Lendringsen. Trost in schlimmer Zeit: Verein „Sternenzauber & Frühchenwunder“ hilft Eltern, deren Baby vor, während oder kurze Zeit nach der Geburt stirbt.

Im Wohnzimmer von Mandy Diezel liegt auf einem Tisch ausgebreitet Babykleidung. Es sind allerdings keine normalen Strampler, Socken und Bodys, denn das meiste hier ist im Mini-Format. Die 46-jährige Lendringserin näht seit vielen Jahren Kleidung für Sternenkinder.

Herzensanliegen: Mandy Diezel möchte Eltern von Sternenbabys und Frühchen Trost spenden

Sternenbabys werden Kinder genannt, die entweder vor, während oder kurze Zeit nach der Geburt sterben. Mandy Diezel ist es ein Herzensanliegen, sich für den Verein „Sternenzauber & Frühchenwunder“ zu engagieren. Der Verein hat in Deutschland und Österreich rund 1600 sogenannte „Feen“, also Ehrenamtliche, die in ihrer Freizeit alles dafür tun, um den Eltern von Sternenbabys und Frühchen etwas Trost zu spenden in einer Situation, in der es eigentlich keinen Trost zu geben scheint.

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„Das hier sind Tippis“, sagt Mandy Diezel und zeigt auf winzige Söckchen, die für Frühchen gedacht sind. „Und hier ist eine Duftbohne.“ Sie ist vorgesehen für Neugeborene, die im Inkubator liegen müssen. Die Duftbohne ist ein Stückchen Stoff, das die Mutter des Kindes in ihrem BH an ihre Brust legt, es einige Zeit trägt. Dann wird es dem Baby in den Inkubator gelegt, damit es den Geruch der Mutter aufnehmen kann.

Menden
Mandy Diezel näht an ihrer Nähmaschine an einer Kuscheldecke für ein Sternenbaby. Die Mendenerin engagiert sich seit vielen Jahren  ehrenamtlich für den Verein „Sternenzauber & Frühchenwunder“.  Foto: Corinna Schutzeichel © WP Menden | Corinna Schutzeichel

„Diese Einschlagdecken sind für die ganz kleinen Sternenkinder.“

Mandy Diezel
Sternenzauber & Frühchenwunder

Alles ist winzig-klein. Eigentlich ist die kleinste Größe bei den Kleidungsstücken hier die 44. Aber für Sternenbabys, die noch viel winziger sind, hat der Verein ebenfalls Ideen entwickelt. Mandy Diezel zieht vorsichtig an einem filigranen Bändchen, das ein Stück Stoff schließt: „Diese Einschlagdecken sind für die ganz kleinen Sternenkinder. Da kann das Kind reingelegt werden.“ Anders als die Kuscheldecke, die sie auch näht, hat die Einschlagdecke eine Kapuze. Bei vielen Sternenbabys sei der Schädel verformt. So könne es den Eltern zum Abschiednehmen gezeigt werden.

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Auch wenn Kinder so früh sterben, dass gerade zu erahnen ist, dass aus ihnen mal ein kleines Menschlein werden sollte, setzt sich Mandy Diezel mit dem Verein für einen würdevollen Abschied ein. In der Nähe ihrer Nähmaschine hat die Mendenerin eine Größentabelle – von der 14. bis zur 40. Schwangerschaftswoche. Winzige Frühchen, die zum Beispiel in der 14. Schwangerschaftswoche ohne jede Überlebenschance zur Welt kommen, können in einen Sternenbeutel gelegt werden, erzählt Mandy Diezel.

Taufaufleger für Babys, die in absehbarer Zeit sterben und die noch getauft werden sollen

Die Lendringserin holt aus einem Schrank in ihrem Wohnzimmer ein weißes Stück Stoff, das die Form eines Kleides hat. Der so genannte Taufaufleger ist für Babys gedacht, die in absehbarer Zeit sterben und die noch getauft werden sollen: „Dann, wenn keine Zeit ist, dem Baby ein Taufkleid anzuziehen oder wenn das Baby so klein ist, dass man ihm kein Kleid anziehen kann.“

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Die Taufaufleger werden ebenso wie die Sternenbeutel aus Brautkleidern hergestellt. Mandy Diezel trennt die Kleider komplett auf, verarbeitet den meist cremefarbenen Stoff. Für die Frauen, die ihre Brautkleider in ihre Nähstube geschickt haben, sei es erfüllend zu wissen, dass ihr Kleid nicht im Schrank verstaubt, sondern einem sinnvollen Zweck zugeführt wird. „Ich brauche allerdings zurzeit keinen Nachschub an Brautkleidern“, betont Mandy Diezel. „Ich habe genug und sogar schon eine Warteliste.“

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Abends beim Fernsehgucken häkelt Mandy Diezel gerne kleine Schmetterlinge. Drei Stück für jede Familie eines Sternenbabys: einen Schmetterling für die Mutter, einen für den Vater und einer wird in den Sarg des Babys gelegt.

„Es gab schon Situationen, da wollten Eltern es einfach nicht glauben, dass ihr Baby tot ist.“

Mandy Diezel
„Sternenzauber & Frühchenwunder“

Mandy Diezel betont, wie wichtig das Abschiednehmen für Eltern verstorbener Kinder ist: „Es gab schon Situationen, da wollten Eltern es einfach nicht glauben, dass ihr Baby tot ist.“

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Auch an Geschwisterkinder wird gedacht. So hat die handgenähte Stoffpuppe „Klara Kleeblatt“ auf der Vorder- und auf der Rückseite jeweils ein anderes Gesicht – ein lächelndes und ein trauriges: „Wenn die Geschwister noch klein sind, können sie so kommunizieren, wie sie sich gerade fühlen“, erklärt Mandy Diezel. Und der kleine „Hauke Hase“ ist ein Kuscheltierchen, an dem sich verwaiste Geschwisterkinder festhalten können. Auch ein Buch gibt es mittlerweile: „Wie Hauke Hase zu den Sternen kam“. Für Eltern stellt der Verein kleine Sterne oder Schlüsselanhänger her: „Etwas zum Festhalten.“

„Ich möchte Eltern in der Zeit der Trauer unterstützen. Ich kann ihnen den Schmerz nicht nehmen, aber Trost spenden.“

Mandy Diezel
Verein „Sternenzauber & Frühchenwunder“ 

Seit 2016 engagiert sich Mandy Diezel für den Verein. Damals sah sie zufällig einen Bericht im Fernsehen und hatte spontan den Wunsch, die Arbeit zu unterstützen: „Ich möchte Eltern in der Zeit der Trauer unterstützen. Ich kann ihnen den Schmerz nicht nehmen, aber Trost spenden.“