Hagen. Michael Molitor aus Hagen geht einem uralten Handwerk nach. Er schleift Messer. Warum er damit auf TikTok zu einem kleinen Star wird.
Der Mann ist 52 Jahre alt. Und damit zählt er zu einer Generation, die mit einer gewissen Skepsis auf all das blickt, was sich in den neuen sozialen Netzwerken tut. Und trotzdem ist Michael Molitor aus Hagen ein erfolgreicher Influencer.
Wer „molitors.schleifklinik“ bei TikTok (einem Videoportal) eingibt und auf dem Account des Mannes, der auf dem Tücking wohnt und dort seine kleine Werkstatt hat, landet, der reibt sich beim Blick auf die Statistik ebenso verwundert die Augen, wie Molitor selbst: 87.240 Follower (also Menschen, denen seine Beiträge regelmäßig angezeigt werden), 565.000 Likes (also Menschen, denen seine Beiträge gefallen) und 3,8 Millionen Aufrufe seines erfolgreichen Videos. Auf ein Video, das zeigt, wie er in seelenruhiger Gleichmäßiglkeit ein hochwertiges Messer über einen feuchten Stein zieht.
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Beruhigendes Geräusch
Vielleicht ist das das Geheimnis: Das Messerschleifen ist anders als erwartet. Es dreht sich nichts. Michael Molitor zieht die Klinge nicht über einen rotierenden Stein, was ein Geräusch verursachen würde, dass einem Schauer über den Rücken laufen und die Haare zu Berge stehen. Es klingt gleichmäßig. Beruhigend geradezu. „Meine Tochter hat das erste Video aufgenommen und meinte, das hätte schon was Meditatives“, sagt Michael Molitor. Sie lädt den Schnipsel hoch. Und manifestiert so den Beginn einer Social-Media-Karriere auf TikTok und Instagram.
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♬ Originalton - Molitor’s Schleifklinik
Diese Kariere ist die eine Seite dessen, was der Kaufmann Michael Molitor, der im wirklichen Leben bei einem Unternehmen im Bergischen Land arbeitet, ausmacht. Die andere ist die Leidenschaft, mit der er aus einem Hobby einen kleinen Nebenerwerb gemacht hat. Michael Molitor ist Messer-Schleifer. Ein äußerst seriöser, der so gar nichts gemein hat mit fahrenden Völkern, die einst an Haustüren klingelten, für gutes Geld eine miserable Dienstleistung erbrachten und Messer hinterließen, die im Grunde nicht mehr zu gebrauchen waren. „Das“, sagt Molitor, „hat diese Handwerkskunst arg in Verruf gebracht.“
Handwerkskunst selbst beigebracht
Er hat sie gelernt. Wenn auch autodidaktisch. Weil er sich immer wieder mit der Materie beschäftigt hat. Und weil er sich umfangreiches Wissen in Fachbüchern angeeignet hat. „Es gibt kaum gute Schleifer“, sagt Michael Molitor, der selbst gerne kocht und sich so irgendwann mit guten Messern auseinandergesetzt hat. Und: „80 Prozent der Menschen merken vermutlich nicht, dass sie in der Küche mit stumpfen Messern unterwegs sind. Bei einigen muss man sich echt fragen, wie man damit überhaupt noch arbeiten kann.“
„Mein Ziel ist es immer, den Kunden zu zeigen, wie viel Spaß man haben kann, wenn man in der Küche mit einem scharfen Messer zu Werke geht.“
Molitor selbst hat sich irgendwann das erste hochwertige Messer der Marke Güde aus Solingen gekauft. „Das war der Anfang“, sagt Michael Molitor, „dann hat mich die Frage beschäftigt: Wie halte ich das eigentlich scharf. Viele meinen, es reiche, einen Stein zu kaufen und dann loszulegen. Das aber ist ein Irrglaube. Ich habe viel gelesen, mir immer wieder Videos angeschaut. Die Japaner sind die wahren Meister.“
Auch für Restaurants tätig
Molitor schleift seit zehn Jahren. Vorzugsweise für Menschen, die diese Kunst zu schätzen wissen. Für Privatleute, aber auch für Restaurant-Küchen. „Ich kann dabei entspannen“, sagt der Mann, der sein Tun als ressourcenschonend bezeichnet, weil er schon Messer geschärft hat, die älter als 100 Jahre waren. „Das ist ein guter Ausgleich zu meinem Job. Mein Ziel ist es immer, den Kunden zu zeigen, wie viel Spaß man haben kann, wenn man in der Küche mit einem scharfen Messer zu Werke geht.“
Drei Messer brauche man in einer Küche maximal - sagt Molitor: ein Brotmesser, ein Kochmesser und eines zum Schälen. „Bei einem guten Messer muss man im Grunde keinerlei Kraft aufwenden. Hochwertigere Exemplare bekommt man schon für 70 bis 80 Euro.“ Und wenn man es regelmäßig schleifen lasse, dann könne man es bis ans Ende des Lebens nutzen.