Olpe/Berlin. Spitzenverbände schicken Schreiben mit Vorwürfen gegen den Projektentwickler an das Bundeswirtschaftsministerium. Pyramis weist Vorwürfe zurück.
Es war im März 2022, als Pläne bekannt wurden, die die Stadt Olpe mit einem ehemaligen Industriegelände an der Olper Hütte vorhat. Durch die Gründung einer Genossenschaft soll hier bezahlbarer Wohnraum entstehen. Als Partner wählt die Stadt, wie schon zuvor die Nachbarkommune Drolshagen, den Projektentwickler Pyramis und die Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden. Doch das mit vielen Vorschusslorbeeren gestartete Vorhaben sticht bislang überwiegend mit Pech und Pannen hervor. Ausschreibungen führen zu keinem Erfolg, Abstimmungen mit Nachbarn scheiterten, ein in nichtöffentlicher Sitzung beschlossener Vertrag wurde dieser Redaktion zugespielt, dem zu entnehmen war, wieviel Geld die Genossenschaft an ihr Mitglied Pyramis für die Geschäftsführung monatlich bezahlt.
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Insbesondere aber war rasch, zunächst hinter vorgehaltener Hand, inzwischen auch offen, die Rede davon, dass die Arbeitsatmosphäre der Partner untereinander praktisch zerstört ist. Dies gipfelte in einer öffentlichen Mitteilung der Stadt Olpe, dass sie die Pyramis auffordert, aus der Genossenschaft auszusteigen – allerdings ohne Erfolg. Dem vorausgegangen war das Scheitern einer von Pyramis zugesagten Förderung durch das Land. Den Projektsteuerungs- und Managementvertrag hat die Stadt inzwischen gekündigt. Und einer fühlt sich mal wieder bestätigt: Christoph Pape, in Frankfurt lebender Unternehmensberater mit Olper Wurzeln, der von Anfang an seine Skepsis über das Konstrukt dieser Genossenschaft öffentlich gemacht hat. Und er sieht nun eine große Menge Wasser auf seine Mühlen, gespeist in einem Brief, der derzeit in vielen Kommunen die Runde macht, in denen Pyramis aktiv ist.
Das Schreiben hat sowohl Absender als auch Empfänger, die nicht ohne Bedeutung sind: Abgeschickt und unterschrieben wurde der Brief Anfang Juli einerseits vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), andererseits vom Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV). Gerichtet ist das Schreiben an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, und die Bezeichnung „Brandbrief“ dürfte wohl nicht zu hoch gegriffen sein für das Schreiben, in dem die Unterzeichner wahrlich schweres Geschütz auffahren und das in Kopie auch dem Bundesjustizministerium und der Staatsaufsicht zugegangen ist.
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Sie begründen ihre Initiative damit, dass die beiden Verbände sich „mit Nachdruck gegen Initiativen engagieren, die sich den guten Ruf der Genossenschaften zunutze machen, um ihre Geschäftsmodelle zu etablieren, die häufig nur den Initiatoren und Vertriebspartnern dienen“. Und genau dies werfen sie Pyramis vor. Denn deren Geschäftsidee erfülle diese Voraussetzungen. Pyramis gehe aktiv mit einem „Netzwerk ehemaliger Politiker, Bürgermeister und Landräte aus NRW“ auf Kommunen zu „mit der Aussage, diesen mit ihrem Genossenschaftsmodell bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen“. Im Fall der „Olper Hütte“ ist, wie auch in Drolshagen, der ehemalige Landrat des Kreises Olpe, Frank Beckehoff, der zuständige Projektentwickler.
„Die gegründeten Genossenschaften weisen aus unserer Sicht erhebliche Mängel auf.“
Die beiden Spitzenverbände führen an, dass sie davon ausgehen, dass die Vermietung der in diesen Modellen erbauten Wohnungen vorrangig an Nichtmitglieder der jeweiligen Genossenschaft erfolgen werde, was dem Genossenschaftsgesetz widerspreche. „Unabhängig von dem Geschäftsmodell weisen die gegründeten Genossenschaften aus unserer Sicht erhebliche Mängel, unter anderem hinsichtlich der Gremienbesetzung, auf.“ Das Schreiben geht mit einer Warnung weiter: „Sollten unsere Recherchen zutreffend sein, sehen wir bei dieser Initiative ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die Gläubiger“, heißt es hier.
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Pyramis selbst nimmt öffentlich Stellung mit einer ausführlichen Erklärung auf ihrer Homepage. „Offenbar aufgrund falscher Informationen“ würden in dem Schreiben rechtliche Bedenken gegen das Pyramis-Genossenschaftsmodell geltend gemacht. So werde bei der Gründung einer kommunalen Genossenschaft seitens Pyramis sichergestellt, dass zwei der drei Gründungsgenossen kommunal geprägt seien, das heißt neben der Standortkommune als Gründungsmitglied komme in der Regel eine städtische Tochtergesellschaft als zweites Gründungsmitglied hinzu. Tatsächlich sei nur eine örtliche Sparkasse in NRW in Abstimmung mit der Standortkommune Gründungsmitglied geworden. Allerdings ist der Pyramis-Homepage zu entnehmen, dass dies nicht nur auf die „Olper Hütte“, sondern auch auf die beiden Drolshagener Genossenschaften „Wohnraum.Drolshagen“ und „Land.Leben.Drolshagen“ zutrifft.
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Bezüglich der angeführten rechtlichen Bedenken verweist Pyramis auf den „Prüfungsverband für kleine und mittelständische Genossenschaften“ (PkmG), in dem die „Olper Hütte“ Mitglied geworden ist, der allerdings nicht dem DGRV angehört. Der PkmG habe in seinen jeweiligen Gründungsgutachten festgestellt und dokumentiert, dass das Genossenschaftsmodell der Pyramis dem Leitbild einer Public Private Partnership (öffentlich-private Partnerschaft) folge. Auch die Gremienbesetzung erfolge „stets satzungsgemäß und gesetzeskonform“.
Die von Pyramis gewählte Form der Besetzung sei vielmehr Ausfluss des nordrhein-westfälischen Kommunalrechts, wonach eine Kommune Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts nur gründen dürfe, wenn sie einen angemessenen Einfluss, insbesondere in einem Überwachungsorgan, erhalte. Die Pyramis-Stellungnahme endet mit starkem Gegenfeuer: „Nach alledem ist GdW und DGRV dringend anzuraten, bei ihren ,Recherchen‘ zukünftig größere Sorgfalt walten zulassen, bevor ein vorbildliches Genossenschaftsmodell auf diese Weise in Misskredit gebracht wird.“ Eine Anfrage beim DGRV auf eventuelle Reaktionen der Ministerien auf die Eingabe, die die teils widersprüchlichen Behauptungen klären könnte, blieb bislang unbeantwortet.