Hagen. Die Dauerproblematik der Hagener Brösel-Brücken setzt sich fort: Die Stadt sperrt ab dem heutigen Mittwoch (7. August) die nächste Hauptverkehrsader.

Das ist der Brösel-Brücken-Supergau: Die Altenhagener Hochbrücke, die sogenannte „Ebene 2“ wird ab dem heutigen Mittwoch, 7. August, für den gesamten Verkehr gesperrt und absehbar auch nie wieder geöffnet. Das haben am Montag Baudezernent Henning Keune und Hans-Joachim Bihs, Vorstand des für die Brückenunterhaltung zuständigen Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH), angekündigt. Hintergrund sind die aktuell laufenden Prüfungen an den beiden Armen am Nordende des Bauwerks, bei denen ein Ingenieurbüro ganz akut gravierende Mängel festgestellt hat.

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„Es geht um deutliche Schäden an den Spannstahl-Bewehrungen, die vor allem durch eindringendes Tausalz entstanden sind“, erläutert Keune, warum die Stadt Hagen sich nach einer Vorabwarnung durch die Experten zum sofortigen Handeln gezwungen sieht. „Aufgrund der Mängel und den zusammenhängenden Bauteilen ist davon auszugehen, dass eine dauerhafte Vollsperrung der gesamten Brücke nicht zu vermeiden ist“, erwartet Bihs von den weiteren Gutachten keine positiven Überraschungen und betont zugleich, dass eine Sanierung der „Ebene 2“ aufgrund von Konstruktionsmängeln nicht möglich sei.

M. Kleinrensing WP Hagen Sperrung
An diesen Anblick werden die Hagener sich gewöhnen müssen: Die Hochbrücke in Altenhagen (Ebene 2) ist offenbar nicht mehr belastbar, sodass sie für den Verkehr gesperrt werden muss.  © WP | Michael Kleinrensing

Stadt muss akut handeln

In den nächsten Tagen wird auch noch der Arm in Richtung Innenstadt genauer unter die Lupe genommen. Während dieser Phase sollte der Verkehr ursprünglich über die Gegenfahrbahn umgeleitet werden, doch das möchte angesichts des jetzt festgestellten Zustandes des Bauwerks, das ja seit April bereits für sämtliche Lkw-Verkehre gesperrt ist, niemand mehr verantworten.

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Im nächsten Schritt stellt sich zudem die Frage, ob die Brücke selbst ohne Verkehrsfluss auf Dauer überhaupt noch standfähig ist oder womöglich aus Sicherheitsgründen sofort abgerissen werden muss. Hier sollen weitere Gutachten die notwendige Klarheit bringen. „Mit Blick auf die jetzt erkannten Schäden sind die Aussichten hier nicht gut“, erinnert Bihs daran, dass Tausalz an dem Bauwerk über Jahrzehnte ganze Arbeit geleistet und für mannigfaltige Schäden durch Rost gesorgt habe. Zudem sei vor fast 60 Jahren auch die Bauausführung nicht einwandfrei gewesen. Insgesamt habe sich die Festigkeit des Betons verändert, sodass die gesamte Konstruktion nicht mehr so standfest sei.

Hagen
Bei Kontrollen im Inneren der Altenhagener Hochbrücke haben Experten erhebliche Schäden festgestellt. Abschließende Gutachten stehen zurzeit noch aus, dennoch besteht bereits akuter Handlungsdruck.  © Stadt Hagen | Marx Krontal Partner

Daher kündigt Baudezernent Keune parallel an, dass – falls die Sicherheitsuntersuchung die befürchteten Ergebnisse liefere – in einem nächsten Schritt auch ein Rückbaugutachten im Raum stehe. Dieses soll zum einen klären, wie sich ein Abriss der gesamten Brückenkonstruktion einschließlich der Arbeitsamtsrampe und der Stützmauer gestalten ließe. Zum anderen geht es um die Frage, ob es zunächst bei einem Teilabriss bleiben könnte. WBH-Chef Bihs verweist an dieser Stelle darauf, dass es sich bei der Hochbrücke größtenteils um einen monolithischen Block handele, bei dem die beiden Fahrbahn-Arme konstruktiv miteinander verbunden seien. Auch die Lager am Fuße der Stützpfeiler würden längst nicht mehr ihre Funktion erfüllen. Weitere Details erwartet die Stadt Hagen in etwa zwei Wochen, wenn die Untersuchungen der Gutachter, bei denen im Inneren der Brücke zurzeit an mehreren Stellen der Beton geöffnet wird, endgültig abgeschlossen sind.

