Platte Heide. Stefan Schumacher aus Menden ist Erzieher in einer Frauendomäne. Im Alltag wird er mit Vorurteilen konfrontiert. Er will andere Männer ermutigen.

Endlich ein Mann in der Kita. Endlich macht jemand mit den Kindern so richtiges Männerzeug. Handwerken, hämmern, Fußball spielen. Stefan Schumacher lacht. „Das können die Frauen besser als ich“, sagt der 32-Jährige. Er begeistert sich für Kunst und Kreatives und erfüllt damit so gar nicht das Klischee. Stefan Schumacher ist Erzieher in der städtischen Kita am Papenbusch. Der einzige Mann weit und breit. Außer ihm gibt es in städtischen Kitas in Menden derzeit zwei ausgebildete männliche Fachkräfte, zwei Erzieher im Anerkennungsjahr und einen Erzieher in der praxisintegrierten Ausbildung. Mehr nicht. „Das ist schade. Ich hätte gerne mal einen männlichen Kollegen“, sagt er und grinst. „Aber unter uns: Mit Frauen zu arbeiten ist einfach schön.“

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Jeder Tag ist anders und aufregend

Stefan Schumacher will andere junge Männer ermutigen, die mit dem Gedanken spielen, auch Erzieher zu werden. „Ich finde es wichtig, Praktika zu machen und sich nicht nur von Rollenbildern leiten zu lassen“, sagt er. „Traut euch und lasst euch nicht von Vorurteilen abschrecken.“ Erzieher zu sein, das ist der Traumjob des 32-Jährigen aus Menden. Auch wenn er während seiner Ausbildung noch überlegt, ob er nicht vielleicht doch lieber Lehrer werden möchte – spätestens im Anerkennungsjahr in der Kita macht es Klick. Mittlerweile kann sich Stefan Schumacher keinen besseren Job vorstellen. „Man hat die Routine und Struktur, aber jeder Tag ist trotzdem immer anders und aufregend.“

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Los geht es täglich um 7.30 Uhr. In seiner Mäuse-Gruppe sind Drei- bis Sechsjährige. Die Arbeit mit den „Großen“ liegt Stefan Schumacher. Der Tag startet, die ersten Kinder kommen. Gemeinsam bereiten sie alles vor. Dann wird gefrühstückt, es gibt Elterngespräche, Organisatorisches zu erledigen und auch verschiedene Spielsituationen. „Wir gestalten den Tag nach den zehn Bildungsbereichen“, erklärt Stefan Schumacher. Feinmotorik, Sprache oder auch Kreativität gehören dazu. Die Kinder sollen bestmöglich gefördert werden, nicht einfach „nur“ beaufsichtigt. Erziehungspartnerschaft nennt sich das. Eltern und Erzieher arbeiten zusammen. Nach dem gemeinsamen Mittagessen wird ein bisschen entspannt und bis die Kinder abgeholt werden, gemeinsam gespielt, gelernt und entdeckt. „Wir gehen jeden Tag nach draußen. Auch Regen und Schnee halten uns nicht auf.“

in Mann in der Kita – ist das nicht komisch? Kann der überhaupt wickeln?

Als sich Stefan Schumacher für den Job entscheidet, macht er sich über Vorurteile keine Gedanken. In seiner Wahrnehmung und seinem Umfeld spielen sie überhaupt keine Rolle. Denn schon früh hat Stefan Schumacher als Kind und Jugendlicher Kontakt zu Pädagogen im Stadtteiltreff Lendringsen – auch zu männlichen. „Ich wurde dort gut aufgenommen. Das hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, gute Vorbilder zu haben und Erzieher, die einen ernst nehmen und durchs Leben helfen.“ Er entscheidet sich, auch im sozialen Bereich arbeiten zu wollen.

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Doch im Job angekommen, treffen sie ihn die Vorurteile zunächst hart und unvermittelt. Ein Mann in der Kita – ist das nicht komisch? Da verdient Mann doch nichts! Kann der überhaupt wickeln? Beim ersten Mal tat das schon weh, gibt er zu. „Aber ich habe mir die Ängste angehört und sie ernst genommen“, sagt Stefan Schumacher. Wichtig sei: Die Kinder bestimmen mit. Sie entscheiden, wer sie wickeln darf und wer nicht. „Und qualitativ macht es keinen Unterschied, ob es eine Frau oder ein Mann macht“, sagt er. Eigentlich logisch, oder?

Koch, Anwalt der Kinder oder auch einfach mal der Drache im Schloss sein

„Es gibt diese Rollenbilder in der Gesellschaft und sie sind meist nicht böse gemeint“, sagt der 32-Jährige. Wichtig sei, darüber zu reden. Die Arbeit mit den Kindern macht ihn glücklich. Er nimmt sie ernst und hört ihnen zu – so wie es seine Vorbilder damals bei ihm getan haben. „Mit den Kindern kreativ zu werden, das gefällt mir am besten. Es ist schön zu sehen, welche Ideen die Kinder entwickeln.“ Auch die Neugierde sei ansteckend. „Wir hatten gerade eine Waldwoche, haben Tiere beobachtet und Fotos gemacht“, sagt Stefan Schumacher. Die Kinder hätten einen richtigen Forscherdrang. „Wir ziehen jetzt Gemüse und beobachten das. Das macht viel Spaß.“

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Klar sei aber vor allem eins: „Wir spielen nicht nur und trinken Kaffee. Wir arbeiten wirklich“, sagt Stefan Schumacher und lacht. Hinter allem stecke ein Konzept, viel Herzblut und Arbeit. Von jedem. Egal, ob Mann oder Frau. „Wir sind eigentlich alles in einer Person. Koch, Handwerker, Arzt, Anwalt der Kinder, Ideengeber, Zuhörer, Forscher oder auch mal der Drache im Schloss“, sagt Stefan Schumacher und lächelt.