Gevelsberg. Die Kirmes-Rede von Bürgermeister Claus Jacobi schlägt hohe Wellen: Jetzt fordern die Grünen im Ennepe-Ruhr-Kreis eine Entschuldigung von ihm.

Diese Kirmes-Rede schlägt hohe Wellen: Nach dem Kommentar dieser Redaktion, der die Rede des Gevelsberger Bürgermeisters Claus Jacobi zur Eröffnung der Gevelsberger Kirmes kritisierte, in der er sich über den Körperbau der Bundesvorsitzenden der Grünen, Ricarda Lang, lustig machte, fordern die Grünen eine offizielle Entschuldigung des SPD-Mannes. Doch daran denkt Claus Jacobi gar nicht.

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Nachdem bereits die Gevelsberger Ratsfrau der Grünen, Annette Bischoff, Stellung bezogen hatte (wir berichteten), äußern nun auch die Grünen im Ennepe-Ruhr-Kreis ihre Empörung über die öffentlichen Beleidigungen, die Claus Jacobi ihrer Meinung nach in Richtung ihrer Parteivorsitzenden tätigte. Sie fordern den Gevelsberger Bürgermeister zu einer Entschuldigung auf.

„Wir danken herzlich der jungen Journalistin Alisa Schumann für ihre sehr zutreffende Kritik an Claus Jacobis Rede bei der Eröffnung der Gevelsberger Kirmes“, schreibt Kirsten Deggim, Vorsitzende des Kreisverbandes der Grünen. „Es ist unsäglich, dass Jacobi offenbar geplant und kalkuliert dort Beleidigungen gegen die Grüne Bundesvorsitzende Ricarda Lang mit Bezug auf ihren Körper platziert.“

Kirsten Deggim, Vorsitzende des Kreisverbandes der Grünen.
Kirsten Deggim, Vorsitzende des Kreisverbandes der Grünen. © WP | Michael Kleinrensing

Und statt sich nach Protesten zu entschuldigen, verteidige er sein Verhalten sogar noch, echauffiert sich Kirsten Deggim. Es möge vorkommen, dass auf der Gevelsberger Kirmes derartige Witze gemacht werden. „Anders ist es zu beurteilen, wenn der Bürgermeister mit seiner Eröffnungsrede den Ton angibt, wie dort über Frauen geredet wird. Dabei ist einem erfahrenen Politiker wie Jacobi vorzuwerfen, dass er genau weiß, was er tut. Wir fordern Claus Jacobi zu einer öffentlichen Entschuldigung für sein Verhalten auf“, teilt Kirsten Deggim mit.

„Sie sollten sich schämen, Herr Bürgermeister!“

Karen Haltaufderheide-Uebelgünn, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag, ergänzt: „Offenbar will Jacobi mit seinem Bodyshaming-Angriff gegen Ricarda Lang populistisch die Reihen der Stammtischbrüder gegen die Grünen schließen.“ Dabei vergrätze er nicht nur junge Leute, sondern reihe sich damit ein in die Politikverächter, die politisch Aktive beleidigen, beschimpfen und bedrohen. „Welche junge Frau möchte sich noch politisch engagieren, wenn sie derartige Angriffe fürchten muss, sogar öffentlich von einem amtierenden Bürgermeister, weil dem ihr Aussehen nicht gefällt?“, fragt Karen Haltaufderheide-Uebelgünn. „Sie sollten sich schämen, Herr Bürgermeister!“

Auf Nachfrage der Redaktion, inwiefern er auf die Grünen-Forderung nach einer Entschuldigung Stellung nehmen möchte, sagt Bürgermeister Claus Jacobi, dass sich an seinen Äußerungen, die er am Montag gegenüber der Redaktion tätigte, nichts geändert habe. Hier sagte Jacobi, dass er von mehreren Bürgerinnen und Bürgern ausschließlich die Rückmeldung erhalten habe, diese Rede sei sehr witzig gewesen und die Scherze über Ricarda Lang würden hervorragend zur derben Gevelsberger Fröhlichkeit passen. Auf die nochmalige konkrete Nachfrage bezüglich der geforderten Entschuldigung sagt Jacobi: „Ich habe abschließend alles dazu erklärt und habe dazu nichts Neues zusagen.“ In Bezug auf die Rückmeldungen, die er in den vergangenen Tagen erhalten hat, sagt Jacobi: „Das Einzige, was ich Ihnen sagen kann, ist, dass ich eine unglaublich harte Kritik an Ihrer Art der Berichterstattung gehört habe. Und das von Hunderten von Leuten. Aber das habe ich ja nicht zu kommentieren.“

„Pech für die, die damit nicht klar kommen“

Im sozialen Netzwerk Facebook wird derweil kontrovers darüber diskutiert, ob die Rede von Claus Jacobi nun angemessen war oder nicht. Die Meinungen gehen dabei durchaus weit auseinander. Ein User schreibt, dass man früher über so etwas geschmunzelt habe und heute spiele jeder gut dressiert Gesinnungspolizei. „Was ist aus unserem schönen Land und unseren Medien geworden?“, fragt das Mitglied in der Facebook-Gruppe „Du bist Gevelsberger, wenn...“. Andere finden den Kommentar dieser Redaktion „drüber“. Ein weiteres Facebook-Mitglied kontert, dass sich der Bürgermeister schämen solle. „Hier wurde eine Grenze überschritten, was einfach nicht länger hinnehmbar ist“, schreibt die Userin.

Wieder ein anderer Kommentator schreibt, dass der Bürgermeister viele Möglichkeiten gehabt hätte, mit Stil und Anstand lustig zu sein. „Aber er wählt lieber den Gossenhumor und zeigt mit dem Finger auf andere, prangert diese nicht aufgrund ihres Handelns an, sondern führt sie aufgrund von Äußerlichkeiten vor.“ Eine andere Meinung vertritt dieser User: Meinungsfreiheit könne auch Claus Jacobi haben. „Also kann er auch sagen, was er meint. Wenn andere damit nicht klarkommen, ist das deren Pech.“

Auch über diese Redaktion wird kontrovers diskutiert: „Wenn ihr, als Medienvertreter, nicht alles auf die Goldwaage legen würdet, hätten alle einmal gelacht und gut. So war es zumindest früher, als man nicht jedes gesprochene Wort hundertmal abwägen musste.“ Ein anderes Facebook-Mitglied zeigt sich enttäuscht von Bürgermeister Claus Jacobi. „Ich musste mich leider ein wenig fremdschämen. Es ist schlimm genug, wenn solche Witze am Bierstand rausrutschen, aber bitte nicht über Mikrofon von einer öffentlichen Person!“

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