Große Umleitung über den Ring

Durch die Vollsperrung der Hochbrücke werden sich die Verkehrsflüsse in der Hagener Innenstadt erheblich verändern. Zunächst einmal bleibt es dabei, dass in Fahrtrichtung Eckesey sämtliche Pkw und Lkw zunächst die Rampe hinabfahren müssen, um auf der anderen Seite die gegenüberliegende Rampe wieder hinaufzufahren und über die Eckeseyer Brücke und die Bahngleise hinweg den Hagener Norden anzusteuern. „Dafür werden am Knotenpunkt an der Altenhagener Straße die Ampelphasen durch ein Ingenieurbüro neu berechnet werden müssen“, kündigt Rolf Alexander, neuer Leiter des Fachbereichs Verkehr, bereits die nächsten Schritte an.

„Dafür werden am Knotenpunkt an der Altenhagener Straße die Ampelphasen durch ein Ingenieurbüro neu berechnet werden müssen“

Rolf Alexander
Leiter Fachbereich Verkehr

Für die Gegenrichtung gilt dann künftig für alle Fahrzeuge die bisherige Lkw-Umleitung über Bahnhofshinterfahrung, Wehringhauser Straße und den Bergischen Ring zurück auf die B54. Ob in diesem Zuge noch weitere Ampelschaltungen verändert werden müssen, möchte die Stadt zunächst einmal abwarten. „Hier werden wir bedarfsgerecht reagieren“, will Alexander korrigierend eingreifen, wenn die Ferienzeit vorüber ist. Meist brauche es zwei bis drei Wochen, bis die ortskundigen Verkehrsteilnehmer aufgrund ihrer Schwarmintelligenz sich Alternativrouten gesucht hätten.

Hans-Joachim Bihs, Vorstand des Wirtschaftsbetriebes Hagen, geht davon aus, dass neben der Tausalzproblematik auch Konstruktionsmängel bei der Errichtung der Hochbrücke in Altenhagen in den 1960er-Jahren für die heutigen Schäden verantwortlich sind.
Hans-Joachim Bihs, Vorstand des Wirtschaftsbetriebes Hagen, geht davon aus, dass neben der Tausalzproblematik auch Konstruktionsmängel bei der Errichtung der Hochbrücke in Altenhagen in den 1960er-Jahren für die heutigen Schäden verantwortlich sind.

Stadtbaurat Keune geht davon aus, dass zudem auch die Fuhrparkbrücke, die aufgrund ihrer Schädigungen ja ebenfalls bereits für Lkw gesperrt ist und ab dem Jahr 2028 abgerissen werden soll, eine wichtige Rolle bei den Verkehren in Richtung Innenstadt spielen werde. „Aber auch die Schwerter Straße wird sicherlich wieder an Bedeutung gewinnen“, ahnt er bereits, dass die Umwege für die Hagener in den nächsten Jahren deutlich länger werden.

Prüfungen sind vorgeschrieben

Zum Hintergrund: Bei einer turnusmäßige Bauwerksprüfung der „Ebene II“ im Juni 2023 hatte der WBH Risse im Beton festgestellt. Der Bund sieht für ältere Brückenbauwerke aus den 1960er- und 1970er-Jahren, die mit sogenanntem spannungsrisskorrosionsgefährdeten Spannstahl errichtet wurden, klare Handlungsanweisungen zur Untersuchung und ingenieurmäßigen Gesamtbeurteilung vor. Dementsprechend hat der WBH einen externen Gutachter mit einer intensiven Schadensbeurteilung beauftragt, der in den vergangenen Monaten in einem mehrschrittigen Verfahren bereits eine Schadensanalyse des Bauwerks durchgeführt hat. Entsprechend war Anfang April 2024 die Brücke bereits als Sicherheitsmaßnahme für den Lkw-Verkehr gesperrt worden. Jetzt droht der Konstruktion das ernüchternde Schicksal der Rampe hinter dem Arbeitsamt.