E-Scooter in Hagen: Das ist erlaubt, das ist verboten
•
Lesezeit: 7 Minuten
Hagen. Egal, wo auch immer sich E-Scooter-Fahrer in der Stadt bewegen - gern gesehen sind sie von den übrigen Verkehrsteilnehmern an kaum einer Stelle.
Ich bekenne mich: Ja, ich bin E-Scooter-Fahrer - aus Überzeugung und Leidenschaft! Dieses Verkehrsmittel erscheint mir einfach ideal, um sich im Stadtverkehr ökologisch verantwortungsvoll zu bewegen und nicht zugleich überall verschwitzt anzukommen. Doch den Beliebtheitsverkehr kann man mit dem wendigen Vehikel im Straßenverkehr kaum gewinnen. Bereits in den frühen Corona-Tagen habe ich mir ein sogenanntes Elektrokleinstfahrzeug geleistet und fahre jetzt bereits seit drei Jahren regelmäßig aus dem heimatlichen Haspe ins Pressehaus in der Hagener Innenstadt. Das macht Spaß, schont die Umwelt, sorgt auf weiten Teilen der Strecke für zusätzliche Frischluft und kostete mich kaum mehr Zeit als eine Bus- oder Autofahrt.
Um meine Sicherheit und Sichtbarkeit zu erhöhen, trage ich meist knatschbunte Jacken mit Signalcharakter. Das führt leider dennoch oft nicht dazu, dass mit dem gebotenen Sicherheitsabstand - mindestens 1,5 Meter Distanz zwischen meiner Lenkstange und dem Pkw-Außenspiegel - überholt wird. Gerne werde ich auch angehupt, weil offenkundig viele Verkehrsteilnehmer noch immer glauben, dass es sich bei einem Fahrzeug, das sich maximal mit Tempo 20 fortbewegt, ja wohl um ein Spielgerät handeln müsse, das auf den Bürgersteig gehöre. Wütende Zurufe und obszöne oder gar drohende Gesten durch heruntergelassene Seitenfenster gehören ohnehin bei vielen Autofahrern zum Überholstandard.
Wer E-Scooter fährt, braucht durchaus starke Nerven, aber eben auch ein Mindestmaß an Respekt der übrigen Verkehrsteilnehmer. Gleiches gilt naturgemäß für die Zweiradnutzer selbst: Wer E-Scooter fährt, muss natürlich die für ihn vorgesehenen Verkehrsflächen nutzen (das ist niemals der Bürgersteig), die in der Straßenverkehrsordnung hinterlegten Regeln kennen und vor allem die Fußgänger respektieren. Die allgemeinen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zum Gebot der ständigen Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme sind für E-Scooter-Nutzer natürlich ebenfalls gültig. Dieses konstruktive Miteinander wird künftig noch häufiger auf die Probe gestellt, wenn sich in Hagen nicht bloß die Privat-Besitzer von E-Scootern tummeln, sondern sich mit der Firma „Lime“ auch wieder ein professioneller Elektroroller-Verleiher in Hagen etabliert.
Auffällig bleibt: Für E-Scooter bestehen abseits der Straßen weitaus mehr Restriktionen als für Radfahrer und E-Biker. Dabei ist der E-Scooter mit maximal 20 km/h nicht bloß deutlich kleiner, sondern vor allem auch langsamer als ein handelsübliches Pedelec, dessen Motor bis 25 km/h unterstützt. Viele Radler - ob mit oder ohne Motor - sind in der Realität häufig sogar deutlich schneller unterwegs und mit ihren Drahteseln auch deutlich schwerer als ein Roller-Nutzer. Dennoch dürfen sie im Gegensatz zu den E-Scooter-Fahrern beispielsweise weite Teile der Hagener Fußgängerzone befahren.
Um allen Beteiligten einen Überblick für ein gedeihliches Miteinander der unterschiedlichen Mobilitätsvarianten zu verschaffen, hat die Stadtredaktion noch einmal die wesentlichen Fakten zum Verkehrsmittel E-Scooter zusammengetragen und in Zusammenarbeit mit der Hagener Polizei anhand einiger gezielt ausgewählter Situationen aus dem Hagener Stadtgebiet mit zwölf Beispielsituationen eine kleine Regelkunde erarbeitet.
Was gilt als E-Scooter?
