Hagen. Neue Radarsonden an Brücken in Hagen messen und speichern täglich die Flusspegel. Mit den Daten wird ein ambitioniertes Ziel verfolgt:
Beim Vorbeigehen fällt dieser kleine Kasten kaum auf, der da hoch über der Lenne am Geländer der Lollo-Brücke in Oege hängt. Doch dahinter steckt ein Hilfsmittel, das künftig eine wichtige Rolle bei der Vorhersage von Hochwassern spielen soll. Konkret handelt es sich um eine Sonde, die in Echtzeit den Flusspegel per Radar misst und deren Daten per Funk von Wirtschaftsbetrieb Hagen und Feuerwehr Leitzentrale eingesehen werden kann.
Sieben Sonden im Stadtgebiet
Sieben dieser Sonden hängen drei Jahre nach der Jahrhundertflut an Brücken im Stadtgebiet, neben der Lenne werden darüber auch die Volme (Brücke Bührener Weg und Brücke Eilper Straße), die Ennepe (Brücke Nordstraße und Brücke Kuhlestraße), der Hasper Bach (Brücke Voerder Straße) und der Selbecker Bach (Brücke Auf dem Killing) überwacht. Eine automatische Alarmierung bei der Feuerwehr gibt es allerdings nicht. Die Daten, die diese sieben Sonden liefern, werden ein Jahr lang gesammelt und sollen mittels einer Künstlichen Intelligenz (KI) künftig dabei helfen, besser auf Hochwasser und Starkregen-Fluten vorbereitet zu sein - und früher. Ziel ist eine „KI-Starkregenfrüherkennung“. Projektname: „Heavyrain“.
Vorhersage in Echtzeit
Das Projekt will nicht weniger, als Unwetter in Zukunft so nah wie möglich in Echtzeit vorhersagen zu können. Zeit ist ein wichtiger Faktor, sind lokalen Starkregenfällen doch bislang nur schwer vorhersehbar und die Vorlaufzeiten entsprechend kurz. Allerdings: „Die Prognosen sind noch nicht ausgereift“, weiß Heike Thurn von der Unteren Wasserbehörde. So dauert es aktuell eine Woche, bis ein Hochwassermodell für die komplette Volme mit allen Zuflüssen vorausberechnet ist.
Langfristig wolle man hier auch als Stadt Hagen schneller werden. Deshalb auch die Sonden, mit deren Daten ab kommendem Jahr eine Künstliche Intelligenz gefüttert wird. Die KI soll so besser und schneller vorausberechnen, wie sich die Flusspegel im Stadtgebiet bei Regenfällen entwickeln - und welche Gebiete dann vor Fluten gefährdet sind.
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Bochumer Forschungsprojekt
Die KI-Starkregenfrüherkennung ist Teil eines Forschungsprojektes, das von dem Bochumer Institut für Technologie, dem Landesumweltamt (Lanuv) und dem Lübecker Ingenieurbüro „hydro & meteo“ begleitet wird. Die nötige Künstliche Intelligenz wird von dem Bochumer Startup Okeanus entwickelt. Neben der Stadt und dem Wetternetz Hagen gehören unter anderem auch die Emschergenossenschaft, Lippeverband, der Deutsche Wetterdienst sowie die Stadtwerke Lüdenscheid, Herscheid und Bochum zu den Projektpartnern.
„Irgendwann wollen wir alle Daten ins Internet stellen. Dafür muss aber erst die künstliche Intelligenz laufen.“
Daten sollen ins Netz
Langfristig sollen aber nicht nur Stadt Hagen und Feuerwehr von den Daten profitieren, sondern auch die Menschen im Stadtgebiet. „Irgendwann wollen wir alle Daten ins Internet stellen“, denkt Heike Thurn an eine Online-Plattform, die übersichtlich Pegelinformationen und Warnungen darstellt. „Dafür muss aber erst die künstliche Intelligenz laufen.“ Wann diese Online-Plattform kommt, das ist noch unklar.
Hilfe bei Unwettern
Nützlich sind die Daten der Sonden für die Stadt Hagen aber schon heute. So sind Grenzwerte für die Pegel an den Radarsonden bereits eingestellt. „Wenn der Deutsche Wetterdienst eine Starkregenzelle ankündigt, dann werden die Daten intensiver überwacht“, schildert Markus Fitz, Fachbereichsleiter Entwässerung beim Wirtschaftsbetrieb Hagen.
Messgeräte an Einläufen
Der Gewässerpegel an der Lollo-Brücke ist der einzige seiner Art in Hohenlimburg. Unabhängig von dem Forschungsprojekt zur KI-Starkregenerkennung werden zudem in Hohenlimburg sechs neue Pegelmesser an kleineren Bächen errichtet: Zwei am Holthauser Bach, einer am Milchenbach nahe der Hünenpforte, ein Messgerät am Hasselbach oberhalb des Freibades Henkhausen sowie zwei neue Pegelmesser am Zulauf des Wesselbaches. Diese werden besonders an Einlaufbauwerken installiert.
„Die Pegel an den Einläufen zu wissen, das ist auch für uns in der Unterhaltung wichtig“, betont Alexander Horn, Fachleiter Gewässer beim Wirtschaftsbetrieb Hagen. So könne schneller reagiert werden, wenn die Einläufe von Treibgut freigeräumt werden müssen.
Kein Pegelmesser für Nahmerbach
Für den Nahmerbach, der bei der Starkregen-Flut 2021 zum reißenden Strom wurde, ist derweil kein Pegelmesser geplant. Eine Anfrage seitens der Stadt Hagen, ob in der Nahmer ein amtlicher Hochwasserpegel installiert werden kann, wurde seitens des Landes NRW abgelehnt. In der Nahmer sind unter anderem Retentionsflächen etwa auf dem Gelände der Firma Hüsecken Wire geplant, um mehr Raum für den Bach bei künftigen Starkregen-Ereignissen zu schaffen.