Hagen. War das Zeigen der EM-Spiele für Wirte in Hagen wirtschaftlich erfolgreich oder herrschte in Kneipen und Biergärten tote Hose? Mal nachgefragt:

Aus und vorbei - die Fußball-EM ist rum, und was sagen die Gastronomen? Sind sie mit dem Gästeaufkommen während der Spiele zufrieden, und hat es in den Kassen ordentlich geklingelt? Oder sind doch mehr Fußballfans als ursprünglich angenommen zu Hause geblieben und haben die Begegnungen im kleinen Kreis verfolgt? Die Stadtredaktion Hagen hat sich umgehört.

Positives Fazit vom Café-Halle-Chef

„Es hat Spaß gemacht, unsere Gäste sind gut mitgegangen, und unterm Strich hat es sich auf jeden Fall gelohnt, die Spiele zu zeigen“, zieht Frank Fischer ein positives Fazit. Der Chef vom Waldgasthof Café Halle hat alle Spiele übertragen, „bei uns im Biergarten, auf unserer 3 x 5 Meter großen Leinwand. Die hab‘ ich nicht geliehen, die gehört mir vielmehr selbst, deshalb habe ich auch keinen Eintritt genommen und habe alle Spiele präsentiert“.

Bei interessanten Begegnungen wie Deutschland gegen Dänemark (das Spiel, das in Dortmund ausgetragen wurde, musste aufgrund des Unwetters unterbrochen werden) war der Biergarten mit über 300 Gästen rappelvoll, „und der Starkregen zog bei uns am Tücking zum Glück vorbei“, so der Wirt erleichtert. Und bei Partien, die bei den heimischen Fußballfans kein Riesen-Interesse weckten? Frank Fischer lacht: „Die Spiele hab‘ ich ohne Ton übertragen. Die Leute kamen dann nicht zum Fußballgucken zu uns in den Biergarten, sondern sie kamen zu Café Halle und haben ,mit halbem Auge‘ im Biergarten Fußball geschaut.“

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Bis zu 300 Fußball-Fans kamen bei beliebten Partien zu „Café Halle“.    © Frank Fischer | Frank Fischer

„Emster Treff“ mal gut, mal schlecht besucht

Im „Emster Treff“ an der Haßleyer Straße 53 (das Vereinsheim samt Gastronomie gehört zur Spielvereinigung Hagen 1911, kurz Hagen 11 genannt), fällt das Resümee nicht ganz so prickelnd aus: „Die Deutschland-Spiele waren mehr als gut besucht. Der Rest, na ja, da sah es recht mau aus“, sagt Christian Knoche, 2. Vorsitzender, und fährt fort: „Die deutschen Spieler hätten weiter kommen müssen - weil ich es ihnen, wie so viele Fans, gewünscht hätte und aus wirtschaftlicher Sicht“.

Teilweise nicht mehr los als sonst

Bei den Spielen mit deutscher Beteiligung waren der Gastraum und die Terrasse fast immer bis auf den letzten Platz gefüllt, „auf Wunsch haben wir kostenlos Sitzplätze reserviert, die waren im Nu weg“, so Christian Knoche, doch sonst sei an EM-Fußball-Nachmittagen bzw. -Abenden im „Emster Treff“ nicht mehr los gewesen als sonst, „ein bisschen mehr hatten wir uns schon erhofft. Aber Spiele wie Slowenien gegen Serbien interessieren nun mal kaum jemanden bei uns im Verein“.

Kein echtes EM-Fieber

Auch Lars Martin, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Südwestfalen, bestätigt, dass die Gastronomen in Hagen und der Region nach der EM ein gemischtes Fazit ziehen. Da Deutschland im Viertelfinale ausgeschieden sei, könne man von EM-Fieber oder einem echten Boom in der Gastronomie kaum sprechen, manche seien über die geringen Umsätze innerhalb der letzten vier Wochen sogar eher enttäuscht.

Lars Martin, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Südwestfalen, hat sich bei seinen Mitgliedsbetrieben in Sachen EM umgehört.
Lars Martin, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Südwestfalen, hat sich bei seinen Mitgliedsbetrieben in Sachen EM umgehört. © Lichtrevier | Lichtrevier

Einige Events sind ins Wasser gefallen

„Die Temperaturen sind zeitweise Achterbahn gefahren, und einige Events sind ins Wasser gefallen“, erinnert sich Lars Martin und ergänzt: „Grundsätzlich kann man sagen: Je näher eine Stadt an einer EM-Spielstätte lag, desto zufriedener waren die Gastronomen. Bei Städten, die von Stadien weit entfernt lagen, war die Situation schwieriger.“ NRW sei mit vier Austragungsstätten (Dortmund, Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen) von insgesamt zehn gut versorgt gewesen und etliche Gastronomen hätten auch erfreuliche Umsätze eingefahren, „bundesweit sah die Lage jedoch anders aus, da sind 90 Prozent der Wirte unzufrieden“.

