gegensteuert, desto besser. Denn „mit jeder Baumaßnahme verfestigt sich die Situation.“ Begonnen hat seine Verwaltung schon, mit der Stellplatzsatzung, die das Parken teuer macht.
Wilnsdorf: „Die Erwartungshaltung an einen Bürgermeister ist eine andere“
Wer kleine Kinder hat, denkt anders an die Zukunft. Die neue Grundschule Wilnsdorf ist so ein Vorhaben, in der die Räume ganz anders aufgeteilt sind als in den Schulbauten des vorigen Jahrhunderts. Gerade ist der Vertrag mit dem Architekten abgeschlossen worden, der auch den Architektenwettbewerb gewonnen hat. „Ein Projekt in dieser Größenordnung hatte Wilnsdorf lange nicht mehr.“
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Wenn man ihn fragt, erzählt Hannes Gieseler ein bisschen. Dass er früh aufsteht, um mit dem großen Sohn – er ist 16 – noch zu frühstücken, bevor der um 7 aus dem Haus muss. Dass er mit dem Kleinen morgens in den Kindergarten läuft. Das dauert dann statt fünf Minuten eine halbe Stunde – Familienzeit. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die er auch für die Rathausmannschaft für selbstverständlich hält, muss der Bürgermeister mit sich selbst aushandeln.
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Von der neuen Dienstvereinbarung über mobiles Arbeiten wird er selbst Gebrauch machen, hin und wieder einen Nachmittag zu Hause arbeiten. Und Elternzeit? Hannes Gieseler schüttelt den Kopf. Zwei Monate abtauchen? Das verträgt sich nicht mit dem Amt. „Die Erwartungshaltung an einen Bürgermeister ist eine andere als an den Geschäftsführer eines Unternehmens.“ Um das zu lernen, brauchte Hannes Gieseler allerdings viel weniger als ein Jahr.
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