Hagen. Hinter den bekanntesten Spirituosen-Marken der Welt steckt in Deutschland ein Team aus Hagen. Die Idee entstand am Tresen.

Ein Abend vor rund 25 Jahren im „Alt-Nürnberg“ am Volmeufer in der Hagener Innenstadt. Guido Klaumann, heute 60 Jahre alt, arbeitet als Einkaufsleiter in einem großen Unternehmen. Er besucht die damals brummende Kneipe, um ein „Stößchen“ zu trinken. Ein Kumpel, der Obst- und Gemüsehändler ist und dessen Stand gerade abgebrannt ist, und Udo, der mexikanische Snacks verkauft, sind auch da. Aus einer Schnapsidee am Tresen entsteht in dieser Nacht eine Unternehmung. Kumpel Udo, der einen Lieferanten für mexikanische Speisen in Hamburg an der Hand hat, stellt einen Kontakt her. Heute, 25 Jahre später, ist das Unternehmen „Sierra Madre“ einer der bedeutendsten Importeure und Vertriebsgesellschaften hochwertiger Spirituosen und mexikanischer Lebensmittel in Deutschland. Sitz des 70 Köpfe großen Teams ist von Beginn an Hagen.

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Weltbekannt: Rum der Marke „Remedy“, der zum Portfolio von „Sierra Madre“ gehört. © WP | Michael Kleinrensing

Eine besondere Start-up-Story

Es ist eine Start-up-Geschichte, die auf dem Mut und dem Arbeitswillen ihrer Gründer fußt. „Wir hatten in einer Scheune im Feldmarkweg in Fley unser Lager und im Schweinestall das Büro. Wir haben Kalt-Akquise gemacht, das Telefonbuch durchgeblättert und sind tausendfach losgelaufen und haben Menschen im persönlichen Gespräch überzeugt“, erinnert sich Guido Klaumann an die Anfangsjahre. Es war die Zeit, Anfang der 90er-Jahre, als mexikanische Lebensmittel in den Kneipen, Bars und Restaurants Einzug hielten. Und nahezu immer, wenn das in einer Gastronomie in NRW der Fall war, steckten Guido Klaumann und seine Mitstreiter dahinter. Spareribs wurden interessant, Tacos und andere Sachen.

„Wir hatten in einer Scheune im Feldmarkweg in Fley unser Lager und im Schweinestall das Büro. Wir haben Kalt-Akquise gemacht, das Telefonbuch durchgeblättert und sind tausendfach losgelaufen und haben Menschen im persönlichen Gespräch überzeugt.“

Guido Klaumann
über die Anfangsjahre von „Sierra Madre“
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Ergänzend zur Marke „Remedy“ präsentiert Sierra Madre seit 2023 die Marke „Traspers“ aus Panama, die von Abenteuern erzählen und zu eigenen Erlebnissen anregen soll. © WP | Michael Kleinrensing
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Guido Klaumann vor dem ersten Firmenlogo, das 25 Jahre alt ist. Damals vertrieb Sierra Madre ausschließlich mexikanische Speisen. © WP | Michael Kleinrensing

Die Trends immer gesehen

„Irgendwann“, erinnert sich Guido Klaumann, „tranken in Bars alle aus der Flasche.“ Corona, das mexikanische Bier „Sol“ oder das US-Bier „Miller“ eroberten den Markt. Irgendwann war der Markt satt. Wie so oft bei Food-Trends. „Über Tequila sind wir dann in das Spirituosen-Segment gekommen“. Das Abklappern der Gastronomie bereitete Kopfschmerzen und das damals immer noch junge Unternehmen machte einen Schnitt. „Wir konzentrierten uns auf Distribution. Das war so etwa 2010. Unsere Gastro-Kunden gaben wir an Großhändler ab und sind dann mit hochwertigen Spirituosen auf den Einzelhandel zugegangen. Rein in die Läden, sich eine blutige Nase abholen und wieder gehen“, blickt Klaumann auf eine erneute Phase der Kalt-Akquise zurück.

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Die Marke „A.H. Riise“ ist neu im Portfolio von Sierra Madre. © WP | Michael Kleinrensing

Deutschlandweit ein bedeutender Akteur

Das Unternehmen macht kluge Geschäfte und sichert sich die Vertriebsrechte für die Marke Botucal, die unter anderem den Diplomático Rum herstellt. Neben anderen Marken außerdem. Das Prinzip funktioniert so: Sierra Madre übernimmt für die jeweiligen Spirituosen den deutschlandweiten Vertrieb und somit auch die Markenstärkung und -verlängerung in den deutschen Markt. Remedy, „Don Pappa“ oder (neu dazu gewonnen) „A.H. Riise“, „Brockmanns“ beim Gin, „Finlandia“ beim Vodka oder „Speyburn“ beim Whiskey. Das sind nur wenige Marken aus einem alle Spirituosen umfassenden Welt-Sortiment, für dessen Vertrieb Sierra Madre verantwortlich ist.

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Guido Klaumann (rechts) mit Mitarbeiter Maximilian Schneider. © WP | Michael Kleinrensing

Unheimliches Firmenwachstum

Das Unternehmen ist in einer unheimlichen Geschwindigkeit gewachsen und erwirtschaftet einen Umsatz von 60 Millionen Euro im Jahr. Knapp 70 Menschen arbeiten für Sierra Madre. Im Kundenservice, im Vertrieb, im Außendienst, in der Logistik, im Warenmanagement, in deutschlandweiten Vertriebsbereichen, in der Grafik, im Markenmanagement. Aus der Schnapsidee aus dem Alt-Nürnberg ist ein großer und gewichtiger Akteur auf dem deutschen Markt geworden. Zeitweise beherrschte Sierra Madre nach eigenen Angaben 70 bis 80 Prozent des deutschen Premiummarktes.

„Mache nur Geschäfte mit Leuten, die du magst.“

Guido Klaumann,
Firmengründer von der „Sierra Madre“

Ein schwerer Schlag im Jahr 2023

Im vergangenen Jahr musste das Unternehmen einen schweren Schlag einstecken. Das US-amerikanische Unternehmen Brown-Forman - dazu gehören unter anderem Jack Daniel‘s oder Southern Comfort - verkündete den Erwerb des „Diplomático Rums“, der hierzulande unter dem Namen Botucal bekannt ist. Das bedeutete auch das Ende der Verbindung zwischen Botucal und Sierra Madre in Hagen. „Das waren 50 Prozent unseres Umsatzes“, erklärt der Geschäftsführer. Das Unternehmen war erneut in der Situation, neu denken zu müssen.

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Sierra Madre macht sich immer wieder Gedanken über gute Begleitideen zu seinen Produkten. So wie hier einem Kartenspiel. © WP | Michael Kleinrensing

„Das hat uns immer ausgezeichnet. Dass wir uns anpassen und auf neue Situationen einstellen konnten. Die Marke ,Don Pappa‘ blieb beispielsweise bei uns, weil sie unsere Expertise auf dem Markt schätzen. Finlandia und A.H. Riise kamen dazu. Auch Pampelle konnten wir für uns gewinnen. Wir sind gut aufgestellt“, sagt Guido Klaumann und verweist auch auf die starken Eigenmarken des Hauses. Timo Fischer und Marcus Da Costa bilden neben Guido Klaumann die weiteren Säulen der Geschäftsführung. Und noch heute bereichert Sierra Madre mit einem breiten Sortiment an lateinamerikanischen Lebensmitteln Gastroküchen.

Emotionen wichtig fürs Geschäft

„Mache nur Geschäfte mit Leuten, die du magst“, gibt Guido Klaumann das Credo vor, das ihn von Beginn an leitet. „Dann entsteht etwas Gutes. Dann entstehen Emotionen.“ Heute hat Sierra Madre sein Lager bei einer großen Spedition in Herne mit 5000 Paletten-Stellplätzen. Der Firmensitz aber befindet sich weiter in Hagen.

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