E-Scooter sind Tretroller mit einem Elektroantrieb – wendig, klein und dank eines Klappmechanismus leicht zu transportieren. Die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge (EKfV) regelt die Verwendung dieser Elektroroller. Die Verordnung gilt für Fahrzeuge mit Lenk- oder Haltestange, mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 20 km/h und einer Straßenzulassung/Betriebserlaubnis.
Wo dürfen Elektro-Scooter fahren?
E-Scooter sind auf Radwegen, Radfahrstreifen und in Fahrradstraßen erlaubt. Nur wenn diese fehlen, darf auf die Fahrbahn ausgewichen werden. Auf dem Gehweg, in der Fußgängerzone und in Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung sind die kleinen E-Roller verboten. Ausnahme: Bei Verbot der Einfahrt bei Einbahnstraßen gilt das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ auch für Elektrokleinstfahrzeuge. Die Nutzung von Elektrokleinstfahrzeugen auf anderen Verkehrsflächen kann durch das Zusatzzeichen „Elektrokleinstfahrzeuge frei“ erlaubt werden. Zudem gilt: Selbst wenn der Motor eines E-Scooters ausgeschaltet wird, darf nur auf den vorgesehenen Verkehrsflächen gefahren werden. Es ist nicht möglich, während des Betriebs eines Fahrzeugs beispielsweise durch Ausschalten des Motors die Fahrzeugart zu wechseln.
Wer darf E-Scooter fahren?
Fürs E-Scooter-Fahren wird weder eine Mofa-Prüfbescheinigung, noch einen Führerschein benötigt. Das Mindestalter liegt bei 14 Jahren. Außerdem ist das Tragen eines Helms empfehlenswert, auch wenn keine Helmpflicht für Elektro-Tretroller besteht. Elektroroller sind nur für eine Person zugelassen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man zu zweit das zulässige Gesamtgewicht nicht überschreiten würde. Auch Anhänger dürfen nicht an einen E-Scooter angebracht werden.
Wie viel Alkohol ist erlaubt?
Für Elektroroller-Fahrer gelten dieselben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer. Das heißt, wer mit 0,5 bis 1,09 Promille fährt und keine alkoholbedingte Auffälligkeit zeigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und erhält einen Bußgeldbescheid: In aller Regel sind das 500 Euro, 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte in Flensburg. Eine Straftat liegt vor, wenn der Fahrer trotz einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille mit dem E-Scooter unterwegs ist. Von einer Straftat kann aber auch schon ab 0,3 Promille die Rede sein, wenn der Fahrer alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigt. Wichtig: Für Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge in der Probezeit gelten 0,0 Promille – sie dürfen also unter Alkoholeinfluss überhaupt nicht hinter den Roller-Lenker.
Welche Versicherung ist Pflicht?
E-Scooter brauchen eine Haftpflichtversicherung. Diese wird mit einer aufgeklebten Versicherungsplakette am Roller nachgewiesen. Die Haftpflichtversicherung haftet für Schäden, die Dritten durch den Elektro-Scooter zugefügt werden. Zudem bieten manche Versicherung die Möglichkeit, zusätzlich eine freiwillige Teilkaskoversicherung abzuschließen.
Was sind technische Standards?
Ob ein E-Scooter für den deutschen Straßenverkehr zugelassen ist, erkennen Interessenten am sogenannten Typenschild. Um eine solche Typenschildgenehmigung zu erhalten, müssen Hersteller jedes Fahrzeugmodell beim Kraftfahrzeugbundesamt überprüfen lassen. Das Typenschild bedeutet, dass der Roller eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) hat und alle in der Verordnung festgesetzten Kriterien erfüllt. Auf deutschen Straßen dürfen nur maximal 500 Watt starke Scooter fahren. Fahrzeuge mit mehr Leistung sind nicht zugelassen. In der Regel sind für normale Stadtfahrten aber bereits Tretroller mit 250 Watt ausreichend. Eine ABE kann ein E-Tretroller nur bekommen, wenn er eine Geschwindigkeit von 20 km/h nicht überschreitet. Schnellere Modelle sind in Deutschland im Straßenverkehr nicht erlaubt. E-Scooter unterliegen zudem der Lichtzeichenregelung: Sie müssen daher sowohl an der Vorder- als auch an der Rückseite mit einem funktionierenden Licht ausgestattet sein.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.