Schwelm. Unter großem Medienrummel startet der Prozess gegen den Schwelmer (48), der seine Frau mit 34 Messerstichen getötet haben soll. So geht es nun weiter

Als der 48-jährige Schwelmer am Dienstagmittag den Gerichtssaal betritt, schaut Deutschland zu. Mehrere Fernsehkameras sind auf den vergleichsweise kleinen und schlanken Mann gerichtet, der die Kapuze seines hellblauen Hoodies tief in sein Gesicht gezogen hat, das er zusätzlich mit einer Akte vor den vielen Objektiven abschirmt. Er wird eines Verbrechens bezichtigt, das weit über Schwelm hinaus für Aufsehen gesorgt hat: Mit 34 Stichen und Schnitten soll er seine Frau ermordet haben. Der Auftakt eines Verfahrens, das sich bis in den Winter hineinziehen wird und das eine aufwendige Beweisaufnahme vorsieht. Denn: Die Indizienkette muss gut sein, da mit der Tatwaffe ein ganz entscheidendes Beweismittel fehlt.

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Als Staatsanwalt Lukas Franke die Anklageschrift verliest, steht einigen der Zuschauer der Schock ins Gesicht geschrieben, ob der Brutalität, mit der der Schwelmer 34 Mal auf seine Frau eingestochen haben soll, bevor er sie im Garagenhof ihrer Wohnanschrift an der Moltkestraße sterben ließ. Unter anderem soll er ihr tief die Kehle aufgeschnitten haben. Seine Frau, die seit geraumer Zeit getrennt von ihrem mutmaßlichen Mörder lebte, soll erst kurz zuvor gegen 16 Uhr mit ihrem Hyundai an der Wohnanschrift eingetroffen sein.

Dort soll der Schwelmer bereits auf sie gewartet haben, um sich auf die nichtsahnende Frau zu stürzen, nachdem diese ihr Auto in die Garage gefahren hatte. Die Staatsanwaltschaft sieht mit der Heimtücke und den niederen Beweggründen gleich zwei Mordmerkmale als gegeben an, die dem Schwelmer möglicherweise eine lebenslange Haftstrafe einbringen könnten.

Angeklagter lässt keine Emotionen erkennen

Der Angeklagte selbst lässt keinerlei Emotionen in seinen Gesichtszügen erkennen, als er hört, was ihm zur Last gelegt wird. Er hat sich bislang überhaupt nicht zu den Vorwürfen geäußert und noch ist ungewiss, ob er dies im Laufe des Verfahrens tun wird, wie Christoph Wortmann, Rechtsanwalt aus Gevelsberg sagt, der den Mann gemeinsam mit seinem Hagener Kollege Ihsan Tanyolu verteidigt. Auch eine Begutachtung durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. Nikolaus Grünherz lehnte der Schwelmer im Vorfeld seiner Gerichtsverhandlung ab.

Das mediale Interesse an dem Fall ist sehr groß.
Das mediale Interesse an dem Fall ist sehr groß. © Alex Talash | Alex Talash

Generell war der erst Prozesstag vor dem Hagener Schwurgericht schon wieder beendet, als sich die vielen Zuschauer im Saal gerade erst gesetzt hatten. Nach der Verlesung der Anklageschrift fasste die Vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschage die Ergebnisse eines Vorgesprächs aller Prozessbeteiligten zusammen.

Richtig los geht es am kommenden Freitag, wenn zunächst die Ersthelfer, die die lebensgefährlich verletzte 50-Jährige gefunden hatten, beschreiben, welche Situation sie auf dem Garagenhof erlebt haben. Zudem stehen die ersten Polizeibeamten auf der Zeugenliste, die für die Prozessdauer bis Ende November die Aussagen von mehr als 100 Menschen zu dem tödlichen Verbrechen vorsieht.

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Dabei will Heike Hartmann-Garschagen - das hat sie zum Auftakt bereits angekündigt - auch einen intensiven Blick in das Leben der Familie werfen und zahlreiche Freunde, Verwandte und Nachbarn zu dem Fall befragen. Außerdem wird sich mit Sicherheit ein großer Teil damit befassen, wie der Schwelmer sich gegenüber seiner Frau verhalten hat.

Denn: Vor allem die Aussagen gegenüber der Polizei, dass der 48-Jährige dem Opfer gegenüber schon früher aggressiv aufgetreten war, haben die Ermittler auf seine Spur gebracht. Das ist auch in den späteren Vernehmungen immer wieder ein großes Thema gewesen. Der Ehemann soll die Finanzbeamtin regelmäßig verprügelt haben, sie psychisch unter Druck gesetzt haben, ihr verboten haben, die Ehe zu beenden.

Die Frau soll über Jahre hinweg unter dem gewalttätigen und übergriffigen Ehemann gelitten haben. Doch schließlich soll sie den Absprung dennoch geschafft haben. Am 6. Oktober des Jahres 2023 reichte sie beim Amtsgericht Schwelm Scheidung ein. Da lebte das Paar bereits getrennt. Die 50-Jährige wohnte mit dem gemeinsamen 15-jährigen Sohn in dem Haus an der Moltkestraße. Der soll seinem Vater bereits vor der Tat mitgeteilt haben, dass er keinen Kontakt mehr zu ihm haben möchte.

Die gesamte Nacht nach der grausamen Tat sicherten die Polizisten an der Moltkestraße Spuren.
Die gesamte Nacht nach der grausamen Tat sicherten die Polizisten an der Moltkestraße Spuren. © Alex Talash | Alex Talash

Agnes Adamus vom Schwelmer Jugendamt ist seit der schrecklichen Tat Vormund des Jungen, der als Nebenkläger in dem Prozess gegen seinen Vater auftritt und von Rechtsanwältin Heike Tahden-Farhat vertreten wird. Zum Prozessbeginn wohnte er der Verhandlung nicht bei, und ob er dies überhaupt einmal tun wird, ist ungewiss.

Als Motiv für die Taten des 48-Jährigen sieht die Staatsanwaltschaft seine Wut darüber, dass die 50-Jährige sich von ihm getrennt hat. Einerseits seien ihm Macht und Kontrolle über die Frau abhandengekommen, andererseits hätte die Trennung die finanzielle Lage erschwert.

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