Lennetal. Breite Ufer, neue Lebensräume: Nach vier Jahren ist die Lenne-Renaturierung abgeschlossen. Nicht nur Altlasten waren geringer als erwartet.

Es ist vollbracht, das Korsett ist weg. Die Rede ist von einem Korsett aus zig Rasengittersteinen und aufgeschütteten Bruchsteinen, das den Flusslauf der Lenne in den 1970ern eingepfercht hat, um mehr Platz für Gewerbe im Lennetal zu schaffen. Dieses bildlich gesprochene Korsett wurde nun zurückgebaut - oder anders gesagt: Die Arbeiten an der Lenne-Renaturierung sind abgeschlossen.

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Baubeginn im Sommer 2020

Vier Jahre Bauzeit hat das größte Ökoprojekt der Hagener Stadtgeschichte in Anspruch genommen und damit zwei Jahre mehr als erwartet. In dieser Zeit haben Baggerschaufeln der Lenne auf rund 2,5 Kilometern zwischen Garenfeld und Reh ein neues Gesicht gegeben. Der Fluss ist nun an manchen Stellen bis zu 90 Meter breit - mehr als dreimal soviel wie vorher. Die Zahlen der dafür nötigen Abgrabungen sprechen für sich: 140.000 Kubikmeter Boden hat das schwere Gerät bewegt, beziffert der Wirtschaftsbetrieb Hagen, wobei der letzte Bauabschnitt noch nicht komplett abgerechnet ist. Zudem wurden 8500 Quadratmeter Rasengittersteine und 8250 Kubikmeter an aufgeschütteten Steinen entfernt.

„Dieses Projekt sucht seinesgleichen, auch über die Stadtgrenzen hinaus. Die Lenne-Renaturierung ist ein Beispiel, wie wir in Zukunft mit Flüssen umgehen müssen.“

Erik O. Schulz, Oberbürgermeister von Hagen
über das größte Ökoprojekt der Stadt

Neuer Rad- und Fußweg

Andererseits wurden mehrere hundert Bäume gepflanzt und Kiesbänke, kleine Inseln und Steilufer am Gewässer modelliert. Das Ergebnis - da sind sich alle Beteiligten einig - kann sich sehen lassen. Neu gelegt am Ufer wurde ein rund 2,3 Kilometer langer Rad- und Fußweg, auf dem der Hagener Oberbürgermeister Erik O. Schulz an diesem kühlen Dezembermorgen steht. Er spart nicht an Worten, um die Lenne-Renaturierung auf den Sockel zu heben. „Dieses Projekt sucht seinesgleichen, auch über die Stadtgrenzen hinaus“, sagt Schulz und dankte allen Beteiligten. „Die Lenne-Renaturierung ist ein Beispiel, wie wir in Zukunft mit Flüssen umgehen müssen.“

(v.L.) Torsten Lambeck (Untere Wasserbehörde der Stadt Hagen), Gerald Fleischmann (Fachbereichsleitung Grün beim WBH), Oberbürgermeister Erik O. Schulz, Alexander Horn (Fachleitung Gewässer beim WBH) und Christian Hauschulte-Oberdick von der beauftragten Fachfirma.
(v.L.) Torsten Lambeck (Untere Wasserbehörde der Stadt Hagen), Gerald Fleischmann (Fachbereichsleitung Grün beim WBH), Oberbürgermeister Erik O. Schulz, Alexander Horn (Fachleitung Gewässer beim WBH) und Christian Hauschulte-Oberdick von der beauftragten Fachfirma. © WP Hagen | Marcel Krombusch

5,8 Millionen Euro Kosten

Rund 5,8 Millionen Euro hat das Ökoprojekt gekostet, wovon 90 Prozent aus Landesmittel finanziert wurden und der Rest aus dem städtischen Haushalt. Weniger Gesamtkosten als befürchtet, war in der Vorplanung noch von gut 7,6 Millionen Euro die Rede. Doch die Altlasten im Uferbereich konnten effizienter entsorgt werden als zunächst einkalkuliert. Altlasten. Dieses Thema hatte in der Planungsphase die Debatte rund um das Öko-Projekt bewegt. Schwermetalle liegen im Boden und wurden während der Arbeiten in den drei Bauabschnitten aufwendig entsorgt.

