Herdecke. Viele Veränderungen im Stadtteil Ende, auch im Quartier Ruhraue verschwindet der Geldautomat. Vorstand der Sparkasse HagenHerdecke begründet das.

Normalerweise lösen Krisen Schließungen beispielsweise von Geschäftsstellen aus. Die Sparkasse HagenHerdecke hingegen ist nach Angaben des Vorstands „erfolgreich und gesund“. Das soll so bleiben, daher haben die Verantwortlichen mit Blick auf die Kostenseite das Filialnetz halbiert – und dafür reichlich Kritik einstecken müssen. Kunden und Leser dieser Zeitung beklagten mehrfach die Einschränkungen, vor allem am Standort Kirchende. Vorsitzender Frank Walter und Vorstandsmitglied Frank Mohrherr erläutern aus heimischer Sicht das Vorgehen.

Ausgangslage

Mit der Reduzierung des Angebots in Ende und auch an anderen Standorten reagiere die Sparkasse eigentlich nur auf das Verhalten der Kunden. „Die meisten von ihnen, auch Ältere, nutzten nun mal Online-Banking“, sagt Frank Walter zu dem, was andere „Abstimmung mit den Füßen“ nennen. Die Corona-Pandemie habe die Entwicklung nochmals „massiv beschleunigt“, heutzutage erfolgen auch Finanzgeschäfte eher am Computer und via Telefon als noch im direkten Kontakt in einer Geschäftsstelle. „Wir wollen auch in Herdecke auf beiden Klaviaturen spielen, bieten daher in der Stiftsstraße dauerhaft und auch am Westender Weg nach voriger Terminvereinbarung Beratungen an.“ Als sich das Gespräch um Herausforderungen wie Niedrigzinsen oder Regulatorik dreht, denkt Frank Mohrherr an die Fusion 2016 und nennt diese eine „gute Entscheidung. Die bis dato eigenständige Sparkasse Herdecke wäre aktuell nicht überlebensfähig, durch die veränderten Rahmenbedingungen wäre dieses vergleichsweise kleine Kreditinstitut massiv unter Druck geraten.“ Gerade für Firmen biete der Zusammenschluss weiterhin viele Vorteile.

Auftrag

Zur öffentlich-rechtlichen Ausrichtung sagt Frank Walter: „Auch wir wollen und müssen Gewinne erzielen. Wir unterscheiden uns aber bei der Verwendung dieser von Privatbanken, da unsere Überschüsse an den Träger, also die beiden Kommunen, und an hiesige Vereine gehen.“ Seit der Fusion erhalten Einrichtungen in Herdecke im Schnitt rund 600.000 Euro pro Jahr. Wer die Gewerbesteuer hinzunimmt, komme auf einen Betrag von 1,3 Millionen. Während die Hagener Sparkasse früher im Vergleich deutlich betriebswirtschaftlicher und an Ausschüttungen für den Kämmerer dachte, hatten die Herdecker Kollegen eher das Vereinswesen im Blick.

Filiale Ende

Die Umwandlung in einen Automatenstandort mit vereinzelter Individualberatung sei im betriebswirtschaftlichen Kontext mit anderen Kostensenkungen zu sehen. „Wir halten den Schritt für ausgewogen und wollen die Sparkasse durch ruhiges Fahrwasser führen. Die Entscheidungen sind für den Vorstand kein Vergnügen, der Ton ist rauer geworden.“ Gleichwohl wolle die Sparkasse HagenHerdecke frühzeitig reagieren, um solide aufgestellt zu bleiben. Und am eher überdimensionierten Standort Westender Weg habe es nun mal vergleichsweise wenige Bankgeschäfte gegeben.

Briefkasten

Bei den Filialschließungen in 2017 und jetzt verfahre die Sparkasse nach dem Gleichheitsprinzip. Der Abzug des Personals gehe stets mit dem Abbau des Einwurfkastens etwa für Überweisungsträger einher. Und zwar nicht aus finanziellen Gründen, sondern wegen Haftungsfragen.

Persönliche Beratung

Die heimische Sparkasse bietet an diesem Samstag, 26. Juni, in Herdecke persönliche Informationen rund um das Thema digitales Banking an.Mitarbeiter beantworten von 9 bis 12 UhrFragen in den SB-Bereichen der Hauptstelle an der Stiftsstraße 7 und in Kirchende am Westender Weg 3b.

„Wir sind verpflichtet, eine Überweisung noch am selben oder spätestens am nächsten Tag auszuführen und müssen beweisen, dass diese auch zeitgemäß vorliegt. Da wir über zig Briefkästen in unserem Gebiet diskutieren würden und mitunter Fristen für große Steuerbeträge daran hängen könnten, bleibt die Entscheidung auch für Kirchende bestehen“, sagt Walter.

Alternative

„Wir sollten Bürgernähe nicht an der Anzahl der Geschäftsstellen, sondern am Leistungsangebot festmachen“, meint der Vorstandssprecher und verweist auf das telefonische Angebot. Auch Senioren können qualifizierte Mitarbeiter wochentags von 8 bis 19 Uhr anrufen, um niederschwellig beispielsweise Überweisungen, Lastschriften, Daueraufträge, Kontoeröffnungen und manches mehr durchzugeben. Zudem gebe es einen Bargeld-Bringservice.

Hauptstelle Stiftsstraße

Herdecker Kunden murren, dass der Service im großen Haus in der Innenstadt nachgelassen habe und das sinngemäß „die vermeintlich bösen Hagener“ zu verantworten haben. Mohrherr führt diese Denkweise auf die lange komfortable Situation in der Hauptstelle Stiftsstraße zurück. „Wir hatten hier früher einen hohen Personalbestand, das konnten wir uns leisten. In einer Schlange stehen, das war quasi verboten. Den Vorwurf, dass sich das geändert hat, kann ich nicht gänzlich entkräften, das ist den veränderten Rahmenbedingungen geschuldet.“

Frank Walter wiederum nennt die Herdecker Situation aus Sparkassen-Sicht vergleichsweise komfortabel. „In Hohenlimburg leben 6000 Menschen mehr, dort unterhält die Sparkasse aber weniger Anlaufstellen als hier.“

Geldautomaten

Technische Anlaufstellen befinden sich noch im Mühlencenter und an der Schanze. Geldautomaten am Schnee, im Gemeinschaftskrankenhaus (wenig genutzt) und übrigens auch auf dem Parkplatz des Quartiers Ruhraue vor allem wegen Vandalismus-Problemen baut die Sparkasse ab. Die wiederum bietet in Hagen und Herdecke insgesamt 56 Orte zum Euro-Abheben an. Laut Mohrherr sei das weiterhin „das mit Abstand größte Netz an SB-Stellen und Filialen“ in beiden Städten. „Auch daran lässt sich erkennen, dass wir unseren öffentlich-rechtlichen Auftrag ernst nehmen.“ Allen gerecht zu werden – eine bleibende Herausforderung.