Kickenbach/Altenhundem. Informationsgespräch macht klar: Viele haben Angst um das Krankenhaus an sich. Deutliche Kritik an GFO, aber auch am Gesundheitssystem.
Die geplante Schließung der Geburtshilfe des Altenhundemer St.-Josefs-Hospitals hat sich insbesondere im Ostteil des Kreises Olpe und im benachbarten Bereich des Hochsauerlandkreises als regelrechtes Erdbeben erwiesen. Eine Online-Petition hat inzwischen deutlich über 20.000 Unterstützer-Unterschriften erhalten, und obwohl die Nachricht nun schon einen Monat alt ist, ist sie nach wie vor in vielen Haushalten, an Stammtischen und bei spontanen Treffen Gesprächsthema Nummer eins.
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Die Lennestädter SPD hat das Thema noch einmal aufgegriffen und hatte für Donnerstagabend in den Gasthof „Landhaus im Grund“ nach Kickenbach eingeladen, um über die bevorstehende Krankenhausreform im Allgemeinen und die Planungen für Lennestadt im Besonderen zu sprechen. Sebastian Menn, Co-Vorsitzender des SPD-Kreisverbands, begrüßte rund 30 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und ein Grünen-Ratsmitglied. Sebastian Sonntag, Vorsitzender des SPD-Stadtverbands, betonte, angesichts der Schließungspläne werde auf viele vermeintliche Schuldige gezeigt. Dabei müsse betont werden, dass diese Absicht vom Krankenhausträger selbst, der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO), rühre und nichts mit der laufenden Krankenhausreform an sich zu tun habe. Der SPD gehe es aber nicht darum, auf vermeintlich Schuldige zu zeigen, sondern Auswege zu finden, denn „der Ostkreis wird zur Versorgungslücke“. Er warf die Frage in den Raum, warum in Bad Berleburg eine Geburtshilfe mit 250 Geburten pro Jahr erhalten bleiben könne, während 500 Geburten für Lennestadt nicht reichten.
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Der Fraktionschef der SPD im Rat der Stadt Lennestadt, Heinz Vollmer, hatte weniger Probleme damit, die seines Erachtens Schuldigen an der Misere zu benennen: Es gehe nicht um die Geburtsstation allein, sondern um das Krankenhaus an sich. Die GFO wolle eine reine Psychiatrie und Altenpflege aus dem Akutkrankenhaus machen, ergänzt um ambulant zu operierende Vorgänge, und das sei nicht verständlich, während in Siegen gleich drei Krankenhäuser quasi nebeneinander um Patienten buhlten. „Wir werden gemeinsam mit der CDU, den Grünen und der UWG dafür kämpfen, dass unser Krankenhaus erhalten bleibt.“
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Die Attendorner SPD-Bundestagsabgeordnete Nezahat Baradari referierte über die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Sachen Krankenhausreformen und betonte dabei, noch handle es sich nur um einen Entwurf, an dem sich noch viel ändern werde. Die Länder, so Baradari, hätten massiv Investitionen in die Krankenhäuser unterlassen, was durch die Reform geändert werde. Sie betonte, es gebe durchaus Mittel für Geburtshilfen, um diese in strukturschwächeren Regionen aufrechterhalten zu können, sie wisse aber nicht, ob diese je für das Altenhundemer Krankenhaus beantragt worden seien. Landtagsabgeordnete Christin-Marie Stamm bezog sich in ihren Ausführungen auf die Reformüberlegungen in Nordrhein-Westfalen und bedauere in ihrer Funktion als Frauenpolitikerin, dass die Schließung „wieder einmal die Frauengesundheit betrifft“. Der Investitionsstau in NRW liege bei 17 Milliarden Euro, und anstatt dies zu ändern, lasse Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) diesen um jährlich 1 Milliarde Euro weiterwachsen.
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Mehrere Redebeiträge griffen die GFO an. Heinz Vollmer: „Die wollen uns als Krankenhaus nicht mehr. Was die tun, hat mit Franz von Assisi nichts mehr zu tun.“ Angesichts zahlreicher Übernahmen etwa im Jugendhilfebereich sei zu überlegen, ob die Kommunen nicht ein Signal setzen sollten, dass ein solcher Träger nicht mehr willkommen sei, der eine Geburtshilfe schließe. Ein Sozialdemokrat aus dem Repetal betonte, es falle schwer, keine Schuld zuzuweisen. „Das hier liegt nicht an Herrn Lauterbach oder Herrn Laumann, sondern an der GFO.“ Doch wurde im weiteren Verlauf der offenen Diskussion deutlich, dass eine Vielzahl von Mängeln im System gesehen wurde und auch Verständnis dafür, dass ein Träger eine dauerhafte Bezuschussung wirtschaftlich nicht tragen könne.
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Ein Arzt fasste zusammen: „Solche Entscheidungen fallen aufgrund wirtschaftlicher Zahlen. Wir haben ein falsches Gesundheitssystem. Wir behandeln Individuen, keine Pauschalen.“ Angesichts von 88 unterschiedlichen Krankenkassen mit unfassbar hohen Verwaltungskosten müsse eine komplette Reform des Gesundheitssystems her, bei dem das Geld in Krankenhäuser fließe, nicht in Krankenkassen. Applaus von allen Seiten zeigte, dass die Mehrzahl der Anwesenden diese Ansicht teilte. Als Fazit zog Nezahat Baradari: „Wir können hier keine Lösungen nennen, aber ein wichtiges Signal setzen. Wir werden nicht das Handtuch werfen. Die Geburt sind die wichtigsten und kritischsten Minuten im Leben eines Menschen“, und daher sei es jedes Bemühen wert, eine ortsnahe Geburtshilfestation zu erhalten.