Meschede. Tragödie in St. Martin: Deutscher Skipper durch Querschläger tödlich verletzt. Ein unerwarteter Abschied erschüttert seine Partnerin.

Was Stephi Tillmann im Sommer 2024 erlebt hat, lässt sich kaum in Worte fassen. Ihr Freund starb in ihren Armen, nachdem er auf der Karibikinsel St. Martin von einem Querschläger getroffen wurde. Nach einigen Wochen in Deutschland, ist die Meschederin nun wieder in die Karibik zurück gekehrt. Auch ihr verstorbener Freund kam gebürtig aus Meschede. Das Schicksal des Paares bewegte im Sommer viele Menschen.

An Schussverletzung gestorben

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Ihr Freund Chris wurde am Abend des 31. Mai 2024 in einer Tankstelle auf der Karibikinsel St. Martin von einer tödlichen Kugel getroffen. Die Kugel war laut Gendarmerie nicht für den 41-jährigen Mescheder bestimmt. Es war ein Querschläger.

Bestattung von Christian Vogel
Für die Trauer feier wurden Flyer auf der Insel verteilt.  © WP | Privat

Stephi Tillmann stammt wie ihr verstorbener Freund Christian Vogel aus Meschede. Sie war unsicher, ob sie ihre Geschichte so öffentlich erzählen möchte. „Aber Chris war eine Rampensau. Ihm hätte das gefallen. Er liebte die große Bühne.“ Über den Bericht, der vor zwei Jahren in dieser Zeitung über sein Leben als Skipper in der Karibik erschienen war, sei er super stolz gewesen. Im Interview erzählte er damals auch, wie die beiden sich kennengelernt hatten.

Zufällige Begegnung auf einem Parkplatz

Es war eine zufällige Begegnung, damals während der Corona-Pandemie auf dem Parkplatz einer Tierhandlung in Meschede. Es gibt gewiss romantischere Orte für eine erste Begegnung, aber die Liebesgeschichte, die dort ihren Anfang nahm, könnte romantischer kaum sein.

„Und jetzt bin nur noch ich. “

Stephi Tillmann

31. Mai, Gas Station, Sandy Ground. Am Abend geht es ihr nicht so gut. Chris hatte tagsüber gearbeitet und schon etwas fürs Abendessen eingekauft. Er trägt die Tüten. „Komm‘ wir setzen uns eben noch zu den Jungs an den Tisch und rauchen eine. Dann gehen wir nach Hause“, muntert er sie auf.

„Das ist meine Lady und mein bester Kumpel“, hatte Chris immer gesagt, wenn er seine Freundin vorstellte. Diese besondere Verbindung spürten auch andere, davon ist Stephi Tillmann überzeugt. „Wenn wir irgendwo zu zweit am Tisch saßen, war der Tisch nachher voll mit Menschen und es wurde laut und viel gelacht.“ Chris hatte eine besondere Ausstrahlung. Auf der Insel waren sie bekannt. Er, der große Typ mit den Dreads, und sie, die kleine Blonde daneben. „Und jetzt bin nur noch ich“, sagt sie traurig.

31. Mai, Gas Station, Sandy Ground. Mehrere Hunde bellen und springen auf. Sie haben die maskierten Täter gewittert. Auch der Pflegehund der Deutschen läuft los, während der andere, Schäferhund Carlo, ruhig unterm Tisch liegen bleibt. Dann passieren mehrere Dinge gleichzeitig: Chris steht auf und ruft den Hund zurück. Andere rufen: „Attack, attack!“ Und dann kommt der Knall.

Christian Vogel aus Freienohl lebt in der Karibik auf der Insel St. Martin.
Christian Vogel aus Freienohl lebt in der Karibik auf der Insel St. Martin. © WP | Christian Vogel

Kein Heiliger

„Du machst einen besseren Menschen aus mir“, hatte er immer gesagt, denn er hatte in seiner Vergangenheit „schon viel Scheiß‘ gebaut“. Er war gewiss kein Heiliger. „Wenn er mir die krassen Geschichten von früher erzählt hat, konnte ich es kaum glauben, weil er zu mir so lieb war. Sein Ziel war es, mich jeden Tag glücklich zu machen“, erzählt Stephi Tillmann. Auch wenn er manchmal eine Arroganz an den Tag legte, mit der er sie zur Weißglut trieb. „Im nächsten Moment packte er mich und sprang mit mir ins Wasser. Dann musste ich wieder lachen und alles war gut.“ Nach einer Pause fügt sie hinzu: „Wir waren so gut zusammen.“ Momentan wohnt sie bei Freunden auf einem Schiff. „Ich kann von hier unser Boot sehen.“

