Hagen. Für den deutschen Pass musste Sinan Akbaba vor 25 Jahren seinen türkischen Pass abgeben. Nun ändert sich das Gesetz - zu seiner Freude:
Sinan Akbaba hält ein kleines Heftchen in der Hand, das viel über sein Leben erzählt. Vergilbte Schrift, ein Passfoto aus jungen Jahren und ein verblasster türkischer Halbmond zeugen von dem fortgeschrittenen Alter dieses einst offiziellen Ausweisdokumentes. Es ist sein türkischer Pass, den er vor vielen Jahren abgeben musste, um deutscher Staatsbürger zu werden.
Doch seit dieser Woche gilt das neue Einbürgerungsrecht, das die doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich erlaubt - und Sinan Akbaba hat ein Vierteljahrhundert auf diesen Moment gewartet. „In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Ich bin Deutscher, aber mit türkischen Wurzeln. Dem wird nun Genüge getan“, sagt er und erzählt seine Geschichte.
Sohn eines Gastarbeiters
Geboren vor 48 Jahren kam er als Sohn eines Bergarbeiters in Wanne-Eickel auf die Welt. Sein Vater war einer der Menschen, die heute als türkische Gastarbeiter der ersten Generation bezeichnet werden. Mit einem Jahr zog die Familie nach Hohenlimburg, der Vater nahm eine neue Arbeit in einem Industriebetrieb in Haspe auf. Bis heute lebt der in Hagen und besitzt nur den türkischen Pass. Es waren damals andere Zeiten, Sprachförderung in Deutsch gab es kaum und vor der Einbürgerung standen hohe Hürden.
„Mein Vater wird seit Jahrzehnten von einem Oberbürgermeister und einem Rat regiert, den er nie mitgewählt hat“, sagt Akbaba, seines Zeichens Mitglied im Hagener Aktivisten-Kreis (HAK) und stellvertretender Vorsitzender im Integrationsrat.
Türkischen Pass abgegeben
Sinan Akbaba selbst hat als Sohn türkischer Eltern nach seiner Geburt nur den türkischen Pass bekommen. Nach dem Abitur an der Gesamtschule Eilpe, Ende der 1990er, wollte er Polizist werden und dafür brauchte er die deutsche Staatsangehörigkeit. Das war damals zwar nicht für jede Arbeit in Behörden nötig, aber Pflicht für den Vollzugsdienst.
Doch um den deutschen Pass zu bekommen, musste Akbaba seinen türkischen Pass abgeben. Es war eine Entscheidung, die auf damals geltender Gesetzgebung fußte, nicht auf tiefer persönlicher Überzeugung. Er stellte den Antrag auf Einbürgerung und hielt ein Jahr später seinen ersten deutschen Pass in den Händen. „Damals überwog die Freude, weil es für mich ein Zeichen war, dass ich hierher gehöre.“
„Mein Land ist Deutschland und mein Präsident heißt Steinmeier, aber gleichzeitig liegen meine Wurzeln eben in der Türkei.“
Türkische Wurzeln
Akbaba begann seine berufliche Laufbahn nicht bei der Polizei, sondern mit einer Ausbildung bei der Post. Mittlerweile arbeitet er in der Verwaltung der Stadt Ennepetal, hat eine Katholikin mit oberschlesischen Wurzeln geheiratet und zwei Kinder. Dennoch hätte er den türkischen Pass damals gerne behalten, sagt der 48-Jährige. Für ihn kein Widerspruch. „Mein Land ist Deutschland und mein Präsident heißt Steinmeier, aber gleichzeitig liegen meine Wurzeln eben in der Türkei.“
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Türkisch und Deutsch
So kommt es, dass er bei der Fußball-Europameisterschaft sowohl der Türkei als auch den Deutschen die Daumen drückt. Zu Hause feiert der gläubige Muslim mit seiner Familie ebenso Weihnachten und Ostern wie Zuckerfest und Ramadan. Sah das Gesetz bislang für die türkische Gemeinde keine doppelte Staatsbürgerschaft vor, haben sich die Regeln nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts geändert. Ab sofort können Menschen schneller deutsche Staatsbürger werden, Anforderungen wurden gelockert und Doppelpässe sind möglich.
Termin im Konsulat
Für Akbaba ein Moment der Freude, ist seine türkische Herkunft für ihn doch auch ein wichtiger Teil seiner Identität, wie er sagt. „Jetzt hole ich mir den türkischen Pass zurück.“ Angefragt im türkischen Konsulat hat er bereits, doch der Andrang ist hoch. „Ich bekomme frühestens Mitte August einen Termin.“ Und wem drückt er die Daumen, sollte Deutschland bei der Fußball-EM noch auf die Türkei treffen? „Dann soll der Bessere gewinnen“, antwortet Akbaba salomonisch und zwinkert mit dem Auge.