Hagen. Die Stadt Hagen will einen Spielplatz im Dr. Lammert-Weg nicht verwirklichen. Stattdessen soll etwas völlig Neues her.
Wo es keine Natur mehr gibt, wird sie künstlich hergestellt. So in Hagen, wo in einem Wohngebiet statt eines Spielplatzes eine „Naturerfahrungsfläche“ geschaffen werden soll. Begründung der Stadtverwaltung: „Da es landschaftlich abwechslungsreiche Freiräume im dicht besiedelten städtischen Raum kaum noch gibt, soll am Dr.-Lammert-Weg eine naturnahe Grünanlage mit in der Natur vorhandenen Elementen gestalterisch angelegt werden.“
Der Dr.-Lammert-Weg befindet sich in Boele, das dortige Neubaugebiet wurde vor knapp zehn Jahren entwickelt und bot vor allem jungen Familien die Chance aufs erträumte Eigenheim. Was das Glück im Wohngebiet abrunden würde, wäre ein Spielplatz. Der war den Familien in der ursprünglichen Bebauungsplanung auch zugesagt worden, ein Grundstück in der Mitte der Siedlung stände dafür zur Verfügung.
Spielplätze gibt es genug in der Umgebung
Doch im Rathaus sperrt man sich gegen die Errichtung eines herkömmlichen Spielgeländes mit Rutschen, Schaukeln, Wippen und dergleichen Geräten. Denn in gut erreichbarer Nähe des Dr.-Lammert-Weges gibt es bereits andere Spielplätze, beispielsweise an der Rüttstraße. Stephanie Roth, Abteilungsleiterin für Freiraum- und Grünordnungsplanung im Hagener Rathaus, entwickelte eine Alternative. Statt des Spielplatzes soll eine öffentliche Grünanlage entstehen, in der sich alle Generationen wohlfühlen und die somit langfristig – also auch dann noch, wenn die jetzigen Kinder erwachsen sind – nutzbar wäre.
Einmal fertiggestellt, soll die Grünanlage laut Stadt Hagen Naturerfahrungen mit sich bringen und Kindern ermöglichen, ohne vorgegebene Spielelemente und pädagogische Anleitung frei zu spielen, beiläufig zu lernen und sich zu erholen. Vorhandene natürliche Gegebenheiten auf dem Grundstück am Dr.-Lammert-Weg (etwa Erdhügel, Findlinge, Sträucher und Bäume) würden in die Gestaltung eingebunden und mit „weiteren natürlichen Materialien“ ergänzt, heißt es aus dem Fachbereich Stadtentwicklung.
Platz für Kinder und Erwachsene
Vorgesehen sind Vegetationsbereiche mit heimischen Wildpflanzen, Hecken, Bäume und Sträucher, „die Wildfrüchte tragen“, formuliert der Fachbereich Stadtentwicklung sein Vorhaben: „So kann eine große Vielfalt unterschiedlicher Strukturen auf kleinem Raum geschaffen werden, in welchem Natur und Menschen sich auf Augenhöhe begegnen und ihren gleichberechtigten Platz einnehmen können.“
Nicht nur Kinder sollen auf der Natur-Fläche zum Toben, Hüpfen und Versteckspielen animiert werden. Auf dem Areal soll ein Treffpunkt für die gesamte Nachbarschaft mit Sitzgelegenheiten zum Verweilen entstehen. Deshalb werden die Nachbarn an der Gestaltung der Fläche beteiligt, ein erstes Treffen, moderiert von den Naturgartenplanerinnen Karin Stottmeister und Britta Koslowski, wird am Sonntag, 8. September, um 15 Uhr stattfinden. „Wir können uns noch gar nicht so richtig vorstellen, was dort entstehen soll“, so Jana Kaub-Neumann, die mit ihrem Mann und den beiden Kindern seit sechs Jahren in dem Neubaugebiet lebt: „Aber jetzt freuen wir uns und sind gespannt, dass endlich etwas geschieht.“
Brombeerhecke muss beseitigt werden
Auch die Kinder aus der Nachbarschaft sollen „als Multiplikatoren“ (Originalton Stadtverwaltung Hagen) in den Planungsprozess eingebunden werden, Viertklässler der Goetheschule aus Boele werden sich im Rahmen eines Projekttages mit der Gestaltung der Fläche auseinandersetzen.
Doch bevor die Natur dort mit Hilfe des Menschen zu ihrem Recht kommt, muss Natur beseitigt werden. Auf dem brachliegenden Geländeteil hat sich, so die Stadtverwaltung, eine invasive Brombeerhecke unkontrolliert ausgebreitet, die jede Neubepflanzung unterdrücken würde. Die Brombeeren sollen daher entfernt und über den Jahreswechsel 2024/25 abtransportiert werden.