Wilnsdorf. Niederdielfens Ortsmitte soll sich entwickeln können. Im Moment gibt es eine Reihe von Gründen, warum das nicht geht. Der Rat streitet darüber.

Die Bebauungspläne für die Niederdielfener Ortsmitte werden „ruhend gestellt“ und erst wieder aufgegriffen, wenn dies „zur städtebaulichen Neuordnung der Ortsmitte sowie der weiteren Entwicklung im Bereich der Siegener Straße hilfreich oder erforderlich erscheint“ – soll heißen: wenn die Erweiterung des Rewe-Marktes am Lindenplatz oder dessen Umzug in die Siegener Straße ansteht oder sich Bebauungsmöglichkeiten in der Ortsmitte eröffnen.

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Diesem Vorschlag der Verwaltung ist der Rat bei zwei Gegenstimmen der Grünen gefolgt. Der Antrag von Grünen und BfW/FDP, die insgesamt vier Verfahren endgültig zu beenden und die dazu gefassten Beschlüsse aufzuheben, wurde mit 30 gegen vier Stimmen abgelehnt.

Der Bürgermeister

Bürgermeister Hannes Gieseler hatte dafür geworben, dass die Gemeinde sich Optionen wie Veränderungssperren und Vorkaufsrecht erhält – das geht nicht ohne die zugehörige Bauleitplanung. Gieseler stellte dar, wie aus dem Wunsch der Neugestaltung des als „Schandfleck“ bezeichneten Ortskerns im Jahre 2014 eine großflächige Planung wurde, die „durchaus Konfliktpotenzial“ aufweise.

Am Lindenplatz ist der Lebensmittelmarkt angesiedelt. Die fehlenden Erweiterungsmöglichkeiten machen Sorgen.
Am Lindenplatz ist der Lebensmittelmarkt angesiedelt. Die fehlenden Erweiterungsmöglichkeiten machen Sorgen. © Jürgen Schade | Jürgen Schade

Mit einer Vergrößerung des Rewe-Marktes und der Ausweisung von weiteren Bauplätzen wären Parkplätze, Zufahrten und schließlich die Verlegung der Dielfe erforderlich geworden. Dem stünden Hochwasserschutz und das Vorkommen des geschützten Ameisenbläulings – und die Tatsache, dass die Grundstücke für die Gemeinde nicht erschwinglich seien. Eine Verlegung der Dielfe in ein tiefes Bett würde die Hochwassergefahr bachabwärts verlagern. „Schon beim letzten Mal stand das Wasser fast im Kindergarten.“ Insgesamt würde die Erschließung des Gebietes teuer: Gieseler sprach von einem siebenstelligen Betrag. „Die Frage, wer die Kosten trägt, ist nie beantwortet worden“, sagte der Bürgermeister. Anlass für eine Initiative der Gemeinde, auf den Rewe-Standort Einfluss zu nehmen, gebe es nicht: „Das ist letztlich eine Entscheidung des Einzelhändlers. Die Gemeinde hat in keiner Weise vor, ihn irgendwohin zu treiben.“

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Der Gemeinderat

Ortsvorsteher Olaf Withake (CDU) widersprach Hinweisen, das Ortsmitte-Problem dadurch zu lösen, den Lebensmittelmarkt an die Siegener Straße zu verlagern – dort stünde das Gelände des bisherigen Getränkemarktes zur Verfügung. Damit unterbleibe die „notwendige und durchaus auch mögliche Entwicklung“ für Niederdielfen. Es gehe um den historischen Ortskern, der so „komplett zur Seite gedrängt“ werde. „Die jetzt zu beobachtenden Verfallserscheinungen werden verstärkt in den Vordergrund treten.“ Die Niederdielfener hätten kein Interesse an einer Verlagerung des Ortskerns Richtung Siegener Straße und Grund- und Realschule. Diese Vorstellung der Grünen sei „absurd“. Nötig sei eine „umfassende Planung“ für die Ortsmitte. Oliver Eßlinger (CDU) sprach sich für den Vorschlag des Bürgermeisters aus. So könne die Gemeinde „in Ruhe nach einer zukunftsorientierten Lösung suchen. Die Chancen sind immens.“

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Andreas Klein (BfW/FDP) riet, „der Realität ins Auge zu sehen“. Der Rewe-Markt sei einst „mitten in den Ortskern gesetzt“ worden, ohne Erweiterungsmöglichkeiten zu berücksichtigen: „Es nützt nichts, wenn wir weiter über Wunschdenken reden.“ Es sei ein Fehler, die Planung der Ortsmitte mit dem Lebensmittelmarkt zu verbinden. Sollte der umziehen, werde für das Gebäude „eben eine andere Lösung“ zu finden sein. Klein erinnerte an die Aldi-Schließung in Rudersdorf: „Die haben ruck-zuck den Laden zugemacht." Inzwischen ist der Gemeinde dort die Wiederansiedlung eines Netto-Marktes gelungen.

Um die Mittelstraße ging es zu Beginn der Planungen 2014 – später wurde viel mehr daraus.
Um die Mittelstraße ging es zu Beginn der Planungen 2014 – später wurde viel mehr daraus. © Jürgen Schade | Jürgen Schade

Ekkehard Blume (Grüne) war der CDU-Fraktion vor, „über sechs Jahre ein Planungsmonster“ erzeugt zu haben: „Alles, was jetzt an Problemen auftritt, haben wir damals schon vorausgesehen“. Nun auf ein „biologisches Ende“ der Hindernisse beim Grunderwerb hinzuarbeiten, sei „ein starkes Stück“. Die Diskussion habe ohnehin schon „persönliche Missstimmungen“ in Niederdielfen bewirkt. „Wer hat das eigentlich angezettelt?“, fragte Matthias Lohmann (Grüne). Gabriele Wagener (CDU) reagierte verärgert: „Der Ton, der uns gegenüber angeschlagen wird, ist nicht hinnehmbar.“ Olaf Withake (CDU) wandte sich ebenfalls an Ekkehard Blume: „Ihre Worte prallen an mir ab“, sagte der Niederdielfer Ortsvorsteher, „Sie sind ja Oberdielfer...“

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Stefan Dohme (SPD) sprach sich dafür aus, die Planverfahren nicht ganz aufzugeben: „Das gibt uns die Möglichkeit, Niederdielfens Ortsmitte weiterzuentwickeln.“ Von den weit in die Dielfe-Talaue hineinreichenden Planungen werde die Gemeinde sich verabschieden müssen – das werde auch die gerade veröffentlichte Starkregen-Gefahrenkarte für diesen Bereich zeigen. „Es gibt manchmal unüberwindbare Fakten.“

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