Fröndenberg/Menden. Theresa Wies verlässt Menden und Fröndenberg, um mit ihrem Sohn woanders neu anzufangen. Der Zufall hat über das Ziel entschieden.
Alle Zelte abbrechen und noch einmal komplett von vorne anfangen. Das ist ein Traum, den zwar viele Menschen haben, den aber nur die Wenigsten ausleben. Aber nicht Hebamme Theresa Wies (41) aus Fröndenberg. Sie wagt den Schritt ins Ungewisse gemeinsam mit ihrem zehnjährigen Sohn Jasper. Das Abenteuer Schweiz steht bereits kurz bevor.
„Anfang des Jahres habe ich mal kurz kalte Füße gehabt“, gibt Theresa Wies zu. Denn eigentlich hat die 41-Jährige von außen betrachtet alles, was viele andere Menschen sich wünschen. Ein Zuhause, Freunde, die eigene kleine Familie und eine gut laufende Selbstständigkeit als beliebte Hebamme. „Ich bin sehr etabliert hier. Und ja, ich bin alleinerziehend, aber ich habe ein privilegiertes Leben“, sagt Theresa Wies. Dennoch sei der Wunsch nach Mehr, nach einem Umbruch, in ihr in den vergangenen Jahren immer stärker gewachsen. Sie sehnt sich nach Freiheit. Nach einer Auswanderung. Denn in Deutschland fühlt sie sich nicht mehr wohl.
Ausstieg aus der gemeinsamen Hebammen-Praxis für den Wunsch nach Freiheit
Einen ersten Schritt hat sie bereits vor vier Jahren gewagt, als Theresa Wies aus der Hebammenpraxis, die sie gemeinsam mit Hebamme Silke Seiler aufgebaut hatte, ausgestiegen ist. „Ich wollte nicht mehr so gebunden und freier sein“, erklärt sie. Als dann vor drei Jahren ihre Mutter stirbt, beschließt die Fröndenbergerin das Elternhaus zu verkaufen und damit noch mehr Ballast loszuwerden. „Vor zwei Jahren habe ich mir dann ein Wohnmobil gekauft und bin in allen Ferien mit meinem Sohn alleine gereist.“
Langsam aber sicher beginnt die 41-Jährige schließlich ihre Fühler auszustrecken. Bali? Sardinen? Dänemark? Wo könnte es für sie und ihren Sohn hingehen? Wo fühlen sie sich wohl? Wo kann Theresa Wies ihren Beruf ausüben und ihr Sohn gut zur Schule gehen? Fragen über Fragen. Der innere Druck wächst und sorgt irgendwann für eine Blockade. Theresa Wies drückt den Pausenknopf und beschließt, nicht mehr aktiv zu suchen, sondern alles auf sich zukommen zu lassen.
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Unverhofft kommt oft: Beim Kitesurfen verliebt
Und das klappt schneller als gedacht. „Letztes Jahr habe ich beim Kitesurfen in Dänemark einen Schweizer kennengelernt“, sagt sie. Eigentlich, ergänzt sie lachend, habe sie innerlich vor diesem Urlaub manifestiert, dass sie einen sexy Dänen kennenlernen möchte, um mit diesem am Meer zu leben. Letztlich hätte aber dann der Schweizerdeutsch sprechende Kitesurfer Marcel ihr Herz im Sturm erobert. Der Bonus: Er wohnt in einer Seen-Region, in der Kitesurfen ebenfalls möglich ist, unweit der Alpen. Perfekt.
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Die Fernbeziehung startet und das Paar sieht sich alle zwei Wochen. Schnell signalisiert Theresa Wies ihrem Freund, dass sie sich ein Leben in der Schweiz durchaus vorstellen kann und beginnt, alles in die Wege zu leiten und vorzubereiten.
Bürokratie überwinden und monatelange Vorbereitung leisten
Doch einfach so alles hinter sich zu lassen, ist nicht leicht. „Da wird bestimmt noch das ein oder andere Tränchen kullern“, sagt Theresa Wies. Seit Monaten bereitet sie alles für die Auswanderung vor. Um in der Schweiz leben zu dürfen, muss sie einige Voraussetzungen erfüllen und diverse Nachweise erbringen. Parallel dazu die Anfragen von Schwangeren in Menden und Umgebung abzulehnen, sei zunächst ein sehr komisches Gefühl gewesen. Die letzten Betreuungen in der alten Heimat laufen nun aus. Dann startet der neue Lebensabschnitt.
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Und die Vorfreude ist da. „Es ist auf jeden Fall spannend. Wir haben noch keine Wohnung, aber der Umzug ist in sieben Wochen.“ Doch Theresa Wies ist zuversichtlich, dass alles gut klappt. Auch einen Notfallplan hat sie parat. Zu ihrem Freund will sie aber zunächst nicht ziehen, um sich, ihren Sohn und auch den Partner nicht zu überfordern. Umstellungen gebe es ohnehin erst einmal genug. „Ich habe auch noch nie mit jemanden zusammengewohnt“, sagt sie. Auch in diesem Bereich sei ihr die Freiheit wichtig.
Arbeit im Spitalzentrum Biel und die Selbstständigkeit langsam wieder aufrollen
Arbeiten wird Theresa Wies mit 70 Prozent als Hebamme in einem Schweizer Krankenhaus. Für sie sei das zwar erstmal beruflich gesehen ein Rückschritt, doch es gebe ihr die Sicherheit, die sie für den Start im neuen Land brauche. Ihre Selbstständigkeit will sie in der neuen Heimat Lyss weiterführen und ihr Netzwerk schrittweise ausbauen. „Eigentlich will ich alles so machen wie hier.“ Also auch Kanga- und Beckenboden-Kurse oder das Bauchcoaching. Aber erst einmal heißt es: Ankommen und sich in die Sprache (Schweizerdeutsch und Französisch) reinfuchsen.
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Aber was ist mit den kalten Füßen? Die hat Theresa Wies mittlerweile nicht mehr und sich darauf besonnen, was sie fühlt und was ihr wichtig ist. „Ich habe es nie so gemacht wie andere“, sagt die 41-Jährige selbstbewusst. Sie habe sich immer auf ihr Bauchgefühl verlassen, unabhängig von der Meinung anderer. Und damit sei sie bisher auch immer gut zurechtgekommen. „Das wird gut!“, davon ist sie überzeugt.