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Rund 13.000 Kubikmeter Altlasten waren es im ersten und zweiten Bauabschnitt. „Im dritten Bauabschnitt waren es etwas weniger“, bilanziert Alexander Horn, Fachleiter Gewässer beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH). „Generell gab es nicht so viele Altlasten im Boden wie gedacht.“

Lenne Renaturierung
Mit der Lenne-Renaturierung wurde nicht der gesamte Radweg entlang des 2,5 Kilometer langen Flussbereichs neu asphaltiert. Auf einem rund 630 Meter langen Abschnitt nahe der Lennetalbrücke blieb der gepflasterte Radweg unberührt.  © WP Hagen | Marcel Krombusch

Neue Lebensräume

Mit der Renaturierung sind in dem Lenneabschnitt neue Lebensräume für verschiedene Tierarten entstanden. Uferschwalben und Eisvögel können an den Steilufern brüten, im Fluss laichen Fische. „Wir haben hier eine ökologische Verbesserung erreicht“, betont Gerald Fleischmann, Leiter des Fachbereich Grün beim WBH. Mit der erfolgreichen Renaturierung sammle die Stadt Hagen zudem reichlich „Ökopunkte“. Diese könnten künftig an anderer Stelle etwa von Industriebetrieben erworben werden, die bei Baumaßnahmen auch Natureingriffe machen müssen.

Lenne-Renaturierung nach vier Jahren Bauzeit abgeshclossen: Das Der Flusslauf zwischen Garenfeld und Hohenlimburg-Reh ist zu einer Naturlandschaft mit Radweg geworden. 
Lenne-Renaturierung nach vier Jahren Bauzeit abgeshclossen: Das Der Flusslauf zwischen Garenfeld und Hohenlimburg-Reh ist zu einer Naturlandschaft mit Radweg geworden.  © WP Hagen | Marcel Krombusch

Nächster Abschnitt in Planung

Auch wenn die Bagger von der Lenne abgezogen sind, könnten sie in ein paar Jahren wieder an das Gewässer zurückkehren: Denn der Wirtschaftsbetrieb Hagen plant bereits, die Lenne auf weiteren rund zwei Kilometern flussaufwärts bis zur Autobahn 46 zu renaturieren. Ein Ingenieurbüro ist mit der Planung beauftragt. Umweltprüfungen, Anhörungen und Genehmigungen stehen aber noch aus und auch Fördermittel gibt es noch nicht. Realistisch könnten die Arbeiten, wenn alles klappt, vielleicht in drei bis vier Jahren starten, schätzt der WBH.

Lenne Renaturierung
Die Elseyer Bernd und Patricia Munce gehen mit ihren Hunden Sina und Emmy gerne an der Lenne spazieren. Sie freuen sich über die neu geschaffene Naturlandschaft. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Kein Rundweg

Von diesem kühlen Dezembermorgen ungerührt nutzen Bernd und Patricia Munce die Gelegenheit, an der bereits renaturierten Lenne mit ihren Hunden spazieren zu gehen. „Es ist einfach traumhaft“, freuen sich die Elseyer über die neue Naturlandschaft, die da in den vergangenen Jahren geschaffen wurde. Sie wünschen sich jetzt nur noch einen Rundweg, um das Erlebnis an der Lenne perfekt zu machen - und mehr Rücksicht auf die Tiere am Gewässer. „Da schicken Hundehalter zum Beispiel ihre Hunde an Stellen ins Flusswasser, wo die Enten schwimmen“, sagt Patricia Munce. „Sowas finde ich schade.“