Breckerfeld. Gehen den Fraktionen die Ideen aus? Bislang wurde nur ein einziger Antrag gestellt. Wir haben nachgefragt, was die wichtigsten Projekte bis zur Wahl sind:

In Breckerfeld läuft vieles gut: Die Stadtkasse ist gut gefüllt, wenig Kriminalität, eine saubere Innenstadt, viel Grün. Und auch in der Politik geht es meist harmonisch zu. Dieser Eindruck wiederum könnte auch daher rühren, dass viele Anträge, bevor sie in einer Sitzung das Licht der Öffentlichkeit erblicken, hinter verschlossenen Türen diskutiert werden. Viele Ideen zu besprechen gab es in diesem Jahr nicht.

Das objektiv zu messen, ist durchaus schwierig - stützt sich aber in diesem Zusammenhang auf die Auswertung, dass es aus den politischen Reihen in diesem Jahr bislang erst einen einzigen Antrag gegeben hat. Dabei handelte es sich um eine „Umbesetzung des Seniorenbeirats“, ein Antrag der Grünen.

Das heißt nicht, dass in der Zwischenzeit nichts passiert ist. Es gab durchaus Projekte, die besprochen oder umgesetzt wurden. Nur neue Ideen, die ließ die Politik vermissen. Die Redaktion hat daher nachgefragt: Denn in nicht mal mehr einem Jahr ist Kommunalwahl. Welche drei Projekte möchten die Fraktionen bis dahin umgesetzt sehen oder zumindest ein deutliches Stück weiter damit sein? Das sind ihre Antworten - mal mehr und mal weniger konkret:

Die SPD

Arno Förster, SPD Breckerfeld
Arno Förster, SPD Breckerfeld © SPD Breckerfeld | SPD Breckerfeld

„Viele in Breckerfeld schon beschlossene Maßnahmen konnten in den letzten Jahren aus vielerlei Gründen nicht realisiert werden“, antwortet Arno Förster auf die Anfrage der Redaktion. Überlastung der Verwaltungen, Fachkräftemangel, lange Genehmigung- und Beteiligungsverfahren oder die erschwerte Suche nach Fachfirmen würden häufig als Gründe genannt - Förster spricht dabei von „Dauerbaustellen“. Abseits der Dinge, die noch umgesetzt werden müssen, möchte sich die SPD auf folgende Themen konzentrieren:

1. Neubaugebiet Klevinghauser Straße: Seit acht Jahren geht es in Sachen Baugebiet nur in kleinen Schritten voran - wann Bagger rollen oder gar Grundstücke verkauft werden können, ist immer noch offen. „Bis zum heutigen Tage haben die obere und die untere Wasserbehörde sich nicht über die Behandlung des Oberflächenwassers im Neubaugebiet einigen können. Vor dem Hintergrund des immer größer werdenden Wohnungsmangels in Deutschland eine Situation, die nicht mehr nachvollziehbar ist. Hier sieht die SPD-Fraktion dringenden Handlungsbedarf, z.B. notfalls gerichtlich unter Fristsetzung die zuständigen Behörden anweisen zu lassen, tätig zu werden“, so Förster.

2. Forcierung des Ausbaus regenerativer Energie: „Die SPD-Fraktion sieht dringenden Bedarf für ein kommunales Kataster bezüglich Vorrangflächen für regenerative Energieerzeugung, begleitet von kommunalem Bauplanungsrecht.“ In einem Kataster des Landes NRW solle Breckerfeld mit 80 Hektar verortet sein. „Mit diesen Festlegungen könnten Eigentümer mit Investoren und Begleitung des örtlichen Bauamtes kurzfristig Windenergieanlagen auf den ausgewiesenen Flächen realisieren“, so Förster. Auch habe ein Investor ein Kataster für mögliche Flächenphotovoltaikanlagen erstellt, ein Flächen-Eigentümer sei interessiert. Dafür sei dringend Bauplanungsrecht durch den Rat zu schaffen.

