Hagen. Wer den Brückenbau in Hagen für den Niedergang des Einzelhandels verantwortlich macht, verkennt die Realitäten, meint Kommentator Martin Weiske.

Dass die Hagener Innenstadt, die ja ohnehin mit ihrem oberzentralen Anspruch ringt, ab 2027/28 mit dem Neubau der Badstraßen-Volmequerung in puncto Erreichbarkeit bald mit einem weiteren Problem konfrontiert wird, ist sicherlich weniger glücklich. Aber es wäre auch völlig abwegig, das Wohl und Wehe der City und des Einzelhandels an einer 18-monatigen Verkehrseinschränkung festzumachen. Die Sanierung von maroder Infrastruktur ist nun mal eine Notwendigkeit, die perspektivisch auch Zukunftsfähigkeit sichert.

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Die Probleme der Hagener Fußgängerzone gehen viel tiefer. Hier wurden nach der Gestaltung der „Neuen Mitte“ über Jahre die Beine hochgelegt und zugleich versäumt, auf den rasanten Wandel der Zeit sowie den Online-Handel zu reagieren, neue Reize zu setzen und den Mief vergangener Jahrzehnte zu beseitigen. Gäbe es hier tatsächlich ausreichend attraktive Angebote, eine moderne Aufenthaltsqualität und dazu ein Publikum, in dessen Umgebung man sich gerne ein paar Stunden aufhält, wäre ein Extra-Fahrweg von fünf Autominuten für interessierte Besucher sicherlich kein Thema. Hier jetzt die Sperrung der Badstraße zum letzten Sargnagel für den Einzelhandelsstandort Hagen hochzustilisieren, verkennt die tatsächlichen Realitäten.

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Gerade zu grotesk mutet es dabei an, dass jetzt in Hagen wieder einmal die Frage in den Mittelpunkt rückt, ob alter Baumbestand für eine temporäre Straßenführung weichen sollte. Nach den jüngsten Erfahrungen mit der laienhaft kommunizierten Holzfäller-Aktion am Hohenhof oder auch die Befindlichkeiten rund um die Roteiche am Hengsteysee zeichnet sich schon ab, welche Emotionalität damit in der Bevölkerung verbunden sein dürfte. Zumal es sich bei den Gehölzen im Volmepark wahrhaftig um stadtbildprägende Bäume handelt, die letztlich das Flair der Grünanlage prägen. Es klingt so, als ob da noch ganz sensible Debatten auf diese Stadt zukommen.

Vielleicht noch ein Vorschlag zur Güte: Da die Westside ja absehbar für Jahre eine unansehnliche Matschbrache bleibt, wäre es dringend geboten, dort eine Gratis-Pendler-Parkplatzfläche einzurichten. Hier könnten in Brückenchaos-Zeiten alle Besucher der Innenstadt, die auf ihr Auto partout nicht verzichten können oder möchten, ihr Vehikel sicher abstellen und dann per Shuttle-Bus über eigene Vorrangspuren in fünf Minuten das Herz der City erreichen. Geht jedenfalls schneller als jede individuelle Pkw-Fahrt mit lästiger Parkplatz-Suche und wäre zudem ein Angebot mit Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen hinaus.