Hagen-Hengstey. Restaurant „Strandhaus am Hengsteysee“ und Caritas Hagen erleichtern Menschen mit Handicap das Leben. Der Küchenchef erklärt, wie‘s funktioniert:
Ein Ausflug zum Hengsteysee. . . Es gibt zahlreiche Menschen, die sich nicht verständlich äußern können. Jüngere Kinder, aber auch Menschen, die nur eingeschränkt hören und sprechen können oder alte Menschen, denen das Konzentrieren und Sprechen schwerfällt. „Wir möchten signalisieren, dass bei uns jeder willkommen ist“, sagt Sam Lobbe. Der Mitarbeiter im „Strandhaus am Hengsteysee“ hat den Hut auf beim „Metacom-Symbole“-Projekt und bei der Kooperation zwischen Strandhaus und dem Wohlfahrtsverband Caritas.
Hilfe beim Kommunizieren
„Es ist so einfach, Menschen beim Kommunizieren zu helfen. Damit sie sich orientieren können und den Weg zur Toilette oder Garderobe finden oder im Restaurant selbstständig etwas zu essen und zu trinken bestellen können“, unterstreicht der 31-Jährige.
„Es ist so einfach, Menschen beim Kommunizieren zu helfen.“
Saskia Bartsch nickt. Sie ist stellvertretende Einrichtungsleiterin im Wohnhaus St. Barbara an der Boeler Straße. Und sie ist bei der Caritas Hagen als Projektleiterin für Kommunikation beschäftigt. Die Fachberaterin ist begeistert von den einfachen Symbolen und Zeichen, die angepasst sind auf die Bedürfnisse eingeschränkter Personen. „Durch den Wiedererkennungseffekt ermöglichen sie Menschen, wieder teilzunehmen am normalen Leben. Und das ist einfach toll.“
Gastrobetrieb und Außenbereich sind barrierefrei
Wie das vor zweieinhalb Jahren eröffnete Ausflugsrestaurant Strandhaus (der Beachclub direkt am Ufer des Hengsteysees wurde im Juni eingeweiht) und die Caritas zusammengekommen sind? „Seit der Einweihung des Steges, der vom See hoch zum Restaurant führt, sind wir barrierefrei. Durch Gespräche am Rande kamen Saskia und ich darauf, die Sache auszubauen. Das Ergebnis: eine Kooperation zwischen dem Träger Caritas und dem Strandhaus“, blickt Küchenchef Sam Lobbe zurück.
Programm wurde von Grafikerin entwickelt
Aber was konkret verbirgt sich hinter Metacom? Das Programm wurde von einer Grafikerin, die selbst eine schwerst mehrfach behinderte Tochter hat, entwickelt. Der Vorname der Tochter lautet Meta.
Eine Software erstellt einfache Piktogramme, die - falls nötig - das Sprechen überflüssig machen. Eingeschränkte Menschen zeigen auf ein Symbol und signalisieren dadurch, dass sie sich fürchten, Hilfe benötigen, Schmerzen haben, zur Toilette gehen oder etwas bestellen möchten.
Wer Metacom nutzen will - Kitas, Schulen, Altenheime, Werkstätten oder andere Einrichtungen - muss eine Lizenz erwerben. Auch Mike Henning, Betreiber der Ausflugsstätte am Hengsteysee, und die Caritas haben Lizenzen gekauft. Das Strandhaus ist damit der erste Gastrobetrieb in Hagen, der an dem Kommunikationsprojekt teilnimmt.
Vergleichbar mit einem Tiptoi-Stift
Sam Lobbe greift zur Speisekarte, die auf dem Tisch im Restaurant steht, „die finde ich bombastisch“. Mit einem Audiostift (Anybook-Reader), vergleichbar mit einem Tiptoi-Stift, streicht er über einen QR-Code, der neben einem Bild steht, das ein Gericht (Cheeseburger, Pommes Frites oder Salat) zeigt. Es ertönt eine Stimme, die in einfachen Worten das gewählte Essen beschreibt. „Es ist klasse für Kinder oder für alte Menschen, die noch nicht oder nicht mehr lesen können. Es handelt sich um keine spezielle, abgespeckte Speisekarte, die ,sprechende Karte‘ enthält alle Gerichte.“
Besagte Karte samt Stift und Lizenz kostet etwa 300 Euro, „wir geben die Speisekarte auf Nachfrage an unsere Gäste heraus. Wenn das Angebot gut ankommt, stocken wir die Anzahl vermutlich demnächst auf“, sagt der 31-Jährige.
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Die Stimme ist noch zu leise
Allerdings, räumt Projektleiterin Saskia Bartsch ein, müsse die Audio-Qualität des Stiftes etwas verbessert werden, „die Stimme ist momentan noch zu leise. Daran wird derzeit aber gearbeitet“. Sam Lobbe ergänzt: „Wir werden hier dann Anfang Januar richtig starten.“ Bislang hätten Stammgäste und deren Kinder die „sprechende Bestellhilfe“ getestet, „und alle waren baff“.
„Die Audio-Qualität des Stiftes muss etwas verbessert werden, daran wird derzeit noch gearbeitet.“
Vor der Theke im Strandhaus ist auf Rollstuhl-Höhe ein Symbol, das ausdrückt: „Ich brauche Hilfe“, angebracht. Einfache Zeichen weisen den Weg zur Damen- und Herrentoilette. „Meta ist in der Branche mittlerweile bekannt, die Betroffenen kennen die Symbole“, versichert Saskia Bartsch.
Jene, die Höhenangst haben, werden draußen auf dem Gelände vor der Brücke bzw. am Steg durch gut sichtbar angebrachte Zeichen gewarnt, und am Food-Container im Beach-Club zeigen Symbole, wo Snacks bestellt werden können.
Stand-up-Paddeln und Behinderten-Disco in Planung
„Und gemeinsam mit der Caritas haben wir noch mehr vor“, versprechen Mike Henning und Sam Lobbe und spielen auf Aktionen wie Stand-up-Paddeln für Rollstuhlfahrer, eine monatliche Behinderten-Disco sowie Bingo und Tanzkurse für Menschen mit Handicap an. „Bei uns soll alles und jeder einfach normal sein“, unterstreichen die beiden. Saskia Bartsch lächelt und nickt zustimmend.