„Die Verkehrssituation auf der L528 im Innenstadtbereich ist durch den stetig steigenden Schwerlastverkehr aufgrund der desaströsen Brückensituation der A45 in der Region schon jetzt unerträglich.“

Arno Förster
SPD

3) Integriertes Stadtentwicklungskonzept: Schon seit Jahren fordere die SPD-Fraktion ein integriertes Stadtentwicklungskonzept für den Stadtkern, um „einer weiteren Verödung“ entgegenzuwirken. Dazu müsse der Bereich auch sicherer für Fußgänger werden. „Die Verkehrssituation auf der L528 im Innenstadtbereich ist durch den stetig steigenden Schwerlastverkehr schon jetzt unerträglich“, so Förster. Unverzüglich fordere man Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit und Lärmreduzierung (z.B. Blitzanlagen, mehr/besser markierte Fußgängerquerungshilfen sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen). Der Bau einer Umgehungsstraße sei alternativlos. „Barrierefreiheit im öffentlichen Bereich, Mobilitätsangebote für ältere Menschen, altersgerechte Wohnungen und eine angemessene Nahversorgung, dazu gehört auch eine hinreichende Ärzteversorgung, müssen in der Stadtentwicklung mit Zielvorgaben dringend festgeschrieben werden.“

Als weitere Themen zählt Förster ein Veranstaltungs- und Bürgerhaus, eine Digitalisierungsinitiative im Rathaus, einen Ausgleich des Fachkräftemangels in der Verwaltung sowie Unterbringungsmöglichkeiten für weitere zugewiesene Flüchtlinge auf.

Die Wählergemeinschaft

Katrin Rutenbeck benennt die wichtigsten Projekte für die Wählergemeinschaft. Diese sind:

Katrin Rutenbeck, Fraktionsvorsitzende Wählergemeinschaft Breckerfeld
Katrin Rutenbeck, Fraktionsvorsitzende Wählergemeinschaft Breckerfeld © WP | Michael Kleinrensing

1. Hitzeschutz im öffentlichen Raum: „Unsere Stadt sollte bei Hitzeperioden mehr geschützte Bereiche im öffentlichen Raum bieten. Mit dem neuen Mehrzweckfeld ist ein sehr guter Anfang geschaffen, denn hier ist Sport im Außenbereich auch an heißen Tagen gut möglich“, erklärt sie. Aber auch auf den Spielplätzen müssten schattige Bereiche geschaffen werden, z.B. durch Sonnensegel. „Und im Innenstadtbereich könnte einer der vorhandenen Sitzbereiche ebenfalls verschattet und mit einem Trinkwasserspender ausgestattet werden, um so Älteren auch an heißen Tagen den Aufenthalt im Zentrum zu ermöglichen.“ Durch einen langfristig angelegten Plan ließe sich hier mit überschaubaren jährlichen Investitionen nach und nach Abhilfe schaffen. Immer wieder irritiere jedoch der Blick auf wenig gepflegte oder radikal zurückgeschnittene Grünanlagen.

„Für das von uns schon vor langem geforderte Bürgerhaus, speziell hierfür gebaut und somit optimal an die Bedarfe angepasst, sehen wir die politischen Mehrheiten aktuell eher nicht. “

Katrin Rutenbeck
Wählergemeinschaft

2. Barrierefreiheit: Noch immer fehlten barrierefreie, städtische Räumlichkeiten, in denen kulturelle Veranstaltungen stattfinden bzw. die von den unterschiedlichstenVereinen genutzt werden könnten. „Diese Tatsache erschwert ehrenamtliches Engagement und grenzt körperlich eingeschränkte Personen aus“, so Rutenbeck. Und: „Für das von uns schon vor langem geforderte Bürgerhaus, speziell hierfür gebaut und somit optimal an die Bedarfe angepasst, sehen wir die politischen Mehrheiten aktuell eher nicht. Der Umbau vorhandener Gebäude scheint da realistischer.“

3. Innenstadt: Die „scheinbar unaufhaltsam voranschreitende Verödung der Innenstadt war lange kein konkretes politisches Gesprächsthema“, kritisiert Rutenbeck. „Ein Grund dafür ist sicher, dass es keine einfachen Antworten gibt und sich nur im Zusammenspiel politischer, wirtschaftlicher und ehrenamtlicher Gruppen ein tragfähiges Konzept entwickeln lässt.“ Dass dies nicht unmöglich ist, zeige der Lokalladen. „Ebenso vernachlässigte Themen sind die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor Ort und ein innovatives Tourismuskonzept. Die Gründe dafür scheinen ähnlich wie die oben schon genannten: Lösungen dafür sind sehr komplex und es fehlt außerdem ein Gremium, das Ideen sammelt, bündelt und Impulse setzt.“

Die Grünen

Uwe Brüggemann, Die Grünen
Uwe Brüggemann, Die Grünen © WP | Michael Kleinrensing

Uwe Brüggemann von den Grünen betont, dass vor allem im Vordergrund stehe, „dass wir alle gemeinsam die Stadt verbessern. Wichtig ist die Umsetzung. Durch Getöse und Gestreite ist nichts gewonnen.“ Gewonnen sei auch nichts, wenn Projekte nicht umgesetzt würden - wie die barrierefreie Gestaltung des Fußgängerweges Münzstr./Frankfurter Str. „Wir haken da noch einmal nach“.

