Gevelsberg. Eigentlich freute sich Redakteurin Alisa Schumann auf die Eröffnungsrede zur Gevelsberger Kirmes – doch einige Witze gingen gehörg daneben.

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich am Wochenende auf der Gevelsberger Kirmes. Im Vorfeld hatte ich viel über das Spektakel gehört und war begeistert, wie bunt, wie vielfältig, wie lustig die Veranstaltung und vor allem der Kirmeszug gewesen sind.

Lustig wollte am Freitagabend bei der offiziellen Kirmeseröffnung im Zuge des Anblasens auch Bürgermeister Claus Jacobi sein. Das gelang ihm nicht. Stattdessen bewies das Stadtoberhaupt eine ausgeprägte „Alte weiße Männer“-Mentalität, als er die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, beleidigte.

+++ Nichts mehr verpassen: Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm +++

Claus Jacobi hatte für seine Rede am Kirmesfreitag ein fiktives Szenario – angelehnt an die Fledermaus-Problematik im Silscheder Tunnel – gewählt. Die Tiere, so sagte er, hätten nun auch die Kirmes bevölkert und deren Durchführung gefährdet. Zu ihrem Schutz habe sich Grünen-Politikerin Ricarda Lang im Batman-Kostüm nach Gevelsberg aufgemacht. Wäre da laut Claus Jacobi nicht das Problem mit ihrem Körperbau, der ihr den Weg zur Kirmes verwehrt. Sie passe gar nicht durch das Kirmestor und darüber schweben schaffe sie auch nicht, da könnten die Batman-Flügel noch so lang sein. Klassisches Bodyshaming.

WP-Redakteurin Alisa Schumann
WP-Redakteurin Alisa Schumann © Andreas Gruber | Eric Buhr

Auch dass Claus Jacobi im Gespräch mit der Redaktion betont, er habe von mehreren Bürgerinnen und Bürgern ausschließlich die Rückmeldung erhalten, diese Rede sei sehr witzig gewesen und die Scherze über Ricarda Lang würden hervorragend zur derben Gevelsberger Fröhlichkeit passen, macht die Sache nicht besser.

Claus Jacobi ist weder der erste Mann, der Ricarda Lang wegen ihres Körperbaus diskriminiert, noch wird er der letzte sein. Zu berücksichtigen ist aber, dass Jacobi Bürgermeister einer Stadt ist, die gerade im Zuge der Kirmes beweist, wie aufgeschlossen, tolerant und offen sie ist. Spätabends, wenn das letzte Bier schon nicht mehr hätte sein müssen, kann einem vielleicht bei geschlossener Tür in der Männer-Runde so ein vermeintlicher Schenkelklopfer herausrutschen. Doch nicht bei der offiziellen Eröffnung der größten Veranstaltung der Stadt Gevelsberg, mit der sich gerade Claus Jacobi stets brüstet.

Lesen Sie auch: Grüne vermuten Kalkül hinter Jacobis Bodyshaming-Witzen

Ich lasse hier auch nicht den Satz gelten „das wird man doch wohl noch sagen dürfen“. Nein. Diese Zeiten sind vorbei, dass sich ein Bürgermeister auf eine Bühne stellen kann und eine andere Berufspolitikerin aufgrund ihres Aussehens herabwürdigen darf. Jacobi hat als Stadtoberhaupt eine Vorbildfunktion – sowohl seinen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber als auch seinem Sohn, der während der Rede seines Vaters direkt neben ihm stand. Ein sehr fragwürdiges Zeugnis von Respekt gegenüber Frauen, das Claus Jacobi hier ablegt.

Rückfall in chauvinistische Vergangenheit

Der Bürgermeister hat hier keine spontane Äußerung getätigt, er hat eine offenbar vorbereitete Rede von einem Manuskript abgelesen. Sicherlich hat Claus Jacobi seine Rede noch einmal jemandem zum Gegenlesen vorgelegt. Das wäre ein verantwortungsvolles Vorgehen. Wenn es so ablief, hat hier das Korrektiv leider gehörig versagt.

In Zeiten, in denen sich junge Menschen für Themen wie Body Positivity starkmachen, ist diese Rede ein Rückfall in eine chauvinistische Vergangenheit. Diese Äußerungen sind respektlos. Dementsprechend blieb der Applaus zurückhaltend, die Gevelsbergerinnen und Gevelsberger wunderten sich über das diskutable Humorverständnis ihres Bürgermeisters.

Als bekennender Christ und Repräsentant der SPD darf man sich solche abwertenden Witze über Äußerlichkeiten, die klar unter die Gürtellinie gehen, erst recht nicht erlauben. Lieber Claus Jacobi, als langjährig-verdienter Bürgermeister der Stadt Gevelsberg haben Sie ein solches Niveau doch gar nicht nötig.

Lesen Sie auch:

Nach Insolvenz: Käufer für FAN-Pflegedienst gefunden

Schwelmerin (19) flieht vom Tatort und landet vor Gericht

Schwelm: 24-jähriger Gabelstapler-Fahrer bei Unfall verletzt

Furchtbare Erinnerungen an Bombenabwürfe und Hinrichtungen