Altenhellefeld. Derzeit liegen Anträge für 70 Windkraftanlagen in Sundern und Umgebung vor. In Teilen der Bevölkerung schwindet die Akzeptanz, Klagen sind anhängig.
Erst wenige Wochen ist es her, dass die Stadt Sundern den Abschluss der Investitionen in die Parkanlage verkündet hat, um Altenhellefelds Status als staatlich anerkannten Erholungsort mittel- und langfristig zu stärken. Im Ort wird diese Nachricht mit Freude vernommen, denn man ist stolz auf seine Umgebung. Und doch machen sich einige Anwohnerinnen und Anwohner derzeit große Sorgen um Altenhellefeld.
„Wir werden umzingelt“
„Ich weiß nicht, ob wir als Erholungsort für Touristen und Besucher interessant bleiben, wenn bald die ersten Windräder hier am Ortsrand aufgestellt sind“, fragt sich Anwohner Thomas Frerkes. Gemeinsam mit Franz Aufmkolk und einigen anderen Bewohnern Altenhellefelds beobachtet er die Geschehnisse rund um den Windradbau in Sundern ganz genau. Gleich mehrere Anlagen sind in unmittelbarer Sichtweite zum Dorf von Projektierern beantragt worden. Von „Verspargelung der Landschaft“ ist die Rede. „Wir werden ähnlich wie das benachbarte Grevenstein von den Anlagen umzingelt“, klagt Franz Aufmkolk.
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Andere Ortschaften in Sundern sind sogar noch stärker von Windkraftplänen betroffen. So zum Beispiel Meinkenbracht. Durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG), das ein ausgesetztes Genehmigungsverfahren für eine Windenergieanlage durch den Kreis Soest auf Anweisung der Bezirksregierung Arnsberg für (offensichtlich) rechtswidrig erklärt hatte, ist scheinbar noch einmal Dynamik in die Windkraftplanung gekommen. Dem Eilantrag der betroffenen Betreiberin wurde Ende September stattgegeben. Der lange zuvor geplante und durchdeklinierte Regionalplan mit Windvorrangzonen ist dadurch nach aktuellem Stand fraglich.
Mit Folgen für Ortschaften wie Meinkenbracht. Auf einer Karte, die sich auf der Internetseite des Hochsauerlandkreises befindet, kann man beinahe täglich beobachten, wie die Zahl der Anträge für Windkraftanlagen wächst. Zwischen den Ortschaften Linneper Hütte, Endorf und der Gemeinde Eslohe allein existieren nach derzeitigem Stand rund 70 beantragte oder auf Vorbescheid beantragte Windenergieprojekte. Meinkenbracht, was sich ziemlich genau in der Mitte dieses Dreiecks befindet, wird also zumindest planerisch regelrecht von Windrädern umzingelt. Aus dem Sunderner Rathaus heißt es, dass man äußerst unzufrieden über die Fülle an Projektanträgen rund um Meinkenbracht sei, vor allem vor dem Hintergrund, dass längst nicht alle Anlagen auf städtischem Gebiet stehen würden, sondern viele auf Flächen der angrenzenden Kommunen. Somit kann Sundern noch weniger Einfluss darauf nehmen als ohnehin schon.
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Die Pressestelle des Hochsauerlandkreises erklärt derweil, dass keine Erhöhung der Anzahl der Anträge nach dem OVG-Urteil zu erkennen sei. „Seitens der Unteren Immissionsschutzbehörde sind derzeit vier Mitarbeiter mit der Thematik beschäftigt. Darüber hinaus sind bei der Unteren Naturschutzbehörde weitere Mitarbeiter damit beschäftigt“, sagt Martin Reuther, Sprecher des Hochsauerlandkreises. „Anträge auf Vorbescheid müssen nach Vollständigkeit innerhalb von drei Monaten entschieden werden.“
Dr. Nadine Siepe vom BUND lebt in Eslohe, blickt aber mit Sorgen auf die Geschehnisse im Naturschutzgebiet Homert, in dem sich auch Altenhellefeld befindet. Sie kritisiert, dass außerhalb der Windvorrangzonen viele Kriterien zum Umwelt- und Artenschutz nicht mehr bindend seien. Außerdem unterliege der Bau der Zuwegungen und Kabeltrassen einem anderen Genehmigungsverfahren als der Bau der Anlagen. „Bei den Projektierern gibt es Unternehmen, die ein offenes Ohr für den Umweltschutz haben, andere wiederum kümmert das weniger“, kritisiert Siepe.
