Olpe. Außer Spesen nichts gewesen: Eine eigens gegründete Genossenschaft sollte in Olpe günstige Wohnungen schaffen und scheitert krachend.
Es war ein lauter Knall zum Jahresende und ist wohl das größte politische Scheitern in der Amtszeit von Peter Weber als Bürgermeister von Olpe und auch seit Jahrzehnten die größte Pleite eines Projekts, das die Mehrheitsfraktion CDU im Olper Rat vorangetrieben hat: das faktische Aus der Genossenschaft „Olper Hütte“. Hinter diesem von SPD und FDP mitgetragenen Vorhaben steckte der Plan, in Form der eigens gegründeten Genossenschaft bezahlbaren, weil öffentlich geförderten Wohnraum an ebenjener Olper Hütte zu schaffen. Wir haben den Zeitstrahl nachgezeichnet.
Es war im Juni 2021, als der Rat der Stadt Olpe beschloss, das von der Stadt erworbene Grundstück der ehemaligen Gießerei Imhäuser im Rahmen einer Konzeptvergabe für bezahlbaren Wohnraum nutzbar zu machen. Auf 8000 Quadratmetern sollten hier öffentlich geförderte Bauten entstehen. Indes geschah zunächst nichts. Die Olper SPD brachte im Dezember 2021 im Rahmen der Haushaltsberatungen den Vorschlag, doch statt einer Konzeptvergabe genossenschaftliches Wohnen mit städtischer Beteiligung anzustoßen. Der Plan wurde sofort zurückgewiesen, und zwar von der CDU, die die absolute Mehrheit im Olper Rat innehat. Doch nur zwei Monate später, im Februar 2022, kam die Stadtverwaltung mit quasi demselben Vorschlag aus der Deckung, diesmal jedoch gleich den Projektentwickler Pyramis aus Telgte als Partner mit im Paket, und stieß damit bei der CDU auf offene Ohren. Bürgermeister Weber argumentierte: „Wir kommen so schneller zum Ziel als mit der bisher angestrebten Konzeptvergabe.“ Ende März 2022 meldete sich der aus Olpe stammende Frankfurter Unternehmer Christoph Pape erstmals mächtig zu Wort. In einer E-Mail an die Stadt heißt es: „Jeder Compliance-Beauftragte einer Bank oder eines Unternehmens und/oder ein mit diesem Vorgang befasster Ethikausschuss würde eine solche Vorgehensweise sofort stoppen.“
Im Oktober 2022 wurde vom Rat die Konzeptvergabe begraben und stattdessen ein Projektsteuerungsauftrag samt Planung an Pyramis vergeben – zwar ohne Gegenstimmen, aber mit einigen Enthaltungen. Wir berichteten damals: „Zaklina Marjanovic von den Grünen kündigte an, dass ihre Fraktion sich wie zuvor in den Fachausschüssen der Stimme enthalten werde. ,Wir sind absolute Befürworter des Genossenschaftsgedankens. Wir können auch nachvollziehen, dass durch Hinzuziehung von Pyramis die Verwaltung Entlastung hat. Aber das Vorgehen hinterlässt bei uns kein gutes Gefühl.‘“
Und auch Uwe Schmidt von der UCW hatte sich sofort gegen das Vorgehen ausgesprochen mit dem Hinweis, ein privater Investor habe bereitgestanden, der einen Baubeginn 2023 vorgehabt habe. Das hatte Bürgermeister Weber zurückgewiesen mit den Worten „Wenn er dort bauen will, müssen wir aber ein Vergabeverfahren durchführen. Und dann kommen wir zur Zeitfrage, und die kann die Quartiersgenossenschaft eben umgehen.“ Pape ließ ein 83-seitiges Papier folgen, um seine Kritik zu erhärten. Darin heißt es: „Nach meiner Ansicht sollte dieses Projekt gestoppt werden, bevor ein noch größerer finanzieller Schaden für die Stadt Olpe entsteht.“
Dann keine Panne, aber eine große Peinlichkeit: Ein Whistleblower steckt Ende Januar 2023 der WESTFALENPOST den geheimen Vertrag durch, der am 13. Oktober 2022 zwischen Genossenschaft und Pyramis geschlossen worden war. Wir berichteten: „Für die ,Planungs- Koordinierungs- und Überwachungsaufgaben (...) fließen laut Vertrag jährlich 120.000 Euro (netto) von der Genossenschaft an Pyramis“, plus je 800 Euro als „pauschaler monatlicher Ersatz ihrer Nebenkosten“. Bürgermeister Weber erklärte uns seinerzeit: „Das ist schon unsäglich. Da will jemand der Sache schaden, das ist für mich eindeutig.“
Im Mai 2023 versandte die Stadt eine Pressemitteilung: Eine Delegation, bestehend aus Bürgermeister Peter Weber, Landtags- und Stadtratsmitglied Jochen Ritter, Ex-Landrat und Pyramis-Projektsteuerer Frank Beckehoff sowie Pyramis-Chef Michael Kirchner waren in Düsseldorf mit Bauminsterin Ina Scharrenbach (alle CDU) zusammengetroffen. Bürgermeister Weber wird wie folgt zitiert: „Die positive Haltung des Ministeriums ist eine gute Grundlage zur weiteren Planung.“ Es folgte ein entsprechender Förderantrag, allerdings für weit weniger Volumen als ursprünglich geplant: Weil Grundstücksnachbar Gerhard ein Leitungs- und Grabenrecht für das städtische Grundstück innehat, kann nicht die Gesamtfläche überplant werden.
Im Mai 2024 dann die erste wirkliche Hiobsbotschaft: Der Fördertopf des Landes ist ausgeschöpft, das Programm vollkommen überzeichnet. Die Genossenschaft „Olper Hütte“ geht erst einmal leer aus. Die Stadtverwaltung äußert sich erstmals öffentlich kritisch, und in nichtöffentlicher Ratssitzung wird der Projektsteuerungsvertrag mit Pyramis gekündigt. Den von der Stadt deutlich formulierten Wunsch, auch aus der Genossenschaft auszuscheiden, folgt Pyramis indes nicht.
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Erst gibt es nochmal deutliche Signale aus Düsseldorf, dass Geld nachgeschossen wird. Erleichterung im Rathaus, dann Ende November 2024 wie angekündigt doch noch die Förderzusage – allerdings verbunden mit der Auflage, dass die Stadt für das komplette Geld eine Bürgschaft aufnehmen müsse, um es abzusichern. Und damit ist für die Stadt der Bogen überspannt. In der Dezember-Ratssitzung fällt im nichtöffentlichen Teil der Beschluss, aus dem Projekt auszusteigen und das Grundstück an die Familie Gerhard zu verkaufen, die kurzfristig einwilligt und zusagt, das Gelände auch für den Bau von gefördertem Wohnraum zu nutzen.
Die Stadt kostet das genossenschaftliche Abenteuer nach Schätzungen von Experten rund 2 Millionen Euro, Geld, das unter anderem für die Planungen von Pyramis aufgebracht wurde, die nun nicht umgesetzt werden.