Viele Erfahrungen gesammelt

Aber zurück nach Hagen: „Ab und an hatten wir - wie alle anderen Veranstalter auch - mit dem Wetter zu kämpfen, aber die EM hat sich für uns auf jeden Fall gelohnt, auch deshalb, weil wir viele Erfahrungen sammeln konnten“, sagt Mike Henning, Betreiber des „Strandhaus am Hengsteysee“ sowie des angrenzenden Beachclubs „Salitos Beach“.

Beach Club am Hengsteysee in Hagen: 700 Fans kamen am Freitagabend (14.06.2024) in die EM Lounge am See, um das Eröffnungsspiel der EM 2024 zu sehen.
Der Beachclub „Salitos Beach“ am Hengsteysee in Hagen hat erst vor wenigen Wochen eröffnet. Bis zu 700 Gäste schauten bei Top-EM-Begegnungen zu. © Alex Talash | Alex Talash

Nun wisse er, was seinen Gästen wichtig sei. Ein Beispiel? „Anfangs bin ich nicht davon ausgegangen, dass fast jeder Besucher, der bei uns im Beachclub ein Fußballspiel schaut, einen Sitzplatz haben will. Ich hab‘ schnell reagiert, und es gab dann für jene Begegnungen, für die ich Eintritt erhoben habe, Sitzplatz-Tickets für 10 und Stehplatz-Tickets für 5 Euro.“

Beach Club am Hengsteysee in Hagen: 700 Fans kamen am Freitagabend (14.06.2024) in die EM Lounge am See, um das Eröffnungsspiel der EM 2024 zu sehen.
Zum Eröffnungsspiel der EM kamen 700 Fußball-Fans in den „Salitos Beach“. © Alex Talash | Alex Talash

Bis zu 700 Besucher hätten die beliebtesten Partien auf der 18 Quadratmeter großen Leinwand im Sand verfolgt, „und einige Gäste haben auch im Strandhaus auf LED-Monitoren die Spiele geschaut“. Am beeindruckendsten sei für ihn die Begegnung Deutschland gegen Spanien gewesen, „es war total emotional und die Stimmung top, nur der Ausgang war traurig“. Mike Hennings Fazit? „Ich habe festgestellt, dass bei Spielen, für die ich Eintritt verlangt habe, das Publikum weit gesitteter war als bei Gratis-Übertragungen.“

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Gute Geschäfte im Gastrobetrieb „Bar Celona“

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Der Biergarten des Gastrobetriebs „Bar Celona“ in Hagen war an etlichen EM-Tagen rappelvoll. © Alptug Olcum | Alptug Olcum

Ortswechsel: Im Gastrobetrieb „Bar Celona“ bzw. im Biergarten wurden sämtliche Spiele kostenlos übertragen. „Auf der Terrasse hatten wir insgesamt sechs 85-Zoll-Fernseher und im Café oben und unten Beamer platziert“, erklärt Alptug Olcum.

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Im Gastrobetrieb „Bar Celona“ war der Biergarten während der EM oft gut besucht. Teilweise waren die Tische schon zwei Stunden vor Anpfiff belegt. © Alptug Olcum | Alptug Olcum

Als Deutschland, die Türkei oder Albanien gespielt hätten, sei es bei ihnen jeweils rappelvoll gewesen, „Stimmung und Umsätze waren super“.

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Bei schlechtem Wetter schauten einige „Bar Celona“-Gäste im Café Fußball. © Alptug Olcum | Alptug Olcum

Der Betriebsleiter ergänzt: „Oft waren schon zwei Stunden vor Anpfiff bei uns draußen alle Tische belegt, und die Gäste haben auch gut verzehrt.“ Was ihn gefreut hat? „Ich habe mit etlichen Fußballtouristen - mit Holländern, Schotten, Engländern - gesprochen. Die haben in Hagener Hotels übernachtet und die Spiele im Dortmunder Stadion besucht. Das waren nette Gespräche.“