Kreis Olpe. Immer mehr Ukraine-Flüchtlinge landen im Kreis Olpe. Die Mitarbeiter in den Rathäusern arbeiten an der Belastungsgrenze – und darüber hinaus.

Die vielen Flüchtlinge, die aufgrund des Krieges in der Ukraine ihr Land verlassen und vermehrt auch im Kreis Olpe ankommen, binden in den Rathäusern sämtliche Kräfte. Die Mitarbeiter tun alles, um den Ankömmlingen zumindest eine vorübergehende Unterkunft zu besorgen und vieles mehr. Diese Arbeit zehrt an den Kräften. Auch bei Ludwig Rasche. Denn während der Erste Beigeordnete der Gemeinde Finnentrop der Politik einen groben Überblick über die Flüchtlings-Lage gibt, muss er kräftig schlucken und für ein paar Sekunden inne halten. Tränen kullern seine Wangen hinunter. „Es ist unglaublich, was ihr hier im Rathaus alles tut“, zollt CDU-Fraktionschef Ralf Helmig den Verantwortlichen seinen Respekt. Es ist nur ein kleiner Moment, ein Moment der Stille, der eines jedoch ganz klar zeigt: Wie sehr das Drama in der Ukraine die Menschen im Kreis Olpe – und nicht nur Ludwig Rasche – bewegt.

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„Die Hilfsbereitschaft ist unglaublich. Wir haben schon mehr als 60 Familien aus unserer Gemeinde, die Flüchtlinge privat bei sich aufgenommen haben“, dankt Rasche den Bürgern und Bürgerinnen. Doch eines sei klar: Je mehr Ukrainer ankämen, desto schwieriger werde es, sowohl privat also auch in den Unterkünften der Gemeinde Platz zu finden. „Wir erleben einen extrem schnell steigenden Zuzug und immer mehr Zuweisungen“, so Rasche.

80 private Angebote

Auch Drolshagens Bürgermeister Uli Berghof ist überwältigt von der Aufnahmebereitschaft in seiner kleinen Stadt: „Bei der Stadt sind über 80 private Angebote für Unterkünfte gemeldet worden. Das ist Wahnsinn im positiven Sinn.“ Darunter seien komplette Wohnungen, aber auch einzelne Zimmer. „Menschen rücken zusammen und sagen uns: ,Wir räumen ein Kinderzimmer, und dort kann jemand für eine befristete Zeit einziehen.’“ Aber Berghof macht sich auch keine Illusionen über den steigenden Bedarf: „Die Menschen aus der Ukraine zieht es zunächst in die Metropolen, von dort müssen sie irgendwann umverteilt werden auf ländliche Gebiete wie die unseren.“

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Die städtischen Wohnunterkünfte für Geflüchtete seien in Drolshagen bis auf den letzten Platz belegt: „Wir haben erst in dieser Woche noch 24 afghanische Geflüchtete untergebracht. Menschen, die in Afghanistan die Bundeswehr unterstützt haben und fliehen mussten.“ Zum einen habe die Stadt kurzfristig ein Wohnhaus anmieten können, darüber hinaus seien Afghanen in den städtischen Unterkünften für ihre Landleute zusammengerückt.

Aufruf ohne Erfolg

Berghof hatte vor einigen Monaten einen Aufruf gestartet, die Stadt benötige dringend privaten Wohnraum für Geflüchtete. Ohne nennenswerten Erfolg. Die jetzige Situation sei aber eine andere, so der Bürgermeister. Wenn überwiegend junge geflüchtete Männer aus anderen Kulturkreisen untergebracht werden sollten, seien die Drolshagener offensichtlich zurückhaltender, als ob junge Frauen mit Kindern aus der Ukraine Obdach suchten.

Auch in Kirchhundem ist die Lage angespannt. Das Hauptproblem: Neben den offiziell zugewiesenen kommen immer noch nicht wenige Flüchtlinge direkt nach Kirchhundem, die nirgendwo registriert sind. Diese würden teilweise von Privatleuten eingeladen, sehr kurzfristig angekündigt und ständen dann plötzlich vor der Rathaustür. „Das macht die Organisation sehr schwierig, wir müssen auf Zuruf reagieren“, so die zuständige Fachbereichsleiterin Verena Gräbener. „Wir wissen nicht, wie viele und wann sie kommen“, erklärt Bürgermeister Björn Jarosz. Mal werde auch eine Frau mit Kind angekündigt, diese habe plötzlich noch ihre Schwägerin mit vier weiteren Kindern dabei, die verständlicher Weise zusammenwohnen möchten.

An der Belastungsgrenze

„Es ist schwierig, immer passgenaue Unterkünfte zu finden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozialamtsbereich arbeiten an ihrer Belastungsgrenze“, so der Bürgermeister. Bis Donnerstag waren rund 30 „offizielle“ Flüchtlinge in Kirchhundem angekommen, am Freitag kamen weitere elf Personen und für am Dienstag kommen die nächsten 28 Flüchtlinge oder mehr. Darüber hinaus musste die Gemeinde in der letzten Woche 20 Ortskräften aus Afghanistan unterbringen, die ebenfalls eine Bleibe in der Gemeinde benötigten.

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Die Bereitschaft der Bevölkerung zu helfen, zusammen zu rücken und Flüchtlinge sogar in der eigenen Wohnung unterzubringen, ist auch in Kirchhundem sehr groß. Vielen sei aber nicht bewusst, dass dieser Zustand durchaus über Wochen, Monate oder noch länger anhalten könne. Einige hätten aufgrund dessen wieder einen Rückzieher gemacht, Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Deshalb ist die Gemeinde weiterhin auf der Suche nach abgeschlossenen Wohnungen.

Flüchtlingszahlen

Laut Angaben der Kreisverwaltung sind (Stand Freitag Mittag) 472 Flüchtlinge aus der Ukraine privat angereist. Davon in Attendorn 55, Drolshagen 54, Finnentrop 57, Kirchhundem 27, Lennestadt 140, Olpe 95, Wenden 44.Zugewiesene Geflüchtete: 88, davon in: Attendorn 35, Drolshagen 0, Finnentrop 14, Kirchhundem 19, Lennestadt 3, Olpe 0, Wenden 17.

„Wir haben eine erhebliche Zunahme der Arbeitsbelastung“, sagt auch Christof Wurm, Fachdienstleiter Soziales bei der Gemeinde Wenden. „Es ist schon sehr fordernd. Abends sind wir auch mal bis 21 oder 22 Uhr unterwegs, um Leute unterzubringen, samstags und sonntags auch. Auch in der Tages- und Nachtbereitschaft sind wir da. Das zehrt an den Kräften“, sagt Wurm. Es gebe eine große Hilfsbereitschaft, Wohnungen und Häuser würden zur Verfügung gestellt. Zudem habe man auch noch eigene Kapazitäten. „Im Moment sind wir noch in der Lage, die Leute gut unterzubringen, aber die Frage ist, wann der Punkt kommt, wenn es nicht mehr geht“, sagt Wurm.