„Zu den Einzelheiten der Ermittlungen kann ich Ihnen derzeit keine weiteren Informationen geben, da es noch keine festgenommenen Täter gibt.“

Staatsanwalt Xavier SICOT, Basse-Terre

1. Juni 2024, aus der E-Mail vom zuständigen Staatsanwalt Xavier SICOT: „Ein 41-jähriger Mann deutscher Abstammung ist am Freitag, den 31. Mai, in ST MARTIN an den Folgen einer Schussverletzung verstorben. Die Gendarmerie de ST BARTHELEMY/ST MARTIN hat die Ermittlungen wegen Mordes, dem ein anderes Verbrechen vorausgegangen ist, eingeleitet. Zu den Einzelheiten der Ermittlungen kann ich Ihnen derzeit keine weiteren Informationen geben, da es noch keine festgenommenen Täter gibt.“

Arbeit als Skipper aufgeben

Ausgewandert in die Karibik
Chris wollte ihr in den nächsten Wochen das Segeln beibringen, doch dann kam alles anders. © WP | Privat

Chris hatte der Meschederin ein Leben gezeigt, von dem sie vorher nur geträumt hatte. Blaues Wasser, weiße Strände, Palmen, Sonnenuntergänge, Wärme, Zuneigung und Lebensfreude pur. Vor zweieinhalb Jahren war sie ihm in die Karibik gefolgt. Er gab den Job als Skipper auf. Denn dann hätte er immer ein paar Tage am Stück auf See bleiben müssen. „Ich kann nicht so lange von dir getrennt sein. Das halte ich nicht aus“, hatte er gesagt. Er übernahm fortan Mechanikerjobs.

Hurrikan-Saison beginnt

Auf St. Martin beginnt gerade die Hurrikan-Saison. Deshalb wollte das Paar in drei Wochen Segel setzen und den Rest der Karibik erkunden. „Er wollte mir das Segeln beibringen.“ Bis hoch zu den Bahamas fahren. Denn dort gibt es eine Insel, wo man mit Schweinen schwimmen kann. „Wenn Du mit Schweinen schwimmen willst, dann schwimmen wir mit Schweinen“, hatte er gesagt.

Ausgewandert in die Karibik
Er der große mit den Dreads, sie die kleine Blonde daneben: „Und jetzt bin nur noch ich.“ © WP | Privat

2. Juni, Freienohl. Aus einem rührenden Nachruf eines Jugendfreunds für „Vogel“, wie viele ihn nannten: „Ich versuche daran zu denken, was Du gemacht hättest, wenn Du einen guten Freund verloren hättest, und nach kurzer Zeit weiß ich, wir hätten Tränen und Bier vergossen, bis Du uns alle wieder zum Lachen gebracht hättest. Jeder sollte einen Freund wie Dich haben, wir hatten das Glück!“

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Über den Tod hatten Stephi und Chris vor längerer Zeit mal gesprochen. Es waren „Wenn-Dann-Sätze“, Sätze, die in weiter Ferne lagen. „Aber wenn, dann möchte ich verbrannt und im Ozean verstreut werden“, hatte er gesagt. „Diesen letzten Wunsch möchte ich ihm erfüllen. Wir werden ihm einen schönen Abschied bereiten.“ In den Bars auf St. Martin werden sogar schon Spenden für diese Feier für den „gentle giant“ (den sanften Riesen) gesammelt.

Der Zylinder wurde zu seinem Markenzeichen.
Der Zylinder wurde zu seinem Markenzeichen. © WP | Christian Vogel

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31. Mai, Gas Station, Sandy Ground. Der Maskierte mit der Waffe hat die schmale Statur eines Jugendlichen. Er schießt auf den Boden, vermutlich in Richtung der bellenden Hunde. Die Kugel streift einen Mann am Bauch und trifft Chris am Kopf. Er liegt am Boden. Unter dem schwarzen Zylinder, den er immer getragen hat, klafft eine Wunde. Sie rennt zu ihm. „Atme! Lass mich nicht allein!“, schreit sie und hält seine Hand. Es sind Minuten, die sich wie Stunden anfühlen.

„Meine Hand passt so gut in Deine“, hatten sie immer gesagt.

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