Hagen. Die grünen E-Scooter von Lime prägen seit vier Wochen das Straßenbild in Hagen. Und es werden immer mehr. Nicht allen Bürgern gefällt das.
Sie sollen umweltfreundlich und bequem zu nutzen sein und das Mobilitätsangebot in Hagen beträchtlich erweitern. Doch dreieinhalb Wochen nach dem Start sorgen die E-Scooter des Unternehmens Lime auch für reichlich Unmut in Hagen. „Die Dinger werden einfach widerrechtlich abgestellt, auf dem Bürgersteig, auf Privatgrundstücken, einfach überall“, ärgert sich Jörg Niehaus.
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Der Hagener ist mit seiner Kritik nicht allein. Auch Joachim Meyer aus Helfe macht seinem Unmut Luft: „Seit Tagen stehen an unterschiedlichen Stellen Elektroroller einfach auf dem Bürgersteig - im Weg für ältere Menschen mit Gehhilfen oder Mütter mit Kinderwagen.“ Ob das von der Stadt etwa so gewollt sei? Das Ordnungsamt sehe sich nicht zuständig, die Polizei auch nicht, so Meyer.
Unternehmen will 825 Roller in Hagen bereitstellen
Die Liste ließe sich fortsetzen. Dabei hat Lime noch nicht einmal die geplante Flottenobergrenze von 825 Rollern in Hagen bereitgestellt: „Es ist uns wichtig, die gesamte Flotte stufenweise auszuliefern, um den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich an die neue Situation zu gewöhnen“, betont Rania Bouaouina, Sprecherin des Unternehmens, das 2017 in den USA gegründet wurde und zu den globalen Marktführern der Branche gehört. Weitere Roller werden also folgen, auch in den Hagener Dörfern: „In Dahl sind wir bereits aktiv und behalten uns weitere Vergrößerungen des Geschäftsgebietes vor, um so viele Bürger wie möglich einzubinden.“
Überhaupt ist man bei Lime geradezu euphorisch angesichts des Zuspruchs, den die Roller in Hagen erfahren: „Der Start in Hagen verlief überaus erfolgreich. Wir sind sehr zufrieden mit der aktuellen Auslastung unserer Flotte“, so Bouaouina: „Unsere Mission ist es, eine Mobilitätsalternative zum Auto zu schaffen, die geteilt, bezahlbar und CO₂-neutral ist. Wir erleben mit jedem weiteren Lime-Jahr, dass die deutschen Bürger E-Scooter als alternative Mobilitätsform wahrnehmen, akzeptieren und vermehrt für die erste und letzte Meile nutzen.“
Abstellen grundsätzlich überall erlaubt
Auch die Hagener Stadtverwaltung sieht ihre Vorstellungen bestätigt. Die Leihroller seien eine Bereicherung für die Mikromobilität in Hagen, sagt Stadtsprecher Michael Kaub. Zwar lägen einzelne Beschwerden vor: „Doch diese bewegen sich in einem normalen Rahmen. Sie sind vergleichbar mit denen aus anderen Städten, in denen E-Tretroller als Verleihsystem eingeführt wurden.“
Was das Abstellen der Roller angeht, über das sich so viele Hagener aufregen, stellt Kaub klar: „Das ist grundsätzlich im gesamten Stadtgebiet erlaubt.“ Lediglich in der Fußgängerzone und an hochfrequentierten Stellen bzw. an Orten, an denen eine größere Anzahl nachvollziehbarer Beschwerden beim Unternehmen vorlägen, sei das Abstellen der Leih-Tretroller nicht möglich: „Diese Gebiete werden in der App des Unternehmens Lime als Parkverbotszonen ausgewiesen.“
Stellplätze am Rande der Fußgängerzone
Am Rande der Fußgängerzone wurden Stellplätze für Leihroller eingerichtet, deren Benutzung Pflicht ist. Solche stationsgebundenen Abstellflächen gibt es auch in anderen Bereichen der Stadt und zwar überall dort, wo ein erhöhter Nutzungsdruck besteht (neben der Fußgängerzone zum Beispiel vor öffentlichen Einrichtungen oder Umsteigepunkten des Öffentlichen Nahverkehrs). Durch Beschlüsse der jeweils zuständigen Bezirksvertretung können weitere Abstellflächen eingerichtet werden.
In Wohngebieten werden dagegen im Regelfall keine Abstellplätze für E-Tretroller vorgehalten. Dies ist denn auch der wesentliche Unterschied zu den Vorgänger-Projekten mit den Anbietern Zeus und Hoppy, die sich nach den schlechten Erfahrungen, die sie mit Vandalismus-Schäden in Hagen machten, alsbald wieder aus der Stadt verabschiedet hatten. Zudem hatte die Stadt Hagen den beiden Anbietern die Auflage eines ausschließlich stationsgebundenen Verleihsystems gemacht, die Fahrgeräte durften also nur nur an bestimmten Orten ausgeliehen und wieder zurückgegeben werden.
Aufgrund der damit gemachten Erfahrungen und dem Ziel, möglichst wirtschaftlich tragfähige Leihangebote als Beitrag zur Mobilitätswende in Hagen zu etablieren, setze man bei Lime „auf ein Hybridsystem“, so Stadtsprecher Kaub. Das bedeutet, dass die Roller bis auf die Verbotszonen eben „überall“ im Stadtgebiet abgestellt werden dürfen.
Bürgersteige sind für Rollerfahrer tabu
Was man noch wissen muss: Grundsätzlich müssen E-Tretroller auf Fahrradwegen gefahren werden, ansonsten ist die Fahrbahn zu benutzen. Das Befahren der Fußgängerzone ist ausdrücklich nicht erlaubt, auch Bürgersteige sind für Rollerfahrer tabu.
Das Nutzen von E-Tretrollern ist gesetzlich erst ab einem Alter von 14 Jahren erlaubt. Für Leihangebote wie jenes von Lime muss man sogar 18 sein, denn erst dann ist die dafür notwendige volle Geschäftsfähigkeit erreicht. Die Hagener Stadtverwaltung rät Eltern ausdrücklich dazu, Kinder unter 14 schon aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht mit E-Tretrollern fahren zu lassen.
Nach dem Scheitern der Konkurrenten möchte Lime dagegen zeigen, dass es in Hagen auch anders geht. Die Voraussetzungen sind gegeben, denn das Unternehmen muss keine Gebühr für seine Geschäftstätigkeit an die Stadt Hagen entrichten.
Und der Mietpreis für einen E-Scooter liegt bei 1 Euro für das Entsperren sowie 20 Cent pro Fahrminute. Was das bisweilen rüpelhafte Benehmen der Nutzer angeht, kann Lime nur appellieren, die Fahrgeräte auf dem Bürgersteig oder an den eigens eingerichteten Abstellanlagen zu parken und dabei andere Verkehrsteilnehmer nicht zu behindern sowie ausreichend Platz für Rollstühle, Kinderwagen und Rollatoren zu lassen.