Hagen. Angesichts der Brückenproblematiken in Hagen schlägt die Politik vor, Bus- und Radspuren wieder aufzulösen. Für die Verwaltung keine gute Idee
Die seit zehn Tagen wegen Einsturzgefahr geltende Sperrung der Brösel-Brücke „Ebene 2“ in Altenhagen hat während der Sommerpause die Fantasie der verkehrspolitischen Vordenker in den Hagener Ratsfraktionen beflügelt: Die einen sprachen sich dafür aus, die gerade erst etablierten Bus- und Fahrradspuren auf dem Graf-von-Galen-Ring und auf der Körnerstraße wieder verschwinden zu lassen, um dort Platz für Autoverkehre zu schaffen. Andere plädierten für eine Aufhebung der Linksabbiegerspur-Sperrung am Emilienplatz und eine Wiederöffnung der Finanzamtsschlucht für Lkw-Verkehre. Doch die Fachverwaltung erteilt diesen Vorschlägen, die wie ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten rein autogerechter Städte klingen, jetzt allesamt eine Absage: nicht sinnvoll, nicht umsetzbar und mit verschlimmbessernder Wirkung, so die Experten im Rathaus.
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Zurzeit steht die Fahrtrichtung Innenstadt des bemalten, stadtbildprägenden Stahlkolosses am Entree zu Altenhagen auf dem Prüfstand. Doch nachdem bereits bei der Untersuchung der Gegenrichtung massive Schäden am Beton sowie den Spanngliedern der Brücke entdeckt worden waren, geht momentan niemand davon aus, dass die Gegenrichtung bei der gutachterlichen Untersuchung sich standfester zeigt.
Zugleich weist der Fachbereich Verkehr darauf hin, dass die sich direkt anschließende Eckeseyer Brücke, die über die Gleise der Bahn führt, zwar ebenfalls Probleme wegen spannungsrisskorrosionsgefährdeten Spannstahls aufweise, jedoch bislang als tragfähig gelte. Seit knapp vier Jahren überwacht hier ein Monitoringsystem mögliche Spanndrahtbrüche – bislang ohne Auffälligkeiten. Sollte hier eines schönen Tages das Alarmsystem anschlagen, müssten sowohl der Autofluss über als auch der Zugverkehr unter der Brücke sofort gestoppt werden.
Umleitung über Hinterfahrung
Bei der Altenhagener Hochbrücke handelt es sich um ein mehrfeldiges Spannbetonbauwerk. Weil die Elemente alle miteinander verbunden sind, entsteht hier letztlich ein monolithischer Klotz. Daher muss mit Blick auf einen eventuell dringend erforderlichen Abriss genau geprüft werden, wie und in welchem Umfang ein Rückbau geboten ist. Die Ergebnisse dieser statischen Berechnungen könnten, sollte die Stadt sie jetzt beauftragen, frühestens Ende Oktober vorliegen.
Bis dahin setzt die Stadt auf die bereits kommunizierten Umleitungsrouten über Bahnhofshinterfahrung, Wehringhauser Straße und Bergischen Ring, die schon seit Wochen für die Lkw-Verkehre gelten. Die entsprechende Beschilderung wird in Kürze aktualisiert. Im Anschluss sollen auch die Ampelphasen den neuen Verkehrsrealitäten angepasst werden. Doch zunächst einmal möchten die Verkehrsplaner abwarten, wie sich die Lage mit den in der kommenden Woche endenden Sommerferien verändert: Erst dann ergebe sich „ein aussagekräftiges Verkehrsbelastungsbild“. Bis die Ampeln dann tatsächlich umgestellt sind, dauert es etwa weitere acht Wochen.
Als Sofortmaßnahme die Fahrspuren auf dem Graf-von-Galen-Ring und in der Körnerstraße zugunsten des Individualverkehrs umzuwidmen, hält die Fachverwaltung für Humbug, zumal dort die offiziellen Umleitungsrouten ja gar nicht entlang führten und man nur falsche Anreize schaffe, noch mehr Verkehr über die ohnehin baufällige Badstraßenbrücke zu leiten. Der wesentliche Grund lautet jedoch: Am Ende bleibt immer das Nadelöhr der Sparkassen-Hinterfahrung und des Kreisverkehrs an der Badstraße, der schon heute immer wieder an seine Kapazitätsgrenzen stößt: „Durch die Wegnahme der Busspur würde lediglich mehr Stauraum entstehen, in dem sich dann auch wieder der ÖPNV aufstauen würde“, argumentieren die Verkehrsplaner. Es gebe somit keinerlei Verbesserung für den Autoverkehr und darüber hinaus sogar noch eine Verschlechterung für Busse und Zweiradnutzer.
Noch strengere Grenzwerte
Genauso zweifelnd blickt die Verwaltung auf die Idee, die einst in einem gerichtlichen Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe beschlossene Sperrung der Finanzamtsschlucht für Lkw sowie eine Öffnung der zweiten Linksabbiegerspur am Emilienplatz wieder zurückzudrehen zu dürfen. Das hätten bereits erste Gespräche mit der Bezirksregierung signalisiert. Demnach müsste die Stadt, um zugleich grünes Licht von Landesregierung sowie Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) zu erhalten, dezidiert nachweisen, dass man ab dem Jahr 2026 nicht bloß den heute gültigen Grenzwert von 40 Mikrogramm/Kubikmeter (μg/m³) für Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) verlässlich einhält, sondern sogar die doppelt so strenge neue EU-Luftqualitätsrichtlinie (20 μg/m³) erreicht.
„Aus fachlicher Sicht wird sowohl seitens der Bezirksregierung Arnsberg als auch seitens der Umweltplanung der Stadt Hagen deutlich bezweifelt, dass diese Voraussetzung erfüllt werden kann“, räumt die Stadt Hagen ein. Zudem müsste der gesamte Luftreinhalteplan neu aufgestellt werden, was zeitlich ohnehin den Prozess völlig aus dem Ruder laufen lassen würde und nicht umsetzbar sei.
Mittelfristig will die Verwaltung noch einen umfassenden Bericht zur Gesamtsituation der Hagener Brückenbauwerke vorlegen. Dieser wird ebenfalls der neue formierten Brückenkommission der Politik vorgelegt, die Ende September zum ersten Mal tagt.