1. Sicherheit Fahrradfahrer: Der Radverkehr in der Innenstadt soll sicherer werden. Immer wieder hatte es zuletzt Diskussionen darüber in der Politik gegeben. Denn: Richtung Zurstraße entsteht ein neuer Radweg, Am Branten soll der bestehende verlängert werden. Allerdings fehlt eine Lösung für den Radverkehr in der Breckerfelder Innenstadt. „Wir haben die Diskussion immer wieder angestoßen und verschiedene Alternativen diskutiert. Getan hat sich bislang noch nichts“, so Brüggemann, der auch betont, „die Frage beharrlich“ weiter aufwerfen zu wollen.

„Weil Breckerfeld keinen direkten Anschluss an den Schienenverkehr hat, können viele aufs Auto gar nicht verzichten.““

Uwe Brüggemann
über die Carsharing-Idee

2. Bürgermobilität: Wichtig sei den Grünen auch, das Thema alternative Mobilität voranzutreiben - „und dabei die älteren Bürger nicht zu vergessen. Ein Beispiel: Die 550 Richtung Schwelm fährt jede Stunde, samstags und sonntags gar nicht. Zwar gibt es das Fluxfux-Angebot, aber auch nur zu bestimmten Zeiten oder über das Smartphone“, so Brüggemann. Seine Fraktion wünsche sich, dass über ein Car-Sharing-Angebot nachgedacht wird. „Weil Breckerfeld keinen direkten Anschluss an den Schienenverkehr hat, können viele aufs Auto gar nicht verzichten“, so Brüggemann. Die Idee: Sogenannte Pool-Fahrzeuge, auf die man zurückgreifen bzw. sie mieten kann.

3. Barrierefreie Toilette: „Dazu gibt es einen alten Antrag aus 2018, wir haben aktuell nur eine barrierefreie Toilette im Rathaus - und das nur zu Öffnungszeiten“, ärgert sich Brüggemann. Am Jugendzentrum gebe es eine Toilette, die immerhin mit der Überwindung einer Stufe erreichbar sei. Im Rahmen der Sanierung des Jugendzentrums hoffe man auf eine Lösung.

Die FDP

Auch FDP-Mann Peter Egen zählt wichtige Punkte aus Sicht seiner Fraktion für Breckerfeld auf:

1. Instandhaltung der Infrastruktur: Gemeint seien damit Schulen, Kommunal-Straßen, überörtliche Straßen, aber auch die Weiterentwicklung der Infrastruktur: „Schnelles Internet, Anbindung ÖPNV, Umgehungsstraße - Priorität muss aber die Instandhaltung bestehender Straßen haben“, so Egen.

2. Haushalt: „Wir müssen die ungehemmte Liquiditätserhöhung begrenzen und besser in unsere Instandhaltung investieren. Geld auf irgendeinem Konto repariert keine Straßen“, sagt Peter Egen - natürlich alles mit Augenmaß und nachhaltig. Als nachhaltige Investitionen nennt er: „PV-Anlagen auf städtischen Dächern/Fassaden. In den Haushaltsberatungen für 2024 wurde eine PV-Anlage für Schuldächer aus ‚Brandschutzgründen‘ gestrichen - eigentlich eine schwachsinnige Ausrede.“

„Wir wünschen uns die Einführung einer Ehrenamtskarte - zunächst in Breckerfeld einzulösen, aber auch im zweiten Schritt überörtlich mit direkt umliegenden Kommunen“

Peter Egen
FDP

3. Gemeinwesen: Die FDP wünsche sich darüber hinaus die Einführung einer Ehrenamtskarte, „zunächst in Breckerfeld einzulösen, aber auch im zweiten Schritt überörtlich mit direkt umliegenden Kommunen. Hier denke ich in erster Linie an Ehrenämtler, die kommunale Aufgaben übernehmen (insbesondere, aber nicht nur Feuerwehr)„, erklärt der Kommunalpolitiker. Überörtlich fordere er die Karte auch, weil man in Breckerfeld nicht wirklich Einrichtungen vorhalte, „die bei freiem/reduziertem Eintritt ,Glanz in die Augen‘ der Ehrenämtler bringen“. Alternativ könne man auch die RuhrtopCard finanzieren oder bezuschussen, so die Idee.

CDU Breckerfeld

Die CDU-Fraktion hat die Fragen der Redaktion bis heute nicht beantwortet. Die erste Anfrage wurde am 9. Juli gestellt.

Übrigens: Die Redaktion wird all diese Themen im kommenden Jahr noch einmal aufgreifen - und auch nachfragen: Was ist daraus geworden?