Hagen-Mitte. Seit 65 Jahren gibt‘s das Eiscafé Öse im Volkspark in Hagen. Bald ist Schluss. Wegbegleiter und die erste Betreiberin erzählen. Und das Gebäude?
Traurig. . . Die Öse im Volkspark kennt fast jeder. Generationen von Hagenern haben dort „eine Kugel Vanille im Hörnchen“ oder „zwei Kugeln Schoko im Becher“ geordert. Das Eiscafé wurde vor 65 Jahren eröffnet. Nun schließt es.
In einem Monat ist Schluss
Ende September macht Corinna Marx Schluss mit der Öse, die sie beinahe 35 Jahre betrieben hat. Es sei im Volkspark nicht mehr wie früher, sagt die 53-Jährige, die ihren Pachtvertrag für das Gebäude, das der Stadt gehört, nicht verlängert hat.
Zukunft des Gebäudes ist ungewiss
Was mit dem Gebäude, das 1959 nach Plänen des Städtischen Hochbauamtes errichtet wurde, geschieht, ist derzeit noch ungewiss. „Aktuell können wir noch nichts zu einer Folgenutzung mitteilen. Auch nicht, ob das Gebäude ein Aspekt des ,Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes‘ wird“, teilt Stadtsprecher Michael Kaub auf Nachfrage der Redaktion mit.
Bereich bei C&A früher „ein tolles Viertel“
Dass sich in der Innenstadt und im Volkspark viel verändert hat, sieht auch Michael Eckhoff. Der Heimatpfleger ist „vor einer halben Ewigkeit“ in der Mittelstraße in Hagen groß geworden. „Damals gab es für mich gefühlt nur vier Eisdielen in der City. Zweimal Lazzarin, dann noch Sagui und eben die Öse“, blickt Eckhoff zurück. Der Bereich rund um den Adolf-Nassau-Platz bei C & A sei ein tolles Viertel gewesen, „mit vielen Fachgeschäften wie Spielwaren Helmert, mit Modeläden wie Triller, Boecker und Keudel und mit den Kaufhäusern Quelle und Bilka, die viele Besucher aus dem Sauerland anzogen“. Der Schaufensterbummel am Sonntag sei allgemein beliebt gewesen, „obwohl die Geschäfte geschlossen hatten, gab es viel zu sehen. Und dann machten wir oft noch einen Schlenker zur Öse“.
Menschen flanierten durch Fußgängerzone und Park
Auch Christian Isenbeck, Geschäftsführer der Elbershallen, kann sich an eine gut gefüllte Fußgängerzone, in der die Menschen gern flanierten, und an einen lebendigen Volkspark erinnern. Bis Ende 1998 betrieb Isenbeck in der damaligen Markthalle in der Elberfelder Straße das Steakhaus „El Bisonte“. „Das Bermuda-Dreieck mit Ratskeller, Max und Spinne war ein absoluter Magnet, und auch der Volkspark samt Öse profitierten davon. Alles ergänzte sich.“
Fördergelder sollen City aufwerten
Im Rahmen des Projektes „Integriertes Stadtentwicklungskonzept“ (InSEK City) gibt es Überlegungen seitens der Stadt, den Bereich Adolf-Nassau-Platz als einen Maßnahmenbereich festzulegen. Bei dem Projekt geht es um die nachhaltige Weiterentwicklung von Städten und Stadtteilen.
Auch Teile der Hagener Innenstadt (der Fußgängerzone wird zum Beispiel häufig der Charme der 70er Jahre und mangelnde Attraktivität attestiert) sollen aus Geldern des Förderprojektes aufgewertet werden.
Auch der Reise-Pavillon auf dem Adolf-Nassau-Platz steht ab Ende September leer. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude befindet sich ebenfalls im Besitz der Stadt Hagen.
Und wie reagiert Margarete Radzio, vor 65 Jahren die erste Pächterin des Gebäudes im Volkspark, auf die Nachricht, dass die Öse bald Geschichte ist? „Wenn ich 20 Jahre jünger wäre, würde ich die Öse sofort wieder übernehmen“, sagt die mittlerweile 82-Jährige. Sie habe die Öse damals als „Milchbar im Volkspark“ eröffnet, später wurde daraus die „Oase“.
„Wir waren für unsere Milchmix-Getränke und für Weinbrand-Cola bekannt“, lächelt Margarete Radzio, „viele Schüler und junge Leute kamen zu uns, alle sagten ,Komm, wir gehen zu Grete‘. Allerdings sprachen die meisten immer von Öse, wohl weil es schneller zu sprechen war. Ich fand‘ das ganz gut und hab‘ den Namen dann einfach von ,Oase‘ in ,Öse‘ geändert“.
Enge schaffte Gemütlichkeit
Viel Platz habe es bei ihnen nicht gegeben, der Nebenraum des Gebäudes sei damals von der Stadt als Jugendbücherei betrieben worden, „aber die Enge schaffte Gemütlichkeit“. Nach ein paar Jahren wollte sich „Grete“ mehr um ihre Familie und ihre anderen (Gastro)-Betriebe (den Kiosk im Freibad Hestert führt sie noch heute) kümmern. „Wir haben dann Leute angestellt, aber das war nicht optimal.“
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Die Radzios zogen sich aus der Öse zurück, Nachfolgerin wurde Helga Stein, die von ihrer Tochter im Eiscafé unterstützt wurde. Den beiden folgte dann Corinna Marx als Pächterin. Um die Jahrtausendwende wurde der Anbau – eine Art Wintergarten mit großen Fensterfronten, die einen freien Blick auf den gegenüberliegenden Spielplatz sowie in den Volkspark ermöglichen – eröffnet. Für viele Hagener etliche Jahre über eine beliebte Anlaufstelle bei schlechterem Wetter oder in der Zeit des Weihnachtsmarktes. Doch das alles ist jetzt Geschichte.