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Die Umweltschützerin mahnt auch vor Gefahren, die vielen Menschen im Zusammenhang mit Windkraftanlagen nicht bekannt seien. „Der Abrieb der Rotorblätter landet auf den Böden. Dadurch gelangen Chemikalien und Materialien in das Erdreich und gegebenenfalls auch ins Wasser, die dort nicht hingehören. Das konnte man bereits bei Untersuchungen kleinerer Anlagen in der Vergangenheit feststellen. Auf Dauer ist das ein Problem“, so Siepe. Sie hoffe, dass man sich wenigstens einigermaßen an die Regionalplanung halte und ein Wildwuchs der Windräder im HSK verhindert werde. „Auf dem Dümberg zwischen Endorf und Linneper Hütte sind auch Anlagen in Planung. Genau dort hat man allerdings Schwarzstorchjungtiere mit ihren Eltern beobachten können. Schwarzstörche gehören zu den bedrohten Tierarten. Angesichts solcher Planungen muss man sich die Frage nach einem naturverträglichen Windenergieausbau stellen“, klagt Siepe.
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Einige Bürgerinnen und Bürger in Altenhellefeld kritisieren aber nicht nur den Eingriff in die Landschaft. „Mir geht es auch um die Sinnhaftigkeit, dass derzeit so viele Anlagen geplant und entwickelt werden, wenn man liest, dass bundesweit fertig gebaute Anlagen gar nicht ans Netz gehen, weil die Infrastruktur nicht hinterherkommt“, gibt Franz Aufdemkolk zu Bedenken.
Doch wie es denn um den Trassenbau im HSK, speziell in Arnsberg und Sundern bestellt? Jasmin Hennecke, Sprecherin von Westnetz, sagt: „Wir werden nicht von Projektierern oder Kommunen beauftragt, sondern sind nach dem Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet, alle neuen Erzeugungsanlagen unverzüglich ans Netz anzuschließen und die erforderliche Transportkapazität sicherzustellen.“ Genehmigungen für den Bau von Windrädern und für den Netzausbau würden unabhängig voneinander erfolgen. Der Genehmigungsumfang hänge vom Umfang der erforderlichen Maßnahmen für die Netzanbindung ab. Hochspannungs-Leitungsanbindungen bis 200 Meter benötigten kein energiewirtschaftsrechtliches Genehmigungsverfahren, aber gegebenenfalls umweltfachliche Genehmigungen.
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Jasmin Hennecke führt weiter aus: Die Windkraftanlage und den Netzanschlusspunkt errichten die Netzkunden, also die Anlagenbetreiber. Neben der eigentlichen Erzeugungsanlage sind das eine Leitung und eine Übergabestation ans Netz. Je nach Größe und Standort der Anlage kann das eine Ortsnetzstation, ein Trafo in der Nähe eines Mastes oder sogar ein Schaltfeld in der Umspannanlage sein. Auch Speicher würden von den Kunden selber errichtet. Um den Leitungsbau und Transportkapazitäten wiederum kümmere sich der Netzbetreiber wie beispielsweise Westnetz. Die Westnetz-Sprecherin erklärt es mit einem simplen Beispiel: „Drei Windräder werden auf der Hochspannung mit 110 kV angeschlossen. Der Kunde legt die Leitungen bis zum nächsten möglichen Anschlusspunkt und baut eine Übergabestation – Westnetz sorgt dafür, dass die Transportkapazität ab diesem Punkt zur Verfügung steht.“
Auf die Gerüchte, dass manche Anlagen bewusst nicht ans Netz genommen würden, weil derzeit zu viel Strom auf dem Markt sei und sich in einigen Fällen eine zusätzliche Produktion aus wirtschaftlicher Sicht nicht lohne, reagiert Westnetz wie folgt: „Diese Frage können wir nicht beantworten, sie fällt nicht in unsere Zuständigkeit als Verteilnetzbetreiber.“
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