Schwelm/Gevelsberg. Ein Gevelsberger Unternehmen kauft den FAN-Pflegedienst aus Schwelm nach dessen Insolvenz. Was das für Kunden und Mitarbeitende heißt.

Der ambulante Pflegedienst Dreizett Plus aus Gevelsberg übernimmt die Freie Alten- und Nachbarschaftshilfe (FAN). Das gab der Insolvenzverwalter des Unternehmens mit Sitz in Schwelm am Anfang der Woche bekannt. Die FAN war in finanzielle Schieflage geraten und hatte vor Wochen einen Insolvenzantrag gestellt. Das erklärte Ziel war es, den Betrieb fortzuführen. Das möchte Dreizett Plus auch tun, dann allerdings unter dem eigenen Namen und nicht mehr als FAN.

„Wir freuen uns sehr, mit der Dreizett Plus und ihren Geschäftsführern Marco und Gabriele Landolfo einen übernehmenden Pflegedienst gefunden zu haben, der die Pflegebranche und die Region sehr gut kennt“, sagt Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Prof. Dr. Dirk Andres von der Insolvenz- und Sanierungskanzlei AndresPartner.

Dreizett übernimmt demnach alle wesentlichen Vermögenswerte der FAN, insbesondere die Betriebs- und Geschäftsausstattung, Wirtschaftsgüter und Verbrauchsmaterialien der Standorte Gevelsberg, Ennepetal und Schwelm sowie des Betreuungs- und Hauswirtschaftsdienstes, des Menü-Services und der Wohnberatung.

Etwa 100 Arbeitsplätze gesichert

Neben der wirtschaftlichen Kontinuität des Pflegebetriebs sollen mit der Übernahme auch die circa 100 Arbeitsplätze bei der FAN gesichert sein. Der wirtschaftliche Übergang ist im Laufe des Monats September 2024 vorgesehen, wie der Insolvenzverwalter erklärt. „Die Zusammenarbeit mit Dreizett Plus sowie die Unterstützung durch die Geschäftsführung der FAN waren für die Übertragung entscheidend, und ich bin zuversichtlich, dass der regionale Pflegedienst eine vielversprechende Zukunft vor sich hat“, so Prof. Dr. Dirk Andres.

Freuen sich über die Übernahme des FAN-Pflegedienstes durch den Pflegedienst Dreizett Plus: Pflegedienstleiterin Claudia Bünner, Assistentin der Geschäftsführung, Yvonne Giesick, Bereichsleiter David Sauer und Dreizett-Geschäftsführer Gabriele Landolfo (von links). 
Freuen sich über die Übernahme des FAN-Pflegedienstes durch den Pflegedienst Dreizett Plus: Pflegedienstleiterin Claudia Bünner, Assistentin der Geschäftsführung, Yvonne Giesick, Bereichsleiter David Sauer und Dreizett-Geschäftsführer Gabriele Landolfo (von links).  © dreizett | Dreizett

Das Leistungsspektrum der FAN umfasst außer einem ambulanten Pflegedienst auch einen Hauswirtschaftsdienst, einen Menü-Service, Wohnberatungen, einen ambulanten Betreuungsdienst und Beratungsbesuche für Pflegegeldempfänger. Das Team kümmert sich neben der kompletten häuslichen Alten- und Krankenpflege auch um die Versorgung mit täglichen Mahlzeiten, das Reinigen der Wohnung, die Beratung in Fragen der Wohnraumanpassung sowie die Beratung und Betreuung von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen. Die Angebote richten sich an Menschen mit Wohnorten in Schwelm, Ennepetal, Gevelsberg und Haßlinghausen.

Als Verein im Jahr 1986 gegründet

Der Freie Alten- und Nachbarschaftshilfe gGmbH (FAN) wurde als Verein im Jahr 1986 gegründet. Der Pflegedienst im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis konnte nach Auflösung des Vereins im Jahr 2019 die Lebenshilfe als Trägergesellschaft im Ennepe-Ruhr-Kreis finden, die den Betrieb des Pflegedienstes unter gleichen Namen als gemeinnützige GmbH fortführte.

Der ambulante Pflegedienst Dreizett Plus betreut hilfs- und pflegebedürftige Menschen in Gevelsberg und Umgebung. Mit einem Team von bislang mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Dreizett Plus in den Bereichen Ambulante Pflege, Tagespflege und Wohngemeinschaften tätig. Nach der Übernahme wächst das Dreizett-Team auf etwa 230 Mitarbeitende.

„Wir freuen uns über die Übernahme“, betont Dreizett-Geschäftsführer Gabriele Landolfo am Dienstag im Gespräch mit der Redaktion. „Wir übernehmen einen regionalen Pflegedienst auch um unser Leistungsspektrum zu erweitern.“ Landolfo erklärt, dass Dreizett alle Arbeitsverhältnisse und die gesamten Leistungen der FAN übernehmen wird. „Wir freuen uns, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenzulernen“, sagt der Geschäftsführer. „Die Werte der FAN passen auch zu unseren Werten.“

Strukturkrise im Pflegesektor

Der Insolvenzantrag der FAN war weitestgehend der aktuellen Strukturkrise im Pflegesektor geschuldet, wie es vonseiten des Insolvenzverwalters unter Berufung auf die FAN-Geschäftsführung heißt. Der eklatante Fachkräftemangel sowie die Kostensteigerung durch Inflation und die zum September 2022 gesetzlich eingeführten Lohnerhöhungen, die sich trotz vieler Anstrengungen nicht mehr ausreichend hätten gegenfinanzieren lassen, hätten das tägliche Geschäft erschwert.

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Am 25. Mai 2024 hatte die Lebenshilfe Freie Alten- und Nachbarschaftshilfe gGmbH daraufhin Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Am 1. August 2024 hat das zuständige Amtsgericht in Hagen das Insolvenzverfahren eröffnet und Prof. Dr. Dirk Andres von der überregional tätigen Insolvenz- und Sanierungskanzlei AndresPartner zum Insolvenzverwalter bestellt. Er war auch als vorläufiger Insolvenzverwalter im Unternehmen.

Zusammen mit seinem Team und der Geschäftsführung hatte Andres dafür gesorgt, dass die FAN trotz Insolvenzverfahren ihren Geschäftsbetrieb ohne Einschränkungen aufrechterhalten konnte. Aus seiner Sicht ein Erfolg, der nicht zuletzt dem engagierten Einsatz aller wesentlichen Beteiligten zu verdanken ist und der sichergestellt hat, dass die Pflege und Betreuung der Menschen mit Pflegebedarf auch während des Verfahrens ohne jegliche Einschränkung weiter laufen konnte.