Hagen. Der Hohenhof ist das berühmteste Gebäude in Hagen. Kunstfreunde aus der ganzen Welt besuchen ihn. Ausgerechnet hier wurde Michael Eckhoff geboren
Der Hohenhof war einst an Exklusivität nicht zu überbieten. Der hochherrschaftliche Wohnsitz des Industriellen und Kunstmäzens Karl-Ernst Osthaus (1874 bis 1921) war der Mittelpunkt des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens in Hagen. Und in diesem mondänen, noblen Haus kam Michael Eckhoff zur Welt. „Der ehemalige Theaterraum der Familie Osthaus war mein Geburtszimmer“, berichtet er. „Und in einem der Kinderzimmer habe ich mit meiner Mutter meine ersten Lebenstage verbracht.“
Glaubt man das, im Hohenhof geboren, diesem Juwel der Architektur, diesem Gesamtkunstwerk, diesem Baudenkmal europäischen Ranges? Und doch ist es so: Michael Eckhoff tat hier seinen ersten Schrei. Und nicht nur er. „Viele tausend Hagener wurden im Hohenhof geboren“, berichtet der 69-Jährige und blickt auf die grauschwarzen Mauern der Villa, deren Inneres mit edlen Teppichen, Möbeln und Tapisserien ausgestattet ist.
Bestens mit der Hagener Geschichte vertraut
Denn der Hohenhof war nicht immer ein Wohnsitz reicher Leute und er wurde auch nicht immer als architektonisches Kunstobjekt wahrgenommen. Am Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die Menschen in Hagen ganz andere Sorgen. Die Innenstadt war zerbombt, die Entbindungsklinik des Frauenarztes Dr. Rumpf zerstört.
Noch ehe die siegreichen Amerikaner die Stadt besetzen konnten, habe der Mediziner seine Geburtsstation kurzerhand in den leer stehenden Hohenhof verlegt, berichtet Michael Eckhoff, der als Stadtheimatpfleger bestens mit der Geschichte seiner Geburtsstadt und seines Geburtshauses vertraut ist. Von 1945 bis 1962 blieb der Hohenhof Frauenklinik. Das Theaterzimmer wurde zum Kreißsaal umfunktioniert, das Arbeitszimmer von Karl-Ernst Osthaus zum Sprechzimmer, die Kinderzimmer im Obergeschoss zu Patientenzimmern. An die Fassade wurde ein Aufzug montiert, damit die Mütter in ihren Betten leichter in den ersten Stock transportiert werden konnten.
Kunstsinn, Wissensdrang, Heimatverbundenheit
1954 kam im Hohenhof auch Michel Eckhoff zur Welt. Daran kann er sich selbstredend nicht erinnern, aber seine Mutter habe häufig davon gesprochen, dass er in einem ganz besonderen Haus geboren worden sei: „Und sie hat mir, schon als ich ein Kind war, viel über die städtische Entwicklung Hagens erzählt.“ Das habe ihn stark geprägt, sagt Eckhoff: „Wahrscheinlich liegt darin der Schlüssel für meine weitere Entwicklung.“
Er studierte natürlich Kunstgeschichte - was auch sonst, wenn man im Hohenhof geboren ist. Dem Jugendstil, jener Kunstepoche, die der Hohenhof-Erbauer Henry van de Velde maßgeblich prägte, bringt Eckhoff eine besondere Neigung entgegen.
„Als ich neun war, habe ich mir meine ersten eigene Hagen-Karte gekauft“
Doch mindestens ebenso groß wie sein Kunstsinn waren sein Wissensdrang und seine Heimatverbundenheit. Im Büro seines Vaters hing eine große Hagen-Karte an der Wand, vor der der kleine Michael fasziniert in minutenlanger Andacht stehen bleiben konnte: „Als ich neun war, habe ich mir meine erste eigene Hagen-Karte gekauft.“ Geboren im Hohenhof, getauft in der Johanniskirche, aufgewachsen in der Mittelstraße: „Mehr Hagen geht einfach nicht“, sagt Eckhoff mit einem Lachen.
Viele Hagener waren noch nie im Hohenhof
Michael Eckhoff hat Hagen verinnerlicht. Er liebt diese Stadt. Und zum Hohenhof, die Stätte seiner Geburt, zieht es ihn immer wieder zurück. Seinen ersten Volkshochschulkurs hat er hier gegeben. Thema? Natürlich „Karl-Ernst Osthaus und seine Zeit.“ Regelmäßig führt er auswärtige Besuchergruppen durch den Gebäudekomplex und die dazugehörige Gartenanlage, wobei er immer wieder ernüchtert feststellen muss, dass die Fremden mehr über den Hohenhof wissen als so mancher Einheimische: „Ich glaube, viele Hagener sind tatsächlich noch nie im Hohenhof gewesen.“
„Ich glaube, viele Hagener sind tatsächlich noch nie im Hohenhof gewesen“
Das Ehepaar Osthaus hatte fünf Kinder und immer zahlreiche Künstler, Intellektuelle, Architekten und andere Prominente zu Gast. Dass der Hohenhof heute ein Museum ist, sei vermutlich die beste Lösung für das Haus, in dem einst das Leben quirlte, so Eckhoff. Kaum auszudenken, wenn das empfindliche Interieur Schaden erleiden würde.
Und so ist in das einst lebensfrohe Gemäuer die Stille eingezogen. Mit seinen Besuchern bewegt sich Michael Eckhoff heute sehr vorsichtig durch den Theatersaal. Sein Geburtszimmer.