Wilnsdorf. Neues Grünland: Als Ausgleich für den Neubau der Autobahnbrücken Rinsdorf und Rälsbach investiert die Autobahn GmbH in Natur- und Artenschutz.
Nach kurzer Fahrt durch einen zerfurchten Waldweg öffnet sich der Blick auf eine große Wiese. Von Autobahn ist hier nichts zu sehen und doch führt Christoph Geck, Landschaftsplaner der Autobahn Westfalen, zu einem Stück Grün, das quasi zur A 45 gehört. Eine Ausgleichsfläche, die die Autobahn Westfalen für Aus- und Neubauprojekte angelegt hat. In diesem Fall für den Bau der Talbrücken Rinsdorf und Rälsbach.
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Blütenmeer schon nach einem Jahr
Kompensationsmaßnahmen gehören bei Aus- und Neubau von Infrastrukturprojekten zwingend dazu. Eingriffe in Natur und Landschaft müssen ausgeglichen werden – teilweise schon bevor der erste Spatenstich getan ist. Für die Nutzer der Fernstraßen bleiben diese grünen Aspekte des Autobahnbetriebes allerdings oft unsichtbar. Zwar gibt es Grünbrücken, die über die Autobahn führen und Lebensräume vernetzen, oder Beweidungsprojekte, bei denen Rastplatzbesucher auch schon einmal einen Blick auf zottelige Mutterkühe und Kälber erhaschen können. Viele der Ökoprojekte werden aber abseits der Strecken verwirklicht. Und sind so unscheinbar wie die Wiese im Siegerland.#
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„Vor knapp einem Jahr stand hier noch ein Fichtenwald. Jetzt ist diese Fläche vom Rest der Wiese kaum noch zu unterscheiden“, freut sich Christoph Geck. Dass an dieser und anderen Stellen artenarmer und durch den Klimawandel bedrohter Fichtenwald ersetzt wird, sieht auch der Landschaftsplan der Gemeinde Wilnsdorf vor. Statt dunkler Fichtenbestände ohne Unterholz soll sattes Grün geschaffen werden. „Wir haben sehr kooperativ mit der Naturschutzbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein zusammengearbeitet“, sagt der Landschaftsplaner der Autobahn Westfalen. Autobahn-Bau und Naturschutz sind so eng verzahnt. In den Naturschutzgebieten „Grube Neue Hoffnung“ und „Weißbachtal“ finden sich bereits große zusammenhängenden Grünlandbereiche, die Autobahn-Flächen kommen nun dazu und tragen einen weiteren Teil zum Arten- und Naturschutz bei.
Ausgleichsflächen-Kataster
Die Autobahn Westfalen erstellt derzeit ein Kataster aller Ausgleichsflächen. Dabei werden vorhandene Daten aus NRW durch Flächen in Niedersachsen und Hessen, die ebenfalls zum Aufgabengebiet der Autobahn Westfalen gehören, ergänzt.
Bei der Autobahn Westfalen gibt es derzeit für die in NRW liegenden Strecken der Niederlassung 155 Projekte mit 1400 Hektar Kompensationsflächen. Davon sind 550 Hektar Wald, 120 550 Hektar Hecke/Feldgehölz, 580 550 Hektar Extensivgrünland und 135550 Hektar so genannte Sukzessionsflächen (Flächen, die der natürlichen Entwicklung überlassen werden).
Während ein Jahr nach dem Einschlag und der ersten Aussaat die Natur noch Zeit für die Entwicklung der ursprünglichen Vielfalt braucht, offenbart sich an anderer Stelle beim näheren Hinsehen bereits der Wert der Maßnahmen: Schmetterlinge, Bienen und Hummeln tummeln sich an den Blüten von Kleinem Klappertopf, Stinkendem Storchenschnabel, Wiesen-Platterbse, Sumpf-Hornklee, Vogelwicke, Witwenblume oder Mädesüß. Im Frühjahr blüht das Gefleckte Knabenkraut – eine geschützte Orchideen-Art – auf der Fläche, jetzt im Sommer sind die Blütenstände unscheinbar grau-braun.
In Wilnsdorf: Saatgut entsteht an Ort und Stelle
„Was sich hier in kurzer Zeit an Vielfalt etabliert hat, ist bemerkenswert“, staunt selbst der Experte und freut sich, dass die renaturierten Flächen nicht nur Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten, sondern auch nachhaltig für Nachschub an Saatgut sorgen. Denn die Wiesen liefern schon nach kurzer Zeit so genanntes Regiosaatgut. Ein seltenes Gut, das eine hohe Nachfrage auch bei der Autobahn GmbH genießt. Denn das Gesetz sieht vor, dass neu angelegte Flächen nur noch mit Sämereien aus der Region bepflanzt werden dürfen. Die Pflege der Wiesenflächen hat die Autobahn Westfalen in die Hand des Landwirts gelegt, der eben dieses Saatgut produziert und auch für die Umwandlungsflächen geliefert hat.
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Auf insgesamt zehn Flächen sind für den Ausgleich der im Spätsommer 2020 zunächst die vorhandenen Fichten eingeschlagen und abtransportiert worden. Nach dem Einschlag sind die Flächen mittels einer Forstfräse eingeebnet worden. Anschließend wurde eine fünf Zentimeter dicke Schicht von Kompost aufgebracht. Durch die Fichten sind die Böden der Flächen mit den Jahren sauer und nährstoffarm geworden. Durch den Kompost wird das Bodenleben angeregt.
Auf den so vorbereiteten Flächen ist sogenanntes Regio-Saatgut aufgebracht worden. Im Winter 2021 sind die Flächen zusätzliche mit Kalk bestreut worden, um den sauren PH-Wert anzuheben und die Entwicklung des Grünlandes weiter zu fördern. Nach der ersten Mahd im Spätsommer 2021 wurde das Mähgut auf den Flächen verteilt, um die Etablierung des Grünlandes abzuschließen. Kosten insgesamt: 200.000 Euro.
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