Hohenlimburg/Hagen. Von Juden geraubte Leuchter und Kelche sind im Stadtmuseum ausgestellt. Bei der Suche nach Erben wird nun ein Hilfsmittel genutzt.
Wenn diese Öllampe sprechen könnte, dann hätte sie viele Geschichten zu erzählen, aber bei weitem nicht nur schöne. Denn die Rede ist von einer Öllampe, die einer jüdischen Familie in Hohenlimburg von den Nationalsozialisten entrissen wurde. Genauer: einem Sabbatleuchter, der freitagabends von Juden entzündet wurde, die damit den Sabbat - also den jüdischen Ruhetag - begrüßt haben. Ein Ritualgegenstand also, gestohlen wohl nach den Novemberpogromen 1938, bei denen Läden und Häuser von Juden gezielt geplündert und beschädigt wurden. Später ging er in den Besitz der Stadt Hohenlimburg über. Wem dieser Leuchter gehört hat? Unklar.
Heute, 86 Jahre später, steht dieses Raubgut der Nationalsozialisten in einer Vitrine im Hagener Stadtmuseum - doch die Suche nach seinen rechtmäßigen Eigentümern hat begonnen.
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Suche nach Eigentümern
„Ich möchte nicht, dass wir uns mit Werken schmücken, die eine Raubgeschichte haben“, hat der neue oberste Kulturchef von Hagen, Dr. Rainer Stamm, kürzlich im Gespräch mit dieser Zeitung betont. Den Worten folgen erste Taten. So steht der Sabbatleuchter aus Hohenlimburg auf einer Liste mit neun anderen geraubten Ritualgegenständen wie einer Kopfbedeckung (Kippa) und einem Gebetsschal, deren rechtmäßige Besitzer gesucht werden.
Um Hinweise auf die früheren Besitzer zu bekommen, wurden die zehn Objekte in die „LostArt-Datenbank“ des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste aufgenommen. Das soll helfen, um Erben auf die Spur zu kommen. Denn zur Herkunft der einzelnen Objekte herrscht viel Ungewissheit, zu dem Raubgut gibt es kaum Informationen.
„Die Ermittlung von Nachfahren der ehemaligen Eigentümer war bislang ergebnislos. Daher erfolgt nun die Publikation der Stücke auf der Datenbankplattform. Für 2025 wäre ein vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördertes Genealogieprojekt zur Ermittlung möglicher Erben sinnvoll.“
Kaum Infos über Herkunft
„Die Ermittlung von Nachfahren der ehemaligen Eigentümer war bislang ergebnislos“, sagt Stadtsprecher Michael Kaub auf Anfrage. „Daher erfolgt nun die Publikation der Stücke auf der Datenbankplattform. Für 2025 wäre ein vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördertes Genealogieprojekt zur Ermittlung möglicher Erben sinnvoll.“
Suche nach Eigentümern beginnt
Zur Suche nach den rechtmäßigen Eigentümern von Nazi-Raubgut verpflichten die „Washingtoner Prinzipien“ und eine gemeinsame Erklärung des Bundes, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände „zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“.
Als neuer Direktor des Osthaus-Museums und zugleich Leiter des Fachbereichs Museen und Archive der Stadt Hagen will Dr. Rainer Stamm auch die Sammlung des Osthaus-Museums gezielt nach NS-Raubkunst durchsuchen.
Sechs der zehn geraubten Gegenstände auf der Liste sind in Vitrinen im neuen Hagener Stadtmuseum ausgestellt, darunter auch der Sabbatleuchter aus Hohenlimburg. Einige dieser Objekte stehen in jenem Raum der Ausstellung, der sich mit der NS-Zeit in Hagen befasst, in einer Vitrine direkt gegenüber von einer großen Hakenkreuz-Flagge.
Rückgabe angeboten
Wie geht es weiter, wenn rechtmäßige Erben der ehemaligen Eigentümer gefunden werden? Im Regelfall wird die Rückgabe angeboten. Vorbild ist hier der Umgang mit einem wertvollen Gemälde des Malers Auguste Renoir, das einem jüdisch-deutschen Bankier gehörte, der in der Nazizeit aus Deutschland floh. Lange war dieses Gemälde im Hagener Osthaus-Museum ausgestellt, bis es im vergangenen Jahr an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden konnte.
Über eine Ausgleichszahlung, die dank Fördermitteln möglich wurde, kaufte die Stadt Hagen das Gemälde von den Erben zurück, um es im Bestand des Museums zu halten.
Langer Prozess
Bis die Erben von Nazi-Raubgut gefunden sind, kann viel Zeit vergehen. Im Falle des Renoir-Gemäldes hat es vom Beginn der Suche bis zum Rückkauf rund 16 Jahre gedauert. Gleichwohl ein Wimpernschlag gemessen an dem Alter des Sabbatleuchters aus Hohenlimburg: Vor rund 270 Jahren wurde dieser Leuchter aus Messing gegossen.