Siegen-Wittgenstein. Wie der Nahverkehr in Siegen-Wittgenstein besser werden soll und was man dazu mit Mobilfunk-Bewegungsdaten anfangen kann.

Öffentlicher Nahverkehr in Siegen-Wittgenstein soll besser werden. Mit zwölf gegen zwei Stimmen hat der Verkehrsausschuss des Kreistags Leitlinien für den nächsten Nahverkehrsplan beschlossen.

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Den Antrag, der über den Vorschlag der Kreisverwaltung hinausgeht, hatten SPD, CDU und Grüne eingebracht. Sicher sei das ein „Wunschkonzert", räumte Martin Achatzi (CDU) ein. „Wir haben immer beklagt, dass wir im ländlichen Raum zu wenig Angebot haben“, erinnerte Ottmar Haardt (SPD). Manche Ortschaften seien nur noch durch Schulbusse erschlossen. Dem müsse nun entgegengewirkt werden. „Wir müssen in den ÖPNV investieren“, forderte Thomas Börger (Grüne). Markus Böhmer (SWM) plädierte dafür, „von zu großer Euphorie abzusehen“. Markus Nüchtern (FDP) nannte es „unverantwortlich“, bis in die Nacht hinein leere Busse durch die Region zu schicken.

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Taktverkehr: Im Kernraum Siegen alle 15 Minuten

Von 4 bis 23 Uhr sollen Busse werktags überall im Stundentakt fahren. Davon abweichend soll auf der Hauptachse Siegen-Kreuztal-Netphen-Freudenberg soll von 6 bis 20 Uhr ein 15-Minuten-Takt, von 20 bis 1 Uhr ein 30-Minuten-Takt gelten. Für die Verbindung Siegen-Neunkirchen wird ein 30-Minuten-takt gefordert. Sonntags soll das Angebot auf einen 120-Minuten-Takt von 8 bis 23 Uhr ausgedünnt werden, auf den Hauptachsen auf einen 30-Minuten-Takt von 6 bis 24 Uhr.

Nonstop Wittgenstein

Im Papier der drei Fraktionen wird außer der Verlängerung der Kölner S-Bahn bis Siegen auch ein mindestens vier Mal täglicher Regionalexpress Siegen-Bad Berleburg gefordert. „Ich hätte das nicht reingeschrieben“, wandte ZWS-Geschäftsführer Günter Padt ein, „das bedeutet für die Bevölkerung kleinerer Ortschaften, dass der Zug bei ihnen ohne Halt durchfährt.“

Von den Fahrgästen werde das „gar nicht nachgefragt“, wandte Markus Nüchtern (FDP) ein. Er erinnerte an Überlegungen, wieder ein Verkehrsunternehmen in Kreis-Regie zu bringen – vor diesem Hintergrund sei die Verteuerung des Angebotes „fahrlässig“. Günter Padt, Geschäftsführer des Zweckverbandes Personennahverkehr (ZWS) berichtete von weitergehenden Überlegungen: „Wir sind dabei, die Hauptachsen neu zu definieren.“ Um herauszufinden, von wo nach wo die Menschen überhaupt unterwegs sind, sollen Mobilfunk-Bewegungsdaten ausgewertet werden.#

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On Demand: Besser als Taxibus

Nur noch „so lange wie nötig“ soll der Taxibus – der dann nach Fahrplan fährt, wenn er vorher bestellt wird – Zeiten und Orte mit geringer Nachfrage bedienen und dort den Linienbus ersetzen. Die drei Fraktionen wählen den neuen Oberbegriff „On-Demand-Angebote“: Es gibt keinen Fahrplan und keinen festgelegten Fahrweg, die Touren von Kleinbus oder Pkw werden nach den per App von den Fahrgästen gestellten Anfragen koordiniert. Ein Beispiel ist „Molly“ in Lennestadt, wo Privatleute Mitfahrten im eigenen Pkw anbieten. In der Sitzung vorgestellt wurde „Helmo“ im Kreis Soest, wo ein Mercedes Sprinter auf Anforderung die bestehenden Haltestellen ansteuert.

Mobilstationen: Die Städte wollen mehr

Die Verknüpfung von Bus und Bahn soll an Mobilstationen erfolgen, die mit Fahrgastinformationssystemen, Fahrradboxen und - abstellmöglichkeiten und Wegweisern ausgestattet werden. Die Suche nach einem westfalen-einheitlichen Schließsystem für die Fahrradboxen hatte den Ausbau verzögert Im November werden die ersten Mobilstationen fertig werden, erfuhr jetzt die ZWS-Verbandsversammlung, zunächst eine pro Stadt und Gemeinde, an den Bahnhöfen oder – wo es keinen Bahnanschluss gibt - an den zentralen Bushaltestellen. Bei ZWS liegen Wünsche nach weiteren Mobilstationen vor: Die Stadt Siegen möchte außer den ZOBs in Siegen und Weidenau auch den ZOB in Geisweid berücksichtigt wissen, die Stadt Kreuztal außer dem Bahnhof auch den Busbahnhof Ernsdorf, die Haltestellen Mitte und Kaufcenter, und auch Netphen und Freudenberg wünschen sich zweite Standorte. In Neunkirchen wird die Einrichtung der Mobilstation am Rathaus verschoben, um die Umgestaltung der Ortsmitte abzuwarten. Die Gesamtinvestition wurde 2021 mit 4,11 Millionen Euro beziffert.

Außerdem: Paketanlieferung im Linienbus?

In ihrem Papier fordern die drei Fraktionen Busspuren in Siegen, Kreuztal, Netphen, Freudenberg und Hilchenbach.

Um Erträge zu erzielen, sollen auch „weitere Nutzungsmöglichkeiten der Busse durch Dritte“ geprüft werden; konkret genannt werden Paketdienste wie DHL und UPS.

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Gegen „Zugangshemmnisse“ sollen das elektronische Fahrgeldmanagement („Einsteigen und Losfahren“) und Flatrate-Tarife wie das Schüler-  und das Semesterticket helfen. So könnte es auch Familien- und Seniorentickets geben.

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