Hagen. Ohne Vorankündigung hat die Stadt Hagen viele alte Bäume am Hohenhof fällen lassen. Der Garten soll aussehen wie einst. Die Anwohner sind empört.
Die Stadt Hagen hat am Hohenhof alte und wertvolle Bäume fällen lassen, ohne die Öffentlichkeit oder die politischen Gremien davon in Kenntnis zu setzen. Die Anwohner in Eppenhausen sind empört über den Kahlschlag rund um das historische Gemäuer, in dem anno dazumal der Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus (1874 bis 1921) mit seiner Familie residierte.
„Unglaublich, dass man so viele Prachtexemplare einfach abgeholzt hat“, sagt Peter Pietzsch, ehemaliger Intendant am Hagener Theater.
Alte Bäume - einfach abgeholzt
Der ausladende Mammutbaum, der am Rand des Anwesens Schatten spendete und fast schon selbst ein Denkmal war – abgeholzt.
Die herrlichen Kirschbäume, die im Frühling zur Zeit der Blüte vor dem Hohenhof ein herrliches Bild abgaben – abgeholzt.
Eine Buche nahe der Grundstücksmauer, älter als der Hohenhof selbst – abgeholzt.
Eine mächtige Pappel mit mindestens einem Meter Stammdurchmesser – abgeholzt.
Keinerlei Krankheiten erkennbar
Die Reihe ließe sich fortsetzen. „Es wurden etliche Baumriesen gefällt, an deren Schnittstellen keinerlei krankhafte Symptome erkennbar waren“, berichtet Gerhard Göbel, der mit seiner Frau regelmäßig Spaziergänge entlang der Häusergruppe am Stirnband unternimmt.
Nun ist die Empörung groß. Die Anwohner ärgern sich nicht nur darüber, dass der alte Baumbestand so mir nichts dir nichts vernichtet wurde. Sie sind auch deshalb wütend, weil die Fällaktion offenbar in aller Heimlichkeit geschah. „Wir haben davon erst erfahren, als schon alles abgesägt war“, sagt Pietzsch.
Stadt Hagen Gartenanlage rekonstruieren
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Tatsächlich hatte die Stadt im Oktober die Rekonstruktion der historischen Gartenanlage am Hohenhof angekündigt. Das um 1906 erbaute Wohnhaus von Osthaus und der zum Gebäudekomplex gehörende Garten gelten als eines der wenigen erhaltenen Beispiele für ein Jugendstil-Gesamtkunstwerk.
Der Hohenhof wurde in die Projektliste der Internationalen Gartenschau (IGA) 2027 aufgenommen, wodurch Hagen an touristischer Attraktivität gewinnen würde. Der IGA-Projektbeirat hat diese Maßnahme mit der Verleihung des ersten Sterns in der Liste der investiven Projekte gewürdigt, für die Wiederherstellung des Gartens nach historischem Vorbild hat die Landesregierung 1,34 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Anwoher reagieren mit Sarkasmus
„Es ist für die Öffentlichkeit natürlich unheimlich interessant zu erleben, welches Gemüse Herr Osthaus angebaut hat“, spart Pietzsch nicht mit Sarkasmus.
Dass für die Rekonstruktion des Gartens jedoch so viele alte Bäume verschwinden müssen, davon war bei der Vorstellung des Projektes nicht die Rede. Als die Mitglieder des Naturschutzbeirates vom geplanten Wegrasieren der Gewächse erfuhren, regte sich Widerstand. „Wir sehen ja ein, dass das Erbe von Karl Ernst Osthaus hochgehalten werden soll, aber es kann doch nicht sein, dafür reihenweise alte Bäume zu fällen“, so Vorsitzende Antje Selter: „Wir leben doch in einer anderen Zeit, es muss doch nicht so aussehen wie vor 100 Jahren.“
Raubbau in Zeiten des Klimawandels
Gartenschau geplant
Die Stadt Hagen möchte die Anlage in Zukunft einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
Deshalb wurde das Gesamtkunstwerk Hohenhof zur Teilnahme an der Internationalen Gartenschau 2027 (IGA) angemeldet.
1,34 Millionen Euro Landesförderung erhält die Stadt Hagen im Rahmen des Förderprogramms „Grüne Infrastruktur im Rahmen der Richtlinie REACT-EU unter Einsatz von Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“.
Die Anlage steht unter Denkmalschutz und in Teilen unter Landschaftsschutz.
Dass man ausgerechnet in Zeiten des Klimawandels solch einen Raubbau betreibe, sei ihr unbegreiflich: „Wir haben darum gebeten, doch wenigstens die alte Buche, die älter ist als das gesamte Gut, zu erhalten.“ Vergeblich. Der mächtige Baum stand offenbar einer historischen Mauer im Weg und wurde, obwohl älter als diese, abgehauen.
Und so verhallte der Protest. Bei der Stadt Hagen will niemand zu der rabiaten Aktion Stellung nehmen. Lediglich über die Pressestelle ließ Baudezernent Henning Keune, der die Verantwortung für den Kahlschlag tragen soll, in dürren Worten mitteilen, die Fäll- und Rodungsarbeiten würden bis Ende Februar abgeschlossen. Im Herbst würden voraussichtlich die umfangreichen Pflanzarbeiten umgesetzt, so dass der Anger dann wieder zu einer Wiese mit Obstbäumen werde.
Autobahn stört Gartenatmosphäre
Was viele Bürger von dieser Art historischer Rekonstruktion halten, fasst Gerhard Göbel zusammen: „Ein kostspieliges und hoffnungsloses Unterfangen. Denn die unmittelbare Nähe der Autobahn mit ihren Lärm- und Abgasemissionen wird eine Gartenatmosphäre wie zu Lebzeiten von Karl Ernst Osthaus